TAB: Nachhaltigkeitspolitik im Parlament breiten Raum geben
Berlin: (hib/VOM) Die Einrichtung eines speziellen, mit Nachhaltigkeits- oder Zukunftsfragen befassten parlamentarischen Gremiums hat das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) in einem Sachstandsbericht ( 15/2129) vorgeschlagen. Er bezieht sich auf Langzeit- und Querschnittsfragen in europäischen Regierungen und Parlamenten. Als weitere Handlungsoptionen werden regelmäßige Debatten zum Stand der deutschen Nachhaltigkeitspolitik und die Kontrolle der Regierungsprogramme und Gesetzesinitiativen im Hinblick auf ihren Beitrag zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung genannt. Ziel des vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung initiierten Projekts sei es gewesen, herauszufinden, welche Langzeit- und Querschnittsfragen in europäischen Parlamenten und Regierungen als so bedeutend angesehen werden, dass zu ihrer Lösung spezielle Institutionen und Programme in bestehende Strukturen integriert worden sind. Das TAB hat in 15 europäischen Ländern 77 Institutionen ermittelt, die Parlamente und Regierungen in Langzeit- und Querschnittsfragen beraten. Knapp die Hälfte der Einrichtungen befasse sich mit Fragen der nachhaltigen Entwicklung des Umweltschutzes (37). Zwölf Einrichtungen beschäftigten sich mit Technikfolgenanalysen.
Der Bildungs- und Forschungsausschuss hält es für bemerkenswert, dass nur zehn der erfassten 77 Einrichtungen im parlamentarischen Umfeld angesiedelt sind und die Mehrzahl Regierungen zugeordnet ist. In dem Bericht werden die Entwicklung der zwölf europäischen parlamentarischen Technikfolgenabschätzungseinrichtungen seit Mitte der achtziger Jahre und die Nachhaltigkeitspolitik in sieben europäischen Ländern mit Beginn der neunziger Jahre skizziert. Die EU-Staaten, die als erfolgreich gelten, namentlich die Niederlande und die skandinavischen Länder, hätten früh in den neunziger Jahren mit einer Nachhaltigkeitspolitik begonnen und damit eine Strategie mit Zielen, Plänen, Indikatoren und Maßnahmen entwickelt sowie entsprechende Institutionen etabliert. Je bedeutsamer die Rolle der Umweltpolitik schon vorher gewesen sei, desto ausgeprägter sei die Tradition aktiven staatlichen Handelns und desto engagierter und effizienter bemühten sich die Regierungen um eine langfristig orientierte Politik.
Alle untersuchten parlamentarischen Einrichtungen zur Technikfolgenabschätzung verfolgten mit unterschiedlichen Schwerpunkten das Ziel, Parlamente in der Gestaltung wissenschaftlich-technologischer Rahmenbedingungen zu beraten, sie in der Kontrolle von Regierung und Verwaltung zu unterstützen sowie zum gesellschaftlichen Dialog beizutragen, heißt es im Resümee des Forschungsausschusses zu dem TAB-Bericht. Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass Initiative und Weiterentwicklung in der Nachhaltigkeitspolitik im Wesentlichen von der Regierung getragen würden und die Parlamente sich vorwiegend mit der "reaktiven Begleitung und Unterstützung" begnügten. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die frühere Enquete-Kommission des Bundestages zum "Schutz des Menschen und der Umwelt" zwar einen herausragenden Beitrag zur nationalen Nachhaltigkeitspolitik geleistet habe, dass aber das Potenzial des Parlaments im Hinblick auf die Langzeit- und Querschnittsaufgabe "nachhaltige Entwicklung" noch nicht ausgeschöpft sei.