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Forum: Gesetzliche Krankenversicherung
Rezepte gegen die roten Zahlen
Das deutsche Gesundheitssystem gilt nach wie vor als eines der besten der Welt. Doch in den letzten Jahren häufen sich die Probleme. Die Wartezimmer werden immer voller, Operationen verschoben, die Krankenkassenbeiträge steigen. Zur Jahresmitte summierte sich das Defizit in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf rund fünf Milliarden Mark. Die Sachverständigen für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen sehen Reformbedarf in allen Bereichen.Mehr als 500 Milliarden Mark geben die Deutschen jährlich für ihre Gesundheit aus. Die zentrale Säule ist nach wie vor die GKV, die für mehr als 70 Millionen Menschen die Gesundheitsversorgung sichert. Doch deren Einnahmen aus den Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind begrenzt. Im vergangenen Jahr lag das Finanzvolumen der GKV bei rund 261 Milliarden Mark. Diese Summe reicht offenkundig nicht aus, um die Kosten zu decken. Allein die Ausgaben für Arzneimittel stiegen im ersten Halbjahr 2001 um elf Prozent auf 21,6 Milliarden Mark. Damit musste erstmals mehr Geld für Medikamente als für die ärztliche Behandlung ausgegeben werden.
Eine zentrale Ursache für das Einnahmeproblem im Gesundheitswesen ist die Form der Beitragserhebung. Beitragspflichtig sind alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die monatlich höchstens 6.525 Mark verdienen (Beitragsbemessungsgrenze). Arbeitnehmer, die mehr verdienen, können sich entweder privat versichern oder freiwillig Mitglied der GKV bleiben. Nicht erwerbstätige Ehepartner und Kinder sind im Rahmen des Solidarsystems ohne eigene Beiträge mitversichert. Der Wandel in der Arbeitswelt mit neuen Formen der Selbstständigkeit, die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit sowie der steigende Anteil von Rentnern, die wegen ihrer geringen Einkommen auch niedrigere Beiträge zahlen, höhlen die Einnahmebasis der GKV allmählich aus.
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Krankenhausmitarbeiterin vor Kontrollmonitoren. |
Hinzu kommt der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Weil sie gesetzlich verpflichtet sind, ihre Verträge mit Kassenärztlichen Vereinigungen sowie Krankenhäusern "einheitlich und gemeinsam" auszuhandeln, findet der Kassen-Wettbewerb bisher nicht über medizinische Leistungen, sondern ausschließlich über den Beitragssatz statt. Im vergangenen Jahr wechselten mehr als 800.000 Versicherte ihre Kasse – überwiegend junge, gesunde und gut verdienende Mitglieder, die meist eine Betriebskrankenkasse ohne Stammbetrieb (virtuelle BKK) mit niedrigen Beiträgen wählten. Entsprechend geringer fallen die Beitragseinnahmen insgesamt aus.
Finanzielle Verwerfungen zwischen den Krankenkassen soll ein Finanzausgleich der Kassen (Risikostrukturausgleich) glätten, der aber bisher vor allem Alter und Geschlecht der Kassenmitglieder berücksichtigt, nicht jedoch die tatsächlich behandelten Krankheiten. Damit verschärft sich gerade in großen Krankenkassen mit einem hohen Anteil chronisch Kranker und älterer Versicherter der Kostendruck – ein Teufelskreis, weil als Folge die Krankenkassenbeiträge steigen, was vor allem gut verdienende gesunde Mitglieder wiederum dazu veranlasst, in eine billigere Kasse zu wechseln. Der Kostendruck ist nicht neu. Seit 1989 sollen Ausgabendeckel (Budgets) das Problem im Griff halten. Separate Budgets gibt es derzeit für die Krankenhäuser, die Vergütung der niedergelassenen Ärzte sowie für die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln.
