Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
TSCHECHISCHER BOTSCHAFTER SPRICHT VON "HEILSAMEM SCHOCK”
Berlin: (hib/BOB-eu) Als einen "heilsamen Schock” hat es am Mittwochnachmittag der Botschafter der Tschechischen Republik, František Èerny, bezeichnet, dass die Europäische Kommission in ihrem Bericht über die Fortschritte des Landes auf dem Weg zu einem Beitritt zur EU beträchtliche Verzögerungen moniert hat.
Man habe sich lange Zeit quasi in der Rolle des Klassenbesten gesonnt, so Èerny in einem öffentlichen Gespräch des Europaausschusses mit den Botschaftern aller zwölf Kandidatenländer, und darüber vergessen, die Bemühungen auf diesem Weg ernsthaft voranzutreiben.
Nach dem es in der Vergangenheit oft parteipolitische Streitigkeiten gegeben habe, die auf Kosten von Fortschritten auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft gegangen seien, herrsche mittlerweile Konsens in Prag, dass sich diese Entwicklung kontraproduktiv ausgewirkt habe.
Als Konsequenz seien im Parlament jetzt 60 Gesetzesinitiativen als Antwort auf die Mängelliste der Kommission eingeleitet, die Èerny zufolge bis Juni 2000 umgesetzt seien sollen, um im nächsten Bericht der Kommission besser dazustehen. Die Tschechische Republik strebe nach wie vor einen EU-Beitritt zum Beginn des Jahres 2003 an.
Die Gesandte der Republik Polen, Urszula Pa££asz, verdeutlichte vor dem Ausschuss, ihr Land begrüße die Erweiterung der Beitrittsverhandlungen. Es gebe damit Hoffnung auf eine "neue Dynamik” für diesen Prozess.
Polen wünsche in der nächsten Zukunft mehr Expertentreffen auf politischer Ebene, um über den reinen Informationsaustausch hinaus zu kommen. Der Botschafter Ungarns, Péter Balázs, erklärte in seinem Statement, sein Land sei bereit, ohne Übergangsfristen bezüglich der Freizügigkeit in der EU beizutreten.
Dieser mutige Schritt, wie er es nannte, sei möglich, da Ungarn eine relativ niedrige Arbeitslosigkeit habe und eine Invasion von Arbeitssuchenden deshalb verkraften könne. Im Bereich Innen- und Justizpolitik sei man bemüht, sich schnell dem sogenannten Acquis Communautaire (dem gemeinschaftlichen Besitzstand) anzupassen und damit im Zusammenhang auch die künftigen Außengrenzen der Union zu bewachen.
Es bedürfe aber einer klaren Aussage aus Brüssel, wo nach der ersten Aufnahmerunde diese Außengrenzen lägen.
Der Vertreter Lettlands, Botschafter Andris Teikmanis, machte deutlich, sein Land sei bereit, die "Überholspur zu nutzen”, um bei den Beitrittsverhandlungen nach vorne zu kommen. Insofern sei Lettland in der Lage zu Verhandlungen gleich nach dem Europäischen Rat in diesem Monat in Helsinki.
Wirtschaftliche Reformen und Umstrukturierungen in der Verwaltung seien bereits eingeleitet. Der Botschafter Estlands, Margus Laidre, betonte, der Bericht der Europäischen Kommission vom vergangenen Oktober habe die estnische Reformpolitik bestätigt.
Im Übrigen habe man den Wunsch, einer starken und reformierten EU beizutreten. Deshalb biete es sich an, bereits bei der Regierungskonferenz zur Reform der Institutionen in der EU, die im Jahr 2000 beginnen soll, aktiv werden zu dürfen.
Auch der Botschafter Litauens, Zenonas Namavièius, erklärte, man sei bereit zu schnellen Verhandlungen mit der EU. Politisch gesehen sei Litauen bereits jetzt schon ein modernes europäisches Land. Dennoch gebe es Probleme bei der Rechtsangleichung, die allerdings in zwei Jahren zu lösen seien.