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Uwe-Jens Heuer, PDS
Höchst bedenklich
"Im Interesse der Persönlichkeitsrechte nach Artikel 2 GG müssen einer Speicherung enge Grenzen gesetzt werden."Zunächst ist es aus rechtsstaatlicher Sicht höchst
bedenklich, daß ohne ausreichende gesetzliche Grundlage mit
einem Erlaß des Bundesinnenministers vom 17. April 1998 eine
"Gen-Analyse-Datei" beim BKA installiert wurde. Im
Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für Datenschutz
für die Jahre 1995 und 1996 wird ausdrücklich
festgestellt, daß der 1996 "angenommene Entwurf" zur
"DNA-Analyse" keine Antwort auf die Frage einer Gen-Datei gibt (S.
98). Eine Ergänzung der Strafprozeßordnung soll laut
einer Presseerklärung der Bundesministerien des Innern und der
Justiz vom 7. Mai 1998 nunmehr "sofort eingeleitet werden". Der
Bundestag wird m. E. nicht umhinkönnen, die Vorab-Regelung
dieser Frage durch "ein Mitglied der Bundesregierung im
Verordnungswege" (Deutscher Richterbund) zurückzuweisen und
eine sorgfältige Rechtsgüterabwägung
vorzunehmen.
1. In der Sache geht es um das Problem der Nutzung der
DNA-Technologie als neuartiges Identifizierungsmerkmal im
strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in der Form von zwei Dateien:
einer Gen-Datei von Vergleichsproben und einer Gen-Datei von
Tatspuren. Problem des Gesetzgebers ist, daß es bei der
Gen-Analyse nicht einfach um ein bloßes modernes
Identifizierungsmerkmal (ähnlich wie der Fingerabdruck) geht,
sondern zugleich um die Möglichkeit, daß gespeicherte
DNA-Merkmale zur Erstellung eines Persönlichkeitsprofils
genutzt werden können, und damit um ein Grundrechtsproblem
besonderer Art.
2. Zu beachten ist die Gefahr einer in der Tendenz totalen
Erfassung aller Bürgerinnen und Bürger. Im Interesse der
Persönlichkeitsrechte nach Artikel 2 GG müssen einer
Speicherung enge Grenzen gesetzt werden. Nach Erlaß des
Bundesinnenministers sollen bereits alle Beschuldigten (!) in
Ermittlungsverfahren zu Straftaten "mit erheblicher Bedeutung"
erfaßt werden. Oft gibt es allein in einem
Ermittlungsverfahren jedoch bereits Hunderte Beschuldigte. Der
Gesetzgeber kann sicherlich nicht unbeachtet lassen, daß
mittels einer Gen-Datei und damit vorhandener
Abgleichmöglichkeiten mit hoher Sicherheit Täter
ermittelt werden können. Er sollte sich dabei aber auf schwere
Verbrechen gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit
konzentrieren und einen entsprechenden konkreten Straftatenkatalog
aufstellen. Eine Speicherung darf sich nicht auf jeden
Beschuldigten erstrecken. Sie sollte nur bei rechtskräftig
verurteilten Tätern und dann erfolgen, "wenn eine Prognose zu
dem Ergebnis kommt, daß der Betreffende zu weiteren Straftaten
neigt" (so Dr. Joachim Jacob, Bundesbeauftragter für
Datenschutz).