Krankenhäuser
Jede dritte Mark in der GKV muss inzwischen für die Behandlung im Krankenhaus aufgebracht werden. Vor 20 Jahren lag der Anteil noch bei etwas mehr als einem Viertel. An dem Anstieg haben auch die Ausgabendeckel nichts ändern können. Andererseits steigern sie den Druck, unter dem das Klinikpersonal steht. Ohne Überstunden können Mediziner und Pflegepersonal ihre Arbeit kaum bewältigen, doch das Geld, diese Mehrarbeit zu vergüten oder zumindest durch Freizeit auszugleichen, fehlt. Der Europäische Gerichtshof hat zwar entschieden, dass die Bereitschaft der Krankenhausärzte als Arbeitszeit angesehen werden muss. Doch noch wehren sich die Klinikträger gegen eine Neuregelung. Grund dafür ist vor allem die drohende Kostenlawine: Nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft läge der rechnerische Mehrbedarf an Medizinern bei rund 25.000. Die Mehrkosten werden mit mindestens fünf Milliarden Mark beziffert.
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Apothekerin. |
Nach Ansicht des Sachverständigenrats gibt es aber Einsparpotenziale. So herrscht insgesamt ein Überangebot an Krankenhausbetten. Weil aber die Bundesländer bei der Krankenhausplanung autonom sind, fällt es schwer, den Abbau von Überkapazitäten gegen politischen Widerstand in den betroffenen Kommunen durchzusetzen. Gleichzeitig stehen in den meisten Ländern wegen der angespannten Haushaltssituation keine ausreichenden Mittel für die Instandhaltung der Krankenhäuser zur Ver.fügung. Die Kliniken selbst geraten durch die schwierige Finanzlage in die Versuchung, Patienten länger als nötig in der Klinik zu behalten, um damit mehr Geld aus der bisher üblichen Vergütung nach täglichen Pflegesätzen zu kassieren. Die akutstationäre Verweildauer der Patienten ist in deutschen Krankenhäusern mit rund zehn Tagen überdurchschnittlich hoch. In Belgien verlässt ein Patient nach durchschnittlich 8,8 Tagen die Klinik, in Italien nach 7,3 Tagen, in Österreich nach 6,8 und in Frankreich nach 5,6 Tagen.
Niedergelassene Ärzte
Die Zahl der niedergelassenen Ärzte hat sich in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 35 Prozent auf rund 127.000 erhöht. Gleichzeitig wurde der Anstieg der Honorare begrenzt. Konsequenz: Für einen Teil der Behandlungen gibt es für die Mediziner, vor allem zum Ende eines Quartals, teilweise kein zusätzliches Geld mehr. Verantwortlich für die Verteilung des Honorars auf die einzelnen Ärzte sind die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Gesamtvergütung wird in zwei Honorartöpfe für Allgemeinärzte und Fachärzte gesplittet und danach verteilt.
Die strikte finanzielle Trennung der Teilbereiche erschwert die im Gesundheitsreformgesetz 2000 vorgesehene bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, zu deren Zielen unter anderem die Vermeidung von Doppeluntersuchungen gehört. Der Anreiz für eine Zusammenarbeit zwischen Praxis und Klinik fehlt, weil zwar der Patient zwischen den Sektoren wechseln kann, nicht aber das Geld.
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Krankenhauspersonal bei einer Besprechung. |
Im Wettbewerb um die Behandlungsleistung, so stellt der Sachverständigenrat fest, kommen zudem Prävention und Rehabilitation zu kurz. So rechnet der Kölner Sachverständige Professor Karl Lauterbach vor, dass 25 Prozent weniger Cholesterin senkende Medikamente verschrieben werden müssten, wenn es gelingen sollte, in der Bevölkerung den durchschnittlichen Cholesterinwert nur um fünf Prozent zu senken.
Arzneimittel
Formell ist der Ausgabendeckel für Arznei- und Heilmittel noch in Kraft. Per Gesetz droht den Ärzten bei einer Überschreitung dieser Obergrenze die Kollektivhaftung – alle müssten danach für Verschwendung einzelner bezahlen. Weil dies nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums juristisch kaum durchsetzbar erscheint, ist bereits ein Gesetzentwurf zur Ablösung des Arzneibudgets vom Bundestag verabschiedet worden. Die meisten Kassenärztlichen Vereinigungen haben zudem regional mit den Krankenkassen Ziele vereinbart, um eine möglichst wirtschaftliche Verordnung von Medikamenten durchzusetzen. Für die Überschreitung praxisbezogener Richtgrößen müssen die Mediziner individuell haften, wenn sie nicht nachweisen können, dass die Mehrverordnungen medizinisch notwendig waren.
