1996 SIND DREI VIERTEL ALLER BESCHÄFTIGTEN VOR 65 IN RENTE GEGANGEN (BERICHT)
Bonn: (hib) fa- 1996 sind nur knapp 30 Prozent aller Rentenneuzugänge in den alten und nur etwa 5 Prozent in den neuen Bundesländern im Regelalter von 65 Jahren erfolgt. Dies ist ein Ergebnis des Zweiten Zwischenberichts (13/11469) der Enquete-Kommission "Demographischer Wandel" (13. Wahlperiode). Dies bedeute, so die Kommission, daß bundesweit etwa drei Viertel der Beschäftigten vor dem 65. Lebensjahr in Rente gegangen seien. Die "Regel" sei demnach zur Ausnahme geworden. Zudem erlaube die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit einen indirekten Rentenzugang nach einer vorgeschalteten Zwischenphase in die Arbeitslosigkeit, während der das Arbeitslosengeld fast immer durch Arbeitgeberzahlungen aufgestockt werde. De facto scheiden laut Bericht somit viele Arbeitnehmer schon mit 57 Jahren aus dem Erwerbsleben aus. Besonders Großunternehmen machten von dieser Regelung Gebrauch, um Personal abzubauen. Die Kosten dieser Vorgehensweise würden damit zum größten Teil auf die gesetzliche Arbeitslosen- und Rentenversicherung abgewälzt. Pro 100.000 Arbeitnehmer, die ab 58 für zwei Jahre Arbeitslosengeld und anschließend mit 60 Altersrente erhalten, entstünden der Bundesanstalt für Arbeit ohne Gegenrechnung möglicher Entlastungen durch die Einstellung jüngerer Arbeitnehmer Mehrkosten in Höhe von circa 9,2 Milliarden DM und der Rentenversicherung 12,7 Milliarden DM.
Die Abnahme der Alterserwerbstätigkeit scheint nach Einschätzung der Enquete-Kommission 1996 allerdings an eine untere Grenze gestoßen zu sein. Dies betreffe vor allem Frauen und die Altersgruppe der 55 bis 60jährigen, wofür unter anderem auch die Einschränkungen bei den Frühverrentungsmöglichkeiten verantwortlich sein dürften. Die Jugenderwerbstätigkeit sei von 1990 bis 1996 ebenfalls weiter gesunken, was auf eine weiterhin steigende Bildungsbeteiligung der Jugendlichen schließen lasse. Diese höhere Bildungsbeteiligung könnte aber auch wenigstens zu einem Teil ein Reflex auf ein unzureichendes Arbeitsplatzangebot und unzureichende Berufschancen sein. Damit gebe es immer weniger Berufstätige, die mit ihren Beiträgen in die Arbeitslosen- und Rentenkasse das soziale System aufrecht erhalten. Um den bisherigen Standard der sozialen Leistungen zu halten, müßten demzufolge die Beiträge zwangsläufig erhöht werden.