Einzelheiten einer Verbesserung der Brustkrebs-Früherkennung umstritten
Berlin: (hib/GEH) Über eine qualitätsorientierte Verbesserung der Brustkrebs-Früherkennung durch ein Mammographie-Screening nach EU-Richtlinien informierte sich der Fachausschuss für Gesundheit am Mittwochmittag in einer öffentlichen Anhörung. Anlass war ein Antrag von SPD und Bündnis90/Die Grünen ( 14/6453). Annegret Bayerl von der Brustkrebsinitiative e.V. forderte neue, staatliche finanzierte und qualitätsgesicherte "Mammazentren" nach EU-Leitlinien: "Zur Zeit haben wir das Recht, uns einmal im Jahr ab 30 Jahre alt abtasten zu lassen. Die Früherkennung muss alle Altersgruppen und auch gesunde Frauen betreffen." Nur zwei bis drei Prozent der Brusterkrankungen würden zur Zeit in Deutschland durch eine Mammographie entdeckt. Die übrigen 97 Prozent durch Selbstuntersuchung durch die Frauen oder Abtastung durch den Arzt, was manchmal zu spät sei, sagte Helga Ebel von der Koalition Brustkrebs. Der Vertreter des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. fragte, "woher das ganze Geld" für ein solches Screening kommen sollte. Auf Grund der Kostenersparnisse setzte er sich für eine Mammographie nur bei Frauen mit Symptomen und nicht bei gesunden Frauen ein. Astrid Bühren von dem Ärztinnenbund machte ein Plädoyer für die Selbstertastung als Ergänzung zum Mammographie-Screening: "In den geplanten zweijährigen Intervallen des Mammographie-Screenings sollen Frauen ihre gesunde Brust kennen lernen, um eventuelle Karzinome rechtzeitig zu erkennen." Der Ärztinnenbund forderte außerdem die Verbesserung der Präventions- und Ursachenforschung. Mobile Mammographie-Angebote in Bussen wie Mammobil lehnte die Sachverständige entschieden ab. "Dort ist keine ärztliche Kompetenz vorhanden", sagte Astrid Bühren. Die vielen "falsch-positiven" Befunde bei Mammographien würden viel psychisches Leid bei den betroffenen Frauen verursachen.
Der Sachverständige Karl Lauterbach schätzte, dass jährlich 100.000 Operationen von Frauen auf Grund von falschen Befunden unnötig ausgeführt werden. Klaus-Dieter Schulz stellte diese Zahl in Frage und betonte, dass Frauen mit einem positiven Befund zu schnell zur Operation "rennen" würden: "Qualitätskriterien müssen in der Diagnosekette eingehalten werden." Die Vertreterin der Koalition Brustkrebs bedauerte, dass Deutschland in der Brustmedizin "leider kein Olympiasieger wie in Salt Lake City" sei. Mit den EU-Leitlinien "könnten wir unnötige Kosten sparen". Neue Mammographie-Zentren seien notwendig, die Verbesserung der Früherkennung gehe nicht mit dem vorhandenen System. Gerade das mache den Ärzten Angst, weil es um eine Umverteilung des Geldes gehe. Der Experte der Bundesärztekammer sagte, dass die Erstattung der Kosten der Früherkennung nur für Frauen unter 50 in Ordnung sei. Der Bundesverband der Innungskrankenkassen meinte, es sei wichtig, die Versicherten in Kenntnis zu setzen, welche Bestrahlungsrisiken sie mit einer Mammographie eingehen, damit "der Schaden nicht höher als das Nutzen" ist. Die EU-Leitlinien würden vorsehen, dass Ärzte 5.000 Mammographien im Jahr lesen sollen, damit die Qualitätskriterien erfüllt werden. Eine so hohe Zahl sei "nicht notwendig", sagte der Vertreter der deutschen Röntgengesellschaft: "Durch qualitätsorientierte Schulungen und Zertifizierungen können die Radiologen die nötigen Kompetenzen entwickeln."