Agrarwissenschaftliche Fakultäten durch stärkere Kooperation sichern
Berlin: (hib/POT) Vor dem Hintergrund der schwierigen Finanzlage der Länder und den daraus resultierenden Kürzungsplänen bei den agrarwissenschaftlichen Fakultäten haben sich die Dekane der entsprechenden Fachbereiche der Universitäten Göttingen und Halle-Wittenberg sowie der Humboldt-Universität zu Berlin anläßlich einer nichtöffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochmorgen für eine stärkere länderübergreifende Kooperation und Profilbildung der Agrarwissenschaften in Deutschland ausgesprochen.
Nach Ansicht von Professor Uwe Jens Nagel, Dekan der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, können die Fakultäten weiteren Kürzungen künftig nur dann entgegenwirken, wenn sie ein schlüssiges Konzept zur Profilbildung mit regionalen, länderbezogenen Schwerpunkten entwickeln. Auch das Kooperationspotenzial der Fakultäten sei dabei bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Laut Professor Rainer Marggraf, Dekan der Fakultät für Agrarwissenschaften der Universität Göttingen, ist ein wesentlicher Grund für die Gefährdung der Zukunft der agrarwissenschaftlichen Fakultäten die unzureichende Wahrnehmung ihrer Relevanz durch die Politik und Teile der Gesellschaft, da der Studiengang immer noch mit der Beschäftigung von Ackerbau und Viehzucht gleichgesetzt werde. Es müsse gelingen, in der Öffentlichkeit stärker zu vermitteln, dass das Aufgabenspektrum der Agrarwissenschaften sehr viel breiter sei und beispielsweise auch Themen wie Umweltmanagement, Lebensmittelqualität und Ernährungssicherung umfasse. Professor Peter Pickel, Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg, kritisierte die Kürzungspläne der sachsen-anhaltinische Landesregierung in Höhe von 3,1 Millionen Euro, da diese ausschließlich mit nur begrenzt aussagefähigen Auslastungszahlen begründet worden seien, Leistungen im Bereich der Forschung, Drittmittelwerbung, Praxisüberführung und eine gute Marktfähigkeit der Absolventen aber völlig unberücksichtigt geblieben seien. Nach der derzeitigen Diskussion werde das Sparvolumen jedoch voraussichtlich auf 1,8 Millionen Euro reduziert, wodurch das Überleben der Landwirtschaftlichen Fakultät zumindest "sehr wahrscheinlich" erscheine, auch wenn noch unklar sei, wie die Sparmaßnahme zu realisieren ist.
Die Vertreter der zuständigen Ministerien der Länder Berlin, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wiesen in der Anhörung übereinstimmend darauf hin, dass aufgrund der extrem schwierigen Finanzsituationen in ihren Ländern Kürzungen auch im agrarwissenschaftlichen Bereich nicht vermeidbar seien. Für die konkrete Umsetzung der globalen Kürzungsvorgaben seien jedoch die jeweiligen Universitäten zuständig. Der Vertreter des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur regte an, Perspektiven für Ausbildung und Forschung der Agrarwissenschaften in Deutschland in ihren unterschiedlichen Organisationsformen einschließlich der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft durch den Wissenschaftsrat erarbeiten zu lassen. Der Berliner Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Thomas Flierl (PDS), machte deutlich, dass die gegenwärtig öffentlich diskutierte Schließung der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität vom dortigen Präsidium und nicht vom Senat ausgegangen sei. Die Hochschulen hätten sich verpflichtet, bis 30. Juni 2004 einen Strukturplan vorzulegen, um die vom Berliner Senat für die Jahre 2006 bis 2009 beschlossene Kürzung der Landeszuschüsse von 75 Millionen Euro für die drei Berliner Hochschulen umzusetzen. Der Vertreter des brandenburgischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung bezeichnete die Pläne zur Schließung der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt- Universität als "bedauerlich", zumal Brandenburg in den neunziger Jahren auf den Aufbau einer eigenen agrarwissenschaftlichen Fakultät verzichtet habe. Die Schließung der Berliner Fakultät würde das einzige Studienangebot für Gartenbau in den neuen Bundesländern sowie den einmaligen Studiengang für Binnenfischerei in Deutschland gefährden.