Was es heißt, wenn Universitäten sich als Dienstleister verstehen, macht die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der TU München vor. Studierende sind hier keine Bittsteller, sondern können sich aktiv einbringen. Regelmäßig ruft das Studiensekretariat zur Teilnahme an Workshops auf: "Liebe Studentinnen und Studenten", heißt es, "ihr könnt was ändern! Helft mit, Problemfelder und Maßnahmen zu bündeln, um damit die künftige Entwicklung der Universität mit zu bestimmen."
Alexandra Gasteiger, BWL-Studentin im fünften Semester, hat die Einladung im letzten Semester gerne angenommen. "Unser Feedback wird ernst genommen, also nutze ich das Angebot auch." Erste Ergebnisse aus der Diskussion mit den Studenten werden bereits umgesetzt: "Die Anmeldeverfahren zu den Klausuren waren ziemlich unübersichtlich. Jeder Lehrstuhl hatte das anders geregelt, demnächst kann man sich zentral auf einer Internetseite eintragen. Daran wird gerade mit Hochdruck gearbeitet", erzählt Alexandra Gasteiger.
Auch wenn es nicht überall Workshops wie an der TU München gibt, so wird das Urteil der studentischen Kunden doch immer wichtiger: Viele Hochschulen lassen Seminare und Vorlesungen durch Studierende bewerten. Für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge ist diese Form von Qualitätssicherung sogar Pflicht.
Evaluation nennt sich der Studenten-TÜV, bei dem mit Hilfe von Fragebögen, auf Papier oder im Internet oder sogar per SMS - wie es die medizinische Fakultät der Uni Greifswald kürzlich getestet hat - die Zufriedenheit mit den Lehrveranstaltungen ermittelt wird. Hat der Dozent den Stoff klar vorgetragen? Waren die Folien verständlich? Gab es ausreichend Zeit, um eigene Fragen loszuwerden? Die Ergebnisse können Studenten und Lehrende später einsehen.
Britta Krahn ist an der Uni Bonn für die Hochschul-evaluation zuständig und weiß: "Die Akzeptanz der Studierendenbewertung durch die Lehrenden wächst." Am Anfang hätten sich viele Professoren dagegen gesträubt, inzwischen bekommt sie eher positive Rückmeldungen. "Die meisten sind froh, wenn sie wissen, was sie verbessern können." Entscheidend dazu beigetragen habe, dass an der Uni Bonn das Zentrum für Evaluation und Methoden (ZEM) als zentrale Einrichtung systematisch und online-basiert die Zufriedenheit mit der Lehre ermittelt.
Auch über Konsequenzen des Studierendenurteils wird nachgedacht: Ein nächster Schritt in Sachen Evaluation könnte sein, dass Professoren und Dozenten mit besonders guten Bewertungen einen Preis bekommen oder über ein Bonus-System zusätzliche Gelder erhalten. Eine Strafe für schlechte Lehre soll es dagegen nicht geben: "Es ist sinnvoller, positive Anreize zu schaffen", meint Britta Krahn. Während die Bewertung einer einzelnen Vorlesung bisher selten öffentlich gemacht wird, kann die Platzierung eines Fachbereichs in Hochschulrankings von jedem eingesehen werden. Der Wettbewerb um den besten Ruf und damit auch um die besten Studenten ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden So nutzen 60 Prozent aller Studienanfänger laut einer Untersuchung des Hochschulinformations-Systems (HIS) mittlerweile Rankings, wenn sie sich über Studienorte informieren. Die Hälfte bezieht die Bewertungen bei der Hochschulwahl ein. Studierwillige können sich in verschiedenen Publikationen schlau machen und sich die Kriterien herauspicken, die ihnen besonders wichtig sind.
Das Hochschulranking des jungen Job- und Wirtschaftsmagazins "Karriere" zeigt auf, welche Unis und Fachhochschulen wirklich fit für den Job machen. Dazu werden regelmäßig Studierende und Absolventen befragt, wie sie Praxisbezug, Jobvorbereitung und Ausstattung ihrer Hochschule bewerten. Ebenso benennen Personalverantwortliche, welche Hochschulen ihrer Erfahrung nach am besten ausbilden.
