Europa. Der österreichische Botschafter in Deutschland, Christian Prosl, hat mit Blick auf die Ende des vorigen Jahres zwischen den Staats- und Regierungschefs erfolgte Einigung auf die finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013 "ziemlich komplizierte Verhandlungen" mit dem Europäischen Parlament (EP) vorausgesagt. Der Botschafter äußerte sich am 18. Januar im Europaausschuss zu den Zielen seines Landes, das gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Es werde darum gehen, sich mit dem EP zu einigen (das EP lehnte am selben Tage den EU-Haushalt ab).
Die Union riet der österreichischen Präsidentschaft, sie müsse dafür sorgen, dass die Obergrenze des Haushaltes nicht ausgedehnt wird. Das EP fahre einen "unverständlichen Kurs", indem es mehr Geld wolle. Letztendlich würden die Nettozahler in Europa dazu gezwungen, ihre Steuern zu erhöhen, um den Wünschen des Europarlamentes Rechnung zu tragen. Dies könne nicht sein. Die Sozialdemokraten plädierten dafür, man müsse darüber nachdenken, wie das EP stärker in das Haushaltsverfahren einbezogen werden könne. Bündnis 90/Die Grünen vertraten die gleiche Meinung. Die Liberalen appellierten - wie zuvor die CDU/CSU - an Wien, an dem erreichten Kompromiss festzuhalten.
Mit Blick auf die Verfassung für Europa muss nach Ansicht Österreichs zum Ende seiner Präsidentschaft ein Fahrplan über das weitere Vorgehen auf dem Tisch liegen, so Prosl. Man wolle den Sorgen der Bürger, die sich vor dem Hintergrund der Globalisierung um den Erhalt des europäischen Lebensmodells drehten, wieder vermehrt Raum geben. Im Mai oder Juni dieses Jahres wolle man die nationalen Diskussionen zusammenfassen.
Prosl war der Meinung, Frankreich oder die Niederlande, die den Verfassungsvertrag abgelehnt hätten, dürften die Diskussion nicht dominieren. Man müsse sich in den Verfassungsvertrag "nicht verlieben" - aber man könne "stolz sein" auf das Erreichte. Die Union war der Meinung, am Ende der österreichischen Ratspräsidentschaft müsse allen klar sein, dass man für Europa eine Verfassung brauche. Die Denkpause hätte stellenweise gewirkt wie eine "Pause vom Denken".
Die SPD wies darauf hin, die soziale Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger hänge entscheidend davon ab, dass es in Europa sozial gerecht zuginge. Mit Liberalisierungs- und Deregulierungstendenzen sei man auf dem falschen Weg. Die Liberalen waren genau der gegenteiligen Meinung: Der Weg der Deregulierung und Liberalisierung sei fortzusetzen, um Europa wohlhabend zu machen. Die Linkspartei war der Ansicht, es seien "substanzielle Korrekturen" am Verfassungsvertrag notwendig. Die Linke sei keineswegs gegen eine Verfassung für Europa, sondern gegen die vorliegende (siehe auch Seite 8).