Entwicklungszusammenarbeit
Entgegen einem weit verbreiteten Klischee steht es um die
Nutzung neuer Kommunikationstechnologien (IKT) in den
Entwicklungsländern nicht schlecht. Zu diesem Schluss kommen
in ihren Studien das Büro für
Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) sowie
das Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität
Bonn, die am 30. Januar im Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung über den Stand der Forschung in
diesem Bereich am Beispiel Afrikas berichteten. Der Mobilfunk sei
eine "afrikanische Erfolgsgeschichte", so ein TAB-Vertreter in der
Sitzung. Diese Technologie sei neben dem Rundfunk vor allem
für ärmere und bildungsferne Bevölkerungsschichten
von Bedeutung. Allerdings seien "extreme Unterschiede" zwischen den
jeweiligen Ländern und Regionen zu beobachten. Zehn bis 15
Prozent der Bevölkerung in Afrika haben nach Angaben des TAB
Zugang zum Mobilfunk. Hinzu komme noch die vielfache sekundäre
Nutzung. Etwa 60 Prozent des Schwarzen Kontinents seien per Handy
zu erreichen.
Als überraschend bezeichnete Hartmut Ihne,
Geschäftsführer des Zentrums für
Entwicklungsforschung, die Tatsache, dass die Förderung von
IKT für Nichtregierungsorganisationen (NRO) einen ähnlich
hohen Stellenwert wie die Förderung von Grundbedürfnissen
hat. Befragt wurden 183 Organisationen. Die Studie, die das Bonner
Zentrum für Entwicklungsforschung in Zusammenarbeit mit dem
Softwareentwickler SAP erstellt hat, bezieht sich vor allem auf die
NRO in der Region der Sub-Sahara. Dort sei die Verbreitung von
Computer, Internet, E-Mail und Mobilfunk durchgängig sehr
hoch. Allerdings sei die Bedeutung von ITK in der
Entwicklungszusammenarbeit noch "gnadenlos unterschätzt", so
Ihne.
Beraten wurde in diesem Zusammenhang ein Antrag der
FDP-Fraktion (
16/4059 ), in dem sie eine Liberalisierung der
Telekommunikationsmärkte in den Entwicklungsländern
fordert. Damit solle die "digitale Spaltung" der Welt - davon sei
Afrika besonders stark betroffen - überwunden werden. Die
Liberalen sprechen sich für eine bessere Förderung des
Mobilfunks aus, der sich wegen der häufig unzuverlässigen
Stromversorgung, des weit verbreiteten Analphabetismus und der
hohen Kosten für die technische Ausrüstung im
Festnetzbereich besonders für die ärmeren Regionen der
Entwicklungsländer eigne. In der Frage der Finanzierung von
ITK in armen Ländern lehnt die FDP den freiwilligen Weltfonds
für Digitale Solidarität, der Anfang 2005 auf Initiative
der Schweiz und Senegals gegründet wurde, ab. Die Finanzierung
des Fonds erfolgt durch eine Abgabe in Höhe von einem Prozent
der Gewinne, die die in Entwicklungsländern tätigen
Telekommunikationsunternehmen erreichen.
Die FDP-Initiative, darunter vor allem der
Finanzierungsansatz, fand in der ersten Beratung keine Zustimmung
im Ausschuss. Die Union konnte zudem keine Entwicklung zum Nachteil
des Mobilfunks ausmachen. Die SPD beurteilte den Antrag als einen
"Schnellschuss", der nicht umfassend und gründlich genug sei.
Als "absurd" bezeichneten die Grünen die FDP-Kritik am
Weltfonds für Digitale Solidarität und die Fraktion Die
Linke wandte sich außerdem gegen die "völlige
Liberalisierung und Privatisierung" des IKT-Marktes.