Es scheint, als wolle die Weihnachtszeit diesmal kein Ende nehmen: Das Land steckt hörbar in einer Endlos-Wiederholungsschleife des Adventsgassenhauers "Ihr Kinderlein kommet". Ganz Deutschland ist im Nachwuchsrausch - zumindest argumentativ, wenn auch noch nicht produktiv. Doch immerhin: Die Zeichen sind gesetzt. Vorbei die Zeiten, in denen im kollektiven Schwarze-Peter-Spiel mal die jungen Akademikerinnen, die angeblich auf Karriere statt Kind setzen, dann wieder die Ego-Männer um die 30 - Cabrio statt Kinderwagen - an den Verhütungspranger der Gesellschaft gestellt werden. Vorbei auch die Zeiten, in denen nur über ein kinder- und elternfreundlicheres Deutschland schwadroniert wird, jetzt soll das Füllhorn über allen Zeugungs- und Gebärfreudigen der Republik ausgegossen werden - gemäß einer Abwandlung aus den Zeiten des Ablasshandels: "Wenn die Münze im Kasten klingt, eine neue Seele auf Erden springt." Jetzt gibt es keine Tabus mehr: Steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten, Elterngeld, kostenloser Kindergartenplatz, Ausbildungsstarthilfen von bis zu 60.000 Euro und so weiter. Die Parteien übertrumpfen sich förmlich im Erfinden von Fruchtbarkeitssubventionen. "Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all..."
In der ersten Reihe an der Wiegen-Front streitet Ursula von der Leyen. Mit sieben eigenen Kindern hat sie die durchschnittliche Geburtenrate von 1,3 Kindern mal locker um mehr als fünffache übertrumpft. Ein Glaubwürdigkeitsproblem hat die neue Familienministerin jedenfalls nicht, wenn sie wie eine Löwenmutter um den bundesdeutschen Nachwuchs kämpft. Aber werden all diese guten Gaben ausreichen, damit es in den Kreißsälen auch wieder richtig brummt? So bemängelte Hans Zippert in seiner täglichen "Welt"-Kolumne in der vergangenen Woche, dass noch nie soviel über das Fortpflanzungsgebaren im Bundestag debattiert worden sei, ohne dass dabei das Wort "Sex" gefallen wäre. In der Tat, Eingeweihte wissen durchaus, dass ein direkter Zusammenhang zwischen demografischer Entwicklung und der mit diesem kleinen Wörtchen beschriebenen körperlichen Betätigung besteht. Aus dieser Warte betrachtet, gewinnt auch die Neujahrs- ansprache der Bundeskanzlerin eine ganz neue Dimension. Wie formulierte es Angela Merkel?: "Ich möchte uns ganz einfach ermuntern herauszufinden, was in uns steckt! Ich bin überzeugt, wir werden überrascht sein! (...) Fangen wir einfach an! Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Sie werden sehen, wie viel Freude es macht (...) Fangen wir einfach an - ab morgen früh." In diesem Sinne: Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch all...