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Europa:
Europa ist überall ? Europäische Gesetze regeln den
Alltag, Euro-Münzen klimpern im Portemonnai. Aber was bedeutet
es eigentlich, zu Europa zu gehören? Hat Europa eigentlich
Grenzen und wie sieht die Zukunft der Europäischen Union aus?
GLASKLAR hat sich in Europa umgesehen. In der aktuellen Ausgabe
lest ihr unter anderem, was EU-Richtlinien mit Glück in der
Liebe zu tun haben, wie junge Leute heute grenzenlos arbeiten,
lernen oder ihrem eigenen Film drehen und was Menschen von anderen
Kontinenten so alles über Europa denken.
www.glasklar-bundestag.de
Politik aktiv gestalten:
Mitmischen.de ist das Jugendforum des Deutschen Bundestages im
Internet. Die Plattform bietet Chats mit Abgeordneten des
Bundestages, Diskussionsforen, Abstimmungen, Nachrichten und
Hintergrundberichte zu aktuellen politischen Themen.
www.mitmischen.de
Immer wieder ein heißes Thema: die Diäten der Abgeordneten. Millioneneinkommen von Popstars und Fußballspielern sind okay. Aber wenn das Reizwort „Diätenerhöhung” fällt, geht es oft rund in Medien und an Stammtischen. Denn Diäten stammen aus Steuergeldern. Deshalb ist es auch so wichtig, genauer hinzuschauen und den Aufwand fair zu bewerten.
Stellen wir uns eine typische Begegnung mit
Menschen vor, die in der eigenen Stadt Einfluss haben. Sie werden
im Festzelt des Schützenvereins nacheinander
begrüßt. Der Bundestagsabgeordnete, der
Oberbürgermeister, der Sponsor des Vereins, ein
durchschnittlich erfolgreicher Geschäftsmann, darf
natürlich auch nicht vergessen werden. Der Mittelständler
hält es wahrscheinlich für attraktiv,
Oberbürgermeister zu werden. Der Oberbürgermeister
könnte kalkulieren, dass er, wenn in seiner politischen
Karriere alles optimal läuft, sogar Bundestagsabgeordneter
werden könnte. Was in solchen Zusammenhängen die
wenigsten ahnen: Im Gehältervergleich verschlechtert er sich,
wenn er den Sprung in den Bundestag schafft.
Das erste Problem bei den Diäten ist der Maßstab.
Welchen Beruf zur Orientierung heranziehen? 40.642 Euro sind die
Bruttojahresverdienste im produzierenden Gewerbe, Handel, Kredit-
und Versicherungsgewerb (Statistisches Bundesamt, Stand 2005). Doch
darin stecken sowohl die Arbeiterinnen im Wirtschaftszweig
„Herstellung von Holzwaren” in den neuen
Bundesländern als auch die Angestellten, die im Westen der
Republik Tabakwaren herstellen. Das sind einmal 12.155 Euro brutto
pro Jahr, einmal 72.368. Woran also orientieren? Und wenn man doch
den Durchschnitt nimmt: Darf man ihn auf die Stunde runter- und
dann auf die typische Arbeitswoche des Abgeordneten wieder
hochrechnen? Statt 38,5 oder 40 Stunden haben die meisten
Abgeordneten 80-, 90-, manchmal 120-Stunden-Wochen. Was also
wäre „angemessen”? So wie es das Grundgesetz in
Artikel 48, Absatz 3 vorschreibt: „Die Abgeordneten haben
Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde
Entschädigung.” Ende der 50er Jahre hatte der Bundestag
eine Lösung gefunden. Er koppelte die
„Grunddiät” der Abgeordneten an die Entwicklung
der öffentlichen Besoldung. 22,5 Prozent des Amtsgehaltes
eines Bundesministers (damals umgerechnet knapp 550 Euro) sollte
ihnen zustehen. Wie die Beamten sich darauf verlassen können,
bei steigender Lohnentwicklung auch über langsam wachsende
Einkünfte zu verfügen, sollten die Abgeordneten ebenso
„angemessen” beteiligt werden.
Dem schob das Bundesverfassungsgericht 1975 einen Riegel vor: Die
Diäten dürften nicht an Automatismen gekoppelt werden.
Die Abgeordneten müssten jede Veränderung in der
Höhe der Entschädigung im Plenum diskutieren und vor den
Augen der Öffentlichkeit darüber entscheiden. Damit
stellten die Verfassungsrichter klar: Die Festlegung der
Abgeordnetenvergütung muss mit größtmöglicher
Transparenz geschehen. Wer dem Bundestag also vorwirft, einem Hang
zur „Selbstbedienung” zu erliegen, darf nicht
vergessen, dass der Bundestag durch die Verfassung angehalten ist,
die Festlegung der Diäten selbst vorzunehmen und nicht in
andere Hände zu legen. Die Folge: Die Abgeordneten des
Bundestages diskutieren und bestimmen so transparent wie kein