KERNERNERGIE-AUSSTIEG LÄSST NOCH FRAGEN OFFEN
Bonn: (hib) wi- Den Wissensdurst der Opposition hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am Mittwoch vormittag im Wirtschaftsausschuß nicht restlos stillen können, als es über das geplante Verbot der Wiederaufarbeitung von Atombrennstäben im Ausland und über die bevorstehenden Konsensgespräche mit den Kraftwerksbetreibern unterrichtete. Die Fragen aus den Reihen der CDU/CSU- und F.D.P.-Fraktion bezogen sich unter anderem auf die Ausgestaltung der Verträge der deutschen Kraftwerksbetreiber mit französischen und britischen Unternehmen über die Wiederaufarbeitung von Brennstäben. Das Ministerium hatte berichtet, daß der Anteil der Kernenergie an der Energieerzeugung schrittweise reduziert und die Laufzeiten der Kraftwerke begrenzt werden sollen. Die Bundesregierung setze dabei auf eine Kooperation mit der Energiewirtschaft. Am 25. Januar werde Bundeskanzler Schröder ein Gespräch mit der Energiewirtschaft führen, einen Tag später sollen die Energiekonsensgespräche beginnen. Geplant sei auch eine Änderung des Atomgesetzes, wobei die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennstäbe in La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) eingestellt und die Entsorgung auf eine direkte Endlagerung beschränkt werden soll. Die Bundesregierung strebe mit den Partnern in den beiden Ländern eine einvernehmliche Lösung an. Geplant sei zudem, standortnahe Zwischenlager einzurichten. Die Eingriffsinstrumente gegenüber den Kraftwerksbetreibern würden nicht verschärft. Das Ministerium räumte ein, daß ein niedrigerer Anteil der Kernenergie an der Energieerzeugung insgesamt einen Ersatz im Grundlastbereich erforderlich macht. Dies müsse in den Gesprächen mit der Energiewirtschaft organisiert werden.
Die CDU/CSU warf der Regierung vor, sie zerschlage bestehende Strukturen, ohne Alternativen anbieten zu können. Bei der Aufstellung der Kosten der Zwischenlagerung müsse der Gesamtweg der abgebrannten Brennelemente bis hin zur direkten Endlagerung berücksichtigt werden. Unklar sei auch der Standort für ein Endlager, wenn Ahaus und Gorleben dafür nicht in Frage kämen. Die Regierung habe kein Entsorgungskonzept, so die Unionsfraktion. Auch werde nicht gesagt, wie das Ziel der Verringerung des Kohlendioxidausstosses bei einem Ausstieg aus der Kernenergie erreicht werden soll. Die Fraktion wollte zudem wissen, ob Gewerkschaften, Verbraucher- und Umweltverbände in die Konsensgespräche einbezogen werden. Für die F.D.P. stellt sich die Frage, ob die privatrechtlichen Verträge mit den ausländischen Unternehmen einvernehmlich und ohne die Forderung von Entschädigungen gekündigt werden können. Nach Ansicht der Sozialdemokraten muß die Wiederaufarbeitung beendet werden. In welchem Zeitraum dies zu bewältigen ist, müsse auch Gegenstand der Konsensgespräche sein. Entscheidend sei, daß man ein Jahr Zeit gewonnen habe, um mit Frankreich und Großbritannien zu verhandeln.
Der Ausschuß beauftragte das Ministerium, Antworten auf noch offene Fragen schriftlich nachzureichen. Er will die Diskussion zu diesem Thema im Februar mit Bundeswirtschafsminister Müller fortsetzen.