Rechtsausschuss (Anhörung)/
Berlin: (hib/BOB) Die Mehrzahl der eingeladenen
Sachverständigen stimmte am Mittwoch grundsätzlich den
beiden von FDP und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten
Gesetzentwürfen zu, dass es gesetzlicher Änderungen zum
Schutz der Pressefreiheit bedarf. Bei einer Anhörung des
Rechtsausschusses betonte Benno H. Pöppelmann, der Verleger-
wie Journalistenverbände vertrat, man habe bereits vor vier
Jahren deutlich gemacht, dass die damalige Reform nicht weit genug
ging, um Informationen der Journalisten adäquat vor
Ausforschung staatlicher Stellen zu schützen. Liberale und
Grüne griffen diese Kritik nun auf. Zu begrüßen sei
unter anderem, dass nur ein Richter darüber entscheiden soll,
ob Materialien eines Journalisten beschlagnahmt werden könne.
Pöppelmann wies darauf hin, auch bei Durchsuchungen und
Beschlagnahmen in Redaktionen oder Arbeitsräumen von
Journalisten werde das Grundrecht der Pressefreiheit erheblich
eingeschränkt. Sie seien Zwangsmaßnahmen, die die
Pressefreiheit von Journalisten empfindlich beschränken.
Conrad Schraube vom Hessischen Rundfunk teilte dieses Anliegen. Er
sprach sich im diesem Zusammenhang nachdrücklich für das
Vorliegen eines "dringenden Tatverdachts" aus, um eine
Beschlagnahme im Falle von Zeugnisverweigerungsberechtigten, die
einer Straftat verdächtig sind, zu rechtfertigen. Ein
"einfacher" Tatverdacht" genüge nicht, wie es zu Recht im
FDP-Entwurf heiße. Er plädierte darüber hinaus
dafür, Journalisten in den Kreis derjenigen aufzunehmen, die
ein Zeugnisverweigerungsrecht zum Beispiel über geführte
Telefongespräche hätten. Bundes- und Landtagsabgeordnete,
Geistliche und Anwälte hätten dieses Recht schon jetzt.
Professor Bodo Pieroth von der Universität Münster machte
deutlich, zwar sei es fraglich, ob mit der vorgeschlagenen
Gesetzesänderung tatsächlich eine substanzielle
Verbesserung des Redaktionsgeheimnisses und des Schutzes der
journalistischen Recherche vor Beschlagnahmen durch staatliche
Strafverfolgungsbehörden erreicht werden könne. Aber eine
Eignung, den Schutz der Pressefreiheit vor willkürlichen und
ungerechtfertigten Beschlagnahmen zu verbessern, sei der Vorschrift
nicht abzusprechen. Roger Mann von der Anwaltssozietät
Damm&Mann aus Hamburg wies darauf hin, dass die
Verhältnismäßigkeitsprüfung in Beschlagnahme-
und Durchsuchungsbeschlüssen bisher bestenfalls formelhaft
begründet sei. Selbst eine fehlende Begründung zur
Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung habe keine
Sanktion zur Folge. Die Beschlüsse seien kaum begründet;
das Verfahren sei eine "Farce". Eine verschärfte
Begründungspflicht sei vom Ansatz her zu begrüßen.
Er bezweifle jedoch, dass der Zweck damit erreicht werden
könne. Professor Frank Saliger von der Bucerius Law School aus
Hamburg erklärte, die Kriminalisierung der
Medienangehörigen verstoße gegen die Verfassung. Der
Schutz der Pressefreiheit sei durch die bestehende Gesetzes- und
Rechtslage im Straf- und Strafprozessrecht "nicht in jeder
Hinsicht" ausreichend gewährleistet. Die von FDP und
Grünen vorgelegten Gesetzentwürfe überzeugten
allerdings nur soweit, als sie in Reaktion auf die in zum Teil
spektakulären Fällen zu Tage getretenen Defizite
"maßvolle Abhilfe" böten. Rechtsanwalt Professor
Alexander Ignor sagte, er begrüße die Vorschläge
von FDP und Grünen. Sie seien geeignet, eine bestimmte
Strafverfolgungspraxis zu unterbinden. Es gebe eine
Ermittlungspraxis, dass Strafverfolgungsbehörden gegen
Journalisten Beihilfevorwürfe "konstruierten", um die - oft in
Behörden sitzenden - Informanten zu ermitteln. Dies sei
"problematisch und beanstandungswürdig". Oberstaatsanwalt
August Stern aus München war der Meinung, der Schutz der
journalistischen Recherche sei ausreichend gewährleistet. Es
bestehe insofern keine Notwendigkeit, den gegenwärtigen
Rechtszustand zu verändern. Stern hielt demzufolge eine
über die bestehende Rechtslage hinausgehende Freistellung von
Journalisten oder Medienunternehmen von strafprozessualen
Maßnahmen für nicht geboten. Auch gegen eine von FDP und
Grünen vorgesehene besondere Regelung für die
Wohnräume von Journalisten zum Schutz ihrer publizistischen
Betätigung sprach sich der Sachverständige aus. Diese sei
unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit nicht geboten. Dass das
Strafverfolgungsinteresse grundsätzlich hinter dem
Rechercheinteresse der Medien zurückzutreten hat, lasse sich
verfassungsrechtlich nicht begründen.