Das wollen wir in Europa nicht mehr haben": Mit Nachdruck proklamierte der Schweizer Ex-Staatsanwalt Dick Marty bei der Sommersession der Parlamentarischen Versammlung des Europarats diese zentrale Konsequenz aus seinem Bericht über geheime CIA-Flüge. In einer Entschließung forderte die paneuropäische Volksvertretung die nationalen Regierungen am 27. Juni auf, künftig die Überwachung eigener wie ausländischer Geheimdienste spürbar zu verstärken. Marty hält es für belegt, dass in den vergangenen Jahren zahlreiche Menschen ohne rechtsstaatliches Verfahren von der CIA verschleppt und in Länder transferiert wurden, in denen Folter praktiziert wird. Bei diesen illegalen Aktionen hätten auch 14 kontinentale Regierungen samt ihrer Geheimdienste mitgewirkt oder solche Machenschaften geduldet, darunter Deutschland. Die Abgeordneten des Europarates verlangten von den USA, die Opfer der CIA-Entführungen finanziell zu entschädigen. In einer Rede im Palais de l'Europe appellierte EU-Justizkommissar Franco Frattini an die europäischen Regierungen, die Arbeit der eigenen wie fremder Geheimdienste energischer an rechtsstaatlichen Normen zu orientieren. Zudem müsse das konkrete Vorgehen einzelner Agenten "begrenzt und klar definiert werden". In dem Beschluss der Straßburger Volksvertretung heißt es, auch in ausländischen Militäreinrichtungen auf dem Kontinent sei ein Mindeststandard beim Schutz von Grundrechten zu garantieren.
Frattini und René van der Linden, Präsident des Europarates, plädierten dafür, vor allem den nationalen Parlamenten mehr Befugnisse für die Kontrolle der Geheimdienste zu geben - eine Diskussion, die derzeit auch im Bundestag geführt wird. Europarats-Generalsekretär Terry Davis kündigte an, der Staatenbund werde einen für den gesamten Kontinent geltenden "juristischen Rahmen" für die Tätigkeit von Geheimdiensten entwickeln. Marty unterstrich überdies, "dass wir für die Terrorbekämpfung eine globale Rechtsordnung benötigen". Die Europäer müssten auf die Beachtung freiheitlicher Grundrechte bei Maßnahmen gegen den Terror pochen und dürften eine kritische Debatte mit Washington nicht scheuen. Beim anderen Schwerpunktthema ihrer Sitzungswoche, dem nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen ausgebrochenen Streit über das Spannungsverhältnis zwischen Pressefreiheit und dem Respekt vor religiösen Gefühlen, setzten sich die Europarats-Parlamentarier dafür ein, die Meinungsfreiheit nicht weiter einzuschränken. Der türkische Premier Recep Erdogan hingegen erklärte, dieses Recht dürfe "kein Recht auf Beleidigung" sein. Erdogan machte sich für einen "Mittelweg zwischen Respekt, Toleranz und kulturellem Pluralismus" stark.