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), dessen Ranking von der Wochenzeitung "Die Zeit" veröffentlicht wird, zeichnet ebenfalls ein Bild der Hochschulen aus verschiedenen Perspektiven. Neben Fakten zu Fachbereichen und Studiengängen fließen die Empfehlungen von Hochschullehrern sowie die Einschätzung von Studierenden in das Ranking ein. Aus den Einzelindikatoren wird kein Rangplatz ermittelt. Man kann aber erkennen, ob eine Hochschule bezogen auf das jeweilige Kriterium in der Spitzen-, Mittel- oder Schlussgruppe ist.
"Focus" ermittelt den Ruf von Universitäten unter Forschern und Personalern und bezieht verschiedene hochschulstatistische Angaben in die Bewertung ein. Studierende werden nicht befragt; insgesamt ist das Ranking stark forschungsbezogen.
Der Studentenspiegel des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" beruht im Gegensatz dazu im Wesentlichen auf einer Umfrage unter Studierenden, die dabei Auskunft über ihren persönlichen Werdegang in punkto Noten, Praktika oder Auslandsaufenthalte geben. Das Spiegel-Ranking zeigt also, an welchen Hochschulen die besten Studenten studieren.
Studenten von morgen müssen sich bei der Ranking-Lektüre also fragen, was ihnen persönlich wichtig ist: eine Hochschule, die mit vielen Kontakten zur Wirtschaft und praxisorientierten Angeboten auf eine schnelle Karriere in der Wirtschaft vorbereitet, eine forschungsstarke Fakultät oder eine besonders gute Betreuung? Je nach Kriterium weichen die Ergebnisse durchaus voneinander ab.
So unterschiedlich die Ansätze der verschiedenen Rankings sind, so zeichnet sich doch eines ab: Es gibt Hochschulen, die immer wieder in der Spitzengruppe auftauchen, wie zum Beispiel die Uni Mannheim für Betriebswirtschaftslehre oder die Uni Karlsruhe für Informatik. Für die TU München hagelt es stets in mehreren Fächern Spitzenplätze, laut Studentenspiegel sind hier auch die besten Studenten eingeschrieben.
Der Wettbewerb und damit der Druck, in Sachen Lehre, Ausstattung und Service ein gutes Angebot zu bieten, wird sich weiter verstärken, wenn die Studierenden demnächst auch zu zahlenden Kunden werden. Die ersten Länder haben Gesetze zur Einführung von Studiengebühren auf den Weg gebracht. In Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden bald bis zu 500 Euro pro Semester fällig. Studenten sollen dann mit entscheiden, wohin die zusätzlichen Einnahmen fließen, die allein zur Verbesserung der Lehre ausgegeben werden dürfen. Das steht sogar in den Gesetzentwürfen.
Wer für sein Studium zahlt, wird nicht hinnehmen, wenn Hausarbeiten monatelang nicht korrigiert werden oder Vorlesungen einfach ausfallen. In Nordrhein-Westfallen soll es sogar eine Geld-zurück-Garantie geben, wenn jemand aufgrund schlechter Studienbedingungen nicht erfolgreich studieren kann: zum Beispiel, wenn ein Biologie-Student einen Schein nicht machen kann, weil es nicht genügend Laborplätze gibt. Über die Rückerstattung soll ein von der Hochschule eingesetztes Gremium entscheiden. Die geplanten Studiengebühren mit einer Obergrenze von 1.000 Euro sind gemessen an den tatsächlichen Kosten für einen Studienplatz nur ein geringer Beitrag. Dennoch kann ihre Einführung den Wandel der Hochschulen zu Dienstleistern deutlich beschleunigen.
Klar ist auf jeden Fall, dass Studierende, die sich als Kunden ihrer Uni ernst genommen fühlen, viel eher bereit sind, Gebühren zu zahlen, als andere. "Wer weiß, dass mit dem Geld tatsächlich etwas verbessert wird, sieht die Gebühren auch ein", meint BWL-Studentin Alexandra Gasteiger, die darauf hofft, dass an der TU München die Bibliothek bald 24 Stunden geöffnet hat: "Wenn mein Geld dafür ausgegeben wird, zahle ich gerne."
Die Autorin ist Redakteurin beim Job- und Wirtschaftsmagazin
"Karriere".
Informationen unter:
www.karriere.de/ranking
www.das-ranking.de
www.studentenspiegel.de