FISCHER: KONKRETE JAHRESZAHLEN IM BEITRITTSPROZESS JETZT NICHT REALISTISCH
Bonn: (hib) eu- Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hat am Mittwoch morgen seine Auffassung bekräftigt, es sei im Rahmen des Beitrittsprozesses mittel- und osteuropäischer Staaten zur Europäischen Union (EU) derzeit nicht realistisch, konkrete Jahreszahlen für die Aufnahme bestimmter Länder zu nennen. Erst wenn sich konkrete Fortschritte bei den Verhandlungen der Beitrittskandidaten mit der Europäischen Kommission abzeichneten, sei es sachgerecht und auch geboten, im Interesse des Erfolgs einen Zeithorizont zu schaffen, erklärte Fischer im Europaausschuß des Bundestages. Er widersprach damit CDU/CSU und F.D.P. Beide Oppositionsfraktionen plädierten in der Sitzung für eine klare Beitrittsperspektive, damit es den Regierungen in Mittel- und Osteuropa leichter falle, für die Akzeptanz ihrer vom Reformdruck bestimmten Politik innerhalb der eigenen Bevölkerung zu sorgen. Die Union betonte in diesem Zusammenhang, auch Deutschland bleibe aufgefordert, alles dafür zu tun, daß sich der Reformprozeß in Mittel- und Osteuropa beschleunige. Zu begrüßen ist deshalb laut CDU/CSU, daß die neue Regierung angekündigt habe, an die Europapolitik ihrer Vorgängerin anknüpfen zu wollen.
Mit Blick auf die Herausforderung, rechtzeitig vor Aufnahme neuer Mitgliedstaaten die EU selbst zu reformieren, verwies die SPD in der Sitzung auf mögliche Zeitprobleme. Angesichts noch bestehender Divergenzen, vor allem in der Landwirtschaftspolitik, bedürfe es großer Anstrengungen, eine Lösung im Rahmen der Agenda 2000 rechtzeitig zum EU-Sondergipfel im März 1999 in Köln zu finden. Außenminister Fischer teilte diese Auffassung. Der Zeitdruck sei aber auch notwendig, damit es der Bundesregierung gelinge, während ihrer EU-Ratspräsidentschaft die anstehenden Probleme im Gesamtpaket zu lösen. Er warnte gleichzeitig davor, als Deutsche angesichts enger gewordener Spielräume eine Lösung "um jeden Preis" anzustreben. Fischer bezeichnete es dennoch als "Hauptaufgabe" der deutschen Politik, das "Paket" während der deutschen Ratspräsidentschaft zu verabschieden.
Die PDS sprach sich im Ausschuß dafür aus, bei der europäischen Sozial- und Beschäftigungspolitik Versäumnisse der abgewählten Bundesregierung zu korrigieren. Es bedürfe auch in diesem Bereich europäischer Initiativen, um die Arbeitslosigkeit effektiv zu bekämpfen.