Bayern
Günther Beckstein bereitet sich auf sein neues Amt als Regierungschef vor
In Bayern brechen neue Zeiten an: Ende September wird Ministerpräsident Edmund Stoiber (65) seinen Rückzug verkünden. Unterdessen schwört sich die CSU erwartungsfroh auf Günther Beckstein (63) als neuen Regierungschef ein, der bei der Kandidaten-Nominierung in der CSU-Landtagsfraktion gut 98 Prozent der Stimmen bekam und damit einen Traumstart hinlegte. Dagegen wird erst auf dem Parteitag entschieden, wer neuer CSU-Chef wird: Wirtschaftsminister Erwin Huber oder Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer. Der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die sich ebenfalls bewerben will, werden keine Chancen eingeräumt.
Beckstein verrät zwar über seine Pläne noch wenig, doch vorgenommen hat er sich viel, um bei der Bayernwahl im kommenden Herbst wieder ein für die CSU obligates 50 plus X einzufahren. Schon jetzt prophezei-en Beobachter, dass mit dem bisherigen Innenminister ein neuer Politikstil in die Staatskanzlei einziehen wird: menschlicher, offener und volksnäher. Eine Kostprobe gab der auch in der evangelischen Landessynode engagierte Beckstein gleich nach seiner Nominierung. Er sei sich bewusst, dass er auch als Ministerpräsident nicht der Allerhöchste sei, "sondern dem Allerhöchsten verpflichtet", sagte er.
Obwohl Beckstein stets betont, dass er bis zu seiner Wahl durch den Landtag lediglich Stoibers Innenminister sei, setzt er sich seit längerem intensiv mit seiner künftigen Rolle auseinander. In Hintergrundgesprächen erzählt er, dass er inzwischen sogar einiges über die europäische Zuckermarktordnung zu sagen weiß. Freimütig gesteht er, dass er sich "in aller Bescheidenheit" zutraut, als Ministerpräsident etwas zu leisten. Spätestens bei seiner ersten Regierungserklärung im November wird er die Katze aus dem Sack lassen.
Einen Politikwechsel wird es nicht geben. Aber eigene Spuren will er hinterlassen. Einer der Schwerpunkte soll der Klimaschutz sein, wobei der neue CSU-Hoffnungsträger eine vorbildliche Sanierung der staatlichen Gebäude verspricht. In Interviews kommt Beckstein auch auf den bundespolitischen Anspruch der CSU zu sprechen und bezeichnet es als wichtige Aufgabe, Ideen und Visionen zu entwickeln. Für den bescheiden auftretenden und auch zur Selbstironie fähigen Franken ist es der dritte Anlauf für das höchste Amt in Bayern. Bereits 2002 hätte er Regierungschef werden sollen, wenn der damalige Kanzlerkandidat Stoiber nicht knapp Gerhard Schröder unterlegen wäre. Becksteins zweite Chance löste sich in Luft auf, als Stoiber 2005 entgegen seiner Ankündigung einen Rückzieher aus Berlin machte und lieber Ministerpräsident blieb.
Dass sich Beckstein bis zu seiner offiziellen Wahl durch den Landtag noch zurückhält, hat einen guten Grund: Er will Stoiber, dem der Rückzug besonders schwer fällt, und dessen Hardcore-Anhänger nicht unnötig reizen, sondern sie für einen reibungslosen Übergang gewinnen. Dabei verweist er auf das Negativ-Beispiel Rheinland-Pfalz, wo nach innerparteilichem Streit das Ende der Ära Bernhard Vogel und kurz darauf der Machtverlust der CDU folgten. So bezeichnet Beckstein die Zusammenarbeit mit Stoiber als sein "ganz persönliches Anliegen". Erst mit der Nominierung des Franken durch die Fraktion sicherte Stoiber seine Unterstützung zu.
Gegenwind gibt es von der Opposition. SPD-Fraktionschef Franz Maget bezeichnete Beckstein als "Mann der Vergangenheit", der als "selbsternannter Übergangskandidat" keinen politischen Aufbruch signalisiere. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause sieht in dem 63-Jährigen den "personifizierten Stillstand". Dagegen herrschte in den Reihen der CSU-Fraktion Freude über die gelungene Nominierung. Wiederholt hatten Kritiker angeführt, dass Beckstein kaum Spielraum bleibe, weil Stoiber mit seiner letzten Regierungserklärung schon alle Handlungsanweisungen für die nächsten 13 Jahre diktiert habe. Becksteins Anhänger versichern, dass dieses Zukunftsprogramm kein Alleingang Stoibers sei, sondern die Handschrift des gesamten Kabinetts und der Fraktion trage. Die Schwerpunkte - mehr Kinderbetreuung und Ganztagsschulen, mehr Lehrer und kleinere Klassen sowie der Ausbau der Universitäten - waren ohnehin überfällig.