Gegen die "Gewitter des Hasses"
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Es war der größte Einschnitt nicht nur in der Geschichte der Bundeswehr und Deutschlands, sondern auch der NATO: Am 24. März 1999 greift sie aktiv ein, um Vertreibungen, Vergewaltigungen, Morde und Zerstörung von Hab und Gut im Kosovo zu stoppen. Rudolf Scharping – der erste bundesdeutsche Verteidigungsminister, der seine Befehlsgewalt auch über Bundeswehrsoldaten im Kampfeinsatz ausüben musste – hat dazu ein sehr persönliches Tagebuch vorgelegt. Es ist ein – auch Gefühle nicht aussparender – Bericht aus dem Inneren politischer Macht, das Erkenntnis und Entscheidungswege, aber auch Gewissensnöte verdeutlicht. Sensibel schildert Scharping die humanitäre Katastrophe, die Eskalation des Konflikts, die politischen Diskussionen zwischen den verschiedenen Ebenen und die militärischen Einsätze. Zum Schluss plädiert er aufgrund der erschütternden Bilanz der Opfer und der Zerstörungen für eine präventive Sicherheitspolitik, die zugleich eine neue Balance zwischen staatlicher Souveränität und der Geltung universaler Menschenrechte findet. Das wäre dann in der Tat völkerrechtlich und machtpolitisch ein historischer Fortschritt. BW
Rudolf Scharping, Wir dürfen nicht wegsehen. Der KosovoKrieg und Europa. Ullstein, Berlin 1999, DM 36,-