Die jüngste Kostenexplosion führen Ministerium wie Ärzte vor allem darauf zurück, dass viele neue und teure Präparate zur Behandlung schwerer Krankheiten wie Diabetes, Hepatitis, Parkinson, aber auch zur Krebsmedikation sowie zur Aidstherapie auf den Markt gekommen sind. Gleichzeitig hat der Budgetdruck erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven mobilisiert. Der Anteil umstrittener Arzneimittel ist bei den Verordnungen kontinuierlich zurückgegangen. Statt auf teure Originalpräparate greifen die Mediziner überwiegend auf preiswertere Nachahmerprodukte (Generika) zurück.
Die wichtigsten Gruppen aus dem Gesundheitswesen beraten derzeit am "Runden Tisch" und in zugehörigen Arbeitsgruppen über notwendige Reformschritte und mögliche Strukturveränderungen. Ergebnisse dieser Gespräche werden allerdings frühestens Anfang kommenden Jahres erwartet.
Hochwertige Versorgung für alle
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Hildegard Wester, SPD, hildegard.wester@bundestag.de |
Schon 1993 hat die SPD den Grundstein für wettbewerbliche Elemente in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gelegt. Jeder kann seine Krankenkasse frei wählen. Die Rechte der Patientinnen und Patienten wurden gestärkt. Unser Ziel ist und bleibt: Alle Patientinnen und Patienten müssen für ihre Beiträge die notwendige qualitätsgesicherte medizinische Versorgung bekommen. Dazu werden wir weiter konsequent die Handlungsmöglichkeiten der Akteure verbessern, ihre Versorgungsbereiche eigenverantwortlich zu regeln und zu steuern. Viele der Maßnahmen, die die SPD in den letzten zwei Jahren auf den Weg gebracht hat, erfüllen genau diese Kriterien.
So gibt die SPD Ärzten und den Krankenkassen Instrumente an die Hand, die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln sicherzustellen und die Verantwortung für eine rationale Arzneimitteltherapie zu übernehmen. Das Ausmaß dieser Eigenverantwortung ist für manche überraschend gekommen. Genau dies ist aber für mich ein konkreter Ansatzpunkt, Eigenverantwortung zu stärken. Eigenverantwortung bedeutet für mich nicht, medizinische Versorgung in die private Verantwortung und Finanzierung zu überführen.
Die richtigen Maßnahmen, um die zielgerichtete Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, sind die Verbesserung der Versorgung chronisch Kranker, die Stärkung der Prävention, die Verbesserung der Behandlungsabläufe, der Ausbau der wettbewerblichen Elemente und die Entwicklung und Stärkung von morbiditätsorientierten Indikatoren. Wir werden dabei die demographischen Herausforderungen, den medizinisch-technischen Fortschritt und die Veränderung der Arbeitswelt berücksichtigen.
Die SPD ist und bleibt in ihren Zielen einer sozialgerechten Gesundheitspolitik verpflichtet, die allen Bürgern eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung gewährleistet und ein leistungsfähiges und bezahlbares Gesundheitssystem sicherstellt.
Freiheit und Eigenintiative
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Horst Seehofer, CDU/CSU, horst.seehofer@bundestag.de |
Die rot-grüne Bundesregierung hat innerhalb kurzer Zeit gravierende Fehlentwicklungen eingeleitet, die zur Rationierung von medizinischen Leistungen und damit zu einer Zweiklassenmedizin geführt haben. Gleichzeitig sinkt die Qualität der medizinischen Versorgung. Obendrein haben die Krankenkassen in diesem Jahr Defizite von fünf Milliarden Mark zu verzeichnen. Die von Budgetierung und Reglementierung geprägte Gesundheitspolitik von SPD und Grünen ist gescheitert.
