REGIERUNG UNTERRICHTETE AUSSCHUSS
Die Abholzung im Amazonasgebiet erreicht neuen Fünfjahreshöchststand
(ez) Als Besorgniserregend hat die Bundesregierung die neue brasilianische Forst- und Tropenwaldpolitik am 30. Mai im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bezeichnet. Die Abholzung des primären Regenwaldes habe im Jahr 2000 mit 20.000 Quadratkilometer einen Anteil erreicht, der 15 Prozent über dem Vorjahr liege und einen neuen Fünfjahreshöchststand bedeute.
Hintergrund, so die Regierung, sei das Awanza-Brasil-Pro.gramm mit einer vorgesehenen Laufzeit von 2000 bis 2007 und einem wirtschaftlichen Rahmen von 42 Milliarden Dollar. "Im schlimmsten Fall", so die Prognose, würden auf Grund dieser Entwicklung bis zum Jahre 2020 bis zu 42 Prozent der Amazonaswälder bedroht oder abgeholzt sein.
Ursache sei nicht allein ein erhöhter Auslandsbedarf, sondern auch eine Aufwärtsentwicklung des brasilianischen Binnenmarktes mit entsprechender Nachfrage. Ein wirksamer Schutz für den Regenwald sei dagegen so gut wie nicht vorhanden. Dies liege nicht an fehlenden Gesetzen, sondern an der Anwendung. Das bestehende Gesetz enthalte scharfe Strafen gegen Waldrodung.
Neuer Forstindex befürchtet
Insgesamt könnten brasilianische Bestrebungen zur Erhaltung des Regenwaldes allenfalls mit "sehr sanft" bezeichnet werden. Die Weltbank sehe allerdings einen "Mainstream", der zu einer Umkehr führen könne. So sei zwischen dem brasilianischen Umweltministerium und dem mächtigen brasilianischen Planungsministerium vereinbart worden, eine Studie über die Auswirkungen des Awanza-Brasil-Programms auszuschreiben.
Andererseits gebe es Informationen über eine neue Initiative im brasilianischen Parlament, mit der versucht werden solle, den Forstkodex zu ändern und damit die legale Rodungsquote von derzeit 20 Prozent umzukehren und 80 Prozent zur Rodung freizugeben. Der erste Versuch, den Forstkodex entsprechend zu ändern, sei im Jahr 2000 vereitelt worden.
Interessant dabei sei, so die Regierung auf eine Einlassung der CDU/CSU, dass der damalige Druck zum Schutz des Regenwaldes "vor allen Dingen aus der brasilianischen Bevölkerung" gekommen sei. Die derzeitige Situation sei dagegen nicht abzuschätzen.
Zu Fragen aus der Unionsfraktion und von Seiten der Sozialdemokraten nach dem Engagement Deutschlands und Europas erläuterte die Regierung, das 1990 initiierte und 1994 etablierte Pilotprogramm mit einem Einsatz von 500 Millionen DM sei im Jahr 2000 ausgewertet worden. Es habe Einvernehmen gegeben, die Arbeit fortzusetzen. Es sei erforderlich, die Koordinierung der EU-Geber zu verstärken, so die Regierung, um eine Zusammenkunft aller Beteiligten zu erreichen und Brasilien wesentlich stärker einzubinden.
Zur Frage der CDU/CSU nach der Position der Weltbank oder anderen Organisationen, um dem Waldschutzprogramm ein höheres Gewicht zu geben, erklärte die Regierung, die Weltbank habe sich speziell mit Forstexperten getroffen.
Engagement bekräftigt
Dabei habe es sich als sinnvoll und notwendig herausgestellt, das Interesse Deutschlands und der EU an den Schutzmaßnahmen zum Regenwald zu bekräftigen. Auch habe man verdeutlicht, das Argument der "Ownership" – der Vorrang des jeweils betroffenen Landes – dürfe von Seiten der Weltbank nicht dazu herhalten, sich aus den Bemühungen zum Schutz des Regenwaldes zurückzuziehen und damit Freiräume zu öffnen, die Brasilien dann anderen Interessengruppen überlassen könnte.
Die SPD forderte Konsequenzen für eine künftige Programmplanung. Bisherige Strategien hätten nicht ausgereicht, über den Status von Erfolgen in den Pilotprogrammen hinauszukommen.
Zur Anmerkung der Bündnisgrünen, wonach Konzerne aus Südostasien einen hohen Anteil an der Regenwaldnutzung belegten, verwies die SPD darauf, allen Nutzern müsse vorgegeben werden, bei Rodungen Ausgleichsmaßnahmen in großem Umfang vorzunehmen, wie dies in Deutschland bereits seit 200 Jahren "vorbildlich" geregelt sei.
Brasilien stärker einbinden
Die Bündnisgrünen regten an, im Hinblick auf die "neue alte brasilianische Politik" die Kooperation von Entwicklungszusammenarbeit und Auswärtigem Amt zu forcieren. Es sei notwendig, über bisherige Pilotphasen hinaus tätig zu werden und dies auf allen Ebenen zu unterstützen. Kohärenz müsse hergestellt werden. Erfolge der Pilotphase müssten sichtbar gemacht und das Engagement der Gouverneure einiger brasilianischer Bundesstaaten zum Schutz der Regenwälder unterstützt werden. Die Union ergänzte, es gebe in Sao Paulo eine äußerst entschlossene Staatsanwaltschaft und auch eine qualifizierte, gut ausgerüstete und entschlossene Polizei.
Auf die Frage der F.D.P. zur Abstimmung mit der EU und zur Anregung der SPD, bei Verhandlungen die Vertreter des Agrarmarktes einzubeziehen, erklärte die Regierung, grundsätzlich habe man sich mit den EU-Gebern auf eine partnerschaftliche Fortsetzung geeinigt. Auch die Kohärenz anderer Ressorts werde man ausdrücklich ansprechen.