Die Union geht in der Gesundheitspolitik von einem anderen Menschenbild aus: Die solidarische Krankenversicherung muss in ihren Eckpfeilern erhalten bleiben. Jeder soll weiterhin – unabhängig von Einkommen, Alter und Art der Krankheit – die medizinisch notwendige Versorgung erhalten. Wir setzen aber auch auf Freiheit und Eigeninitiative. Nur wenn es für die Menschen vorteilhaft ist, medizinische Leistungen sinnvoll und sparsam zu nutzen, werden sie es tun.
Das deutsche Gesundheitswesen ist gut und international anerkannt. Gleichwohl sind die individuellen Wahlmöglichkeiten der Versicherten und die solidarischen Wettbewerbselemente auszubauen. Wir brauchen mehr Transparenz und bessere Information über die Behandlungskosten. Wir wollen aber auch bei den Krankenkassen Innovationen und Engagement sowie den Wettbewerb um ihre Versicherten fördern. Der Wettbewerb zwischen Ärzten, Zahnärzten, Physiotherapeuten, Apothekern und Krankenhäusern muss ebenfalls gestärkt werden. Die Qualität muss dabei im Vordergrund stehen.
Nur die Kombination von mehr Gestaltungsmöglichkeiten und Finanzverantwortung der Selbstverwaltung sowie einer Erweiterung der Versichertenrechte und größerer Individualverantwortung stärken die Leistungsfähigkeit und Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf diese Weise kann auch in Zukunft an den bewährten Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung festgehalten werden.
Mehr Vorsorge
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Katrin Göring-Eckardt, B '90/Die Grünen, katrin.goering-eckardt@bundestag.de |
Prävention und Patientenrechte müssen für das Gesundheitswesen in Zukunft von größerer Bedeutung sein. Der Sachverständigenrat konstatiert in seinem neuesten Jahresgutachten: Gerade in dem Bereich der Prävention liegt eine Unterversorgung vor. Bündnis 90/ Die Grünen fordern seit Jahren: Eine sinnvolle Gesundheitspolitik muss mehr Vorsorge und Gesundheitsförderung beinhalten.
Damit Prävention und Gesundheitsförderung wirklich funktionieren, muss die individuelle Kompetenz eines jeden durch bessere Beratungsangebote gestärkt und das System für den Einzelnen transparenter werden. Dazu gehört zum Beispiel, den Patienten Quittungen über die erbrachten Arztleistungen auszustellen.
Eine Verzahnung der einzelnen Träger des Gesundheitswesens muss ausgebaut werden, wichtige Weichen wurden mit der Gesundheitsreform 2000 gestellt. Hier ist die Integrierte Versorgung auf den Weg gebracht worden. Diese muss weiterhin umgesetzt werden. Strukturelle Reformen im Gesundheitswesen benötigen Zeit, aber sie erfordern auch ressortübergreifende Maßnahmen, gerade im Bereich der Prävention. Wir brauchen daher einen Aktionsplan Gesundheit, der alle Politikbereiche umfasst.
Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Ziel der Beitragssatzstabilität zentral, denn verantwortlicher Umgang mit den Ressourcen ist Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem. Deshalb führt kein Weg an der Umsetzung der Positivliste und anderen Kostendämpfungsmaßnahmen vorbei. Mittelfristig müssen versicherungsfremde Leistungen sachgerecht, d.h. aus Steuermitteln finanziert werden. Um Wirtschaftlichkeitsreserven zu mobilisieren, muss es einen Wettbewerb um die beste Versorgung geben, in der der Patient im Mittelpunkt steht. Jegliche zukünftige Reformmaßnahmen müssen an dem Nutzen für Patienten und Versicherte gemessen werden.
Flickschusterei beenden
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Dieter Thomae, FDP, dieter.thomae@bundestag.de |
Die FDP dringt seit langem auf eine Gesundheitsreform, die sich an den Grundsätzen des Wettbewerbs, weitestgehender Wahlfreiheiten, Eigenverantwortung und Transparenz ausrichtet. Die Entwicklungen der letzten Zeit geben uns Recht. Ein Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von fünf Milliarden Mark ist nicht durch Flickschusterei zu beheben, sondern nur durch eine grundlegende Reform. Das heißt:
- mehr Wettbewerb für versicherten- und patientengerechte Lösungen;
Preis- und Verhandlungslösungen sind staatlichen Vorgaben und staatlicher Planung überlegen. Budgetierungen sind auf Dauer kein vernünftiger Weg, um das Gesundheitssystem patientengerecht zu gestalten, und zwar weder im ambulanten noch im stationären Bereich.
- die Versicherten und Patienten und ihre Bedürfnisse gehören in den Mittelpunkt der Betrachtungen;
Sie wollen Qualität zu möglichst geringen Preisen und sie wollen die Möglichkeit haben, ihren Versicherungsschutz möglichst individuell zu gestalten. Für das Erste braucht man umfassende Information und Transparenz sowie einen funktionierenden Markt. Für das Zweite brauchen wir Tarifgestaltungsmöglichkeiten mit Selbstbehalten, Beitragsrückgewähr usw.
- Stärkung der Eigenverantwortung und Eigenbeteiligung;
Die Bürger brauchen Anreize und Informationen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten. An Selbstbehalten bzw. Selbstbeteiligungen führt in einem solchen System kein Weg vorbei.
- Konzentration der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf das, was medizinisch notwendig ist;
- Auszahlung des Arbeitgeberbeitrages: das erhöht die Transparenz für die Versicherten. Es erhöht den Anreiz auch für finanziell Schwache, chronisch Kranke und alte Menschen, sich eine möglichst preiswerte Krankenversicherung auszusuchen. Und es schafft die Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze, weil dann steigende Gesundheitsausgaben nicht mehr automatisch mit steigenden Lohnzusatzkosten verbunden sind.
Solidarversicherung erhalten
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Ruth Fuchs, PDS, ruth.fuchs@bundestag.de |
Die Gesundheitsreform 2000 hat die Unzufriedenheiten mit dem Gesundheitswesen weiter wachsen lassen. Jetzt wird erneut die weitere Privatisierung der Krankheitskosten gefordert. Darauf zielen die Rufe nach zunehmender Eigenverantwortung, nach Grund- und Wahlleistungen sowie mehr ökonomischen Wettbewerb u.a. mit Hilfe von Einkaufsmodellen. Das bedeutet den Umbau des Gesundheitswesens nach den Regeln der Marktlogik sowie offene Zweiklassenmedizin und geht zu Lasten der Kranken und Pflegebedürftigen, aber auch der Leistungserbringer.
Demgegenüber tritt die PDS für eine Erneuerung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und des Gesundheitswesens auf solidarischer Grundlage ein. Erforderlich sind effizienzerhöhende Strukturreformen. Nötig sind u.a. sinnvollere Vergütungsformen, die Förderung hausärztlicher Tätigkeit und mehr kooperative Arbeit. Die Ärzte in Ostdeutschland brauchen ausreichende Honorare, damit die Versorgung auch künftig sichergestellt werden kann. Die Krankenhausfinanzierung muss hohe Behandlungsqualität und angemessene Arbeits- und Tarifbedingungen ermöglichen. Arzneimittelversorgung und Technikausstattung können rationeller gestaltet und die Potenziale der Prävention deutlich besser genutzt werden.
Um die solidarische Vollversicherung zu erhalten, müssen Schritt für Schritt auch die Finanzgrundlagen der GKV erweitert werden. Wenn die GKV nur einen Teil jener Beitragseinnahmen zurückerhält, die ihr der Gesetzgeber zu Gunsten des Bundeshaushaltes entzogen hat, sind die gegenwärtig drohenden Beitragserhöhungen vom Tisch. Mittelfristig sollte die Versicherungspflichtgrenze erhöht bzw. eine allgemeine Versicherungspflicht eingeführt werden. Längerfristig könnten der Arbeitgeberanteil nach der Bruttowertschöpfung berechnet sowie alle Einkommensarten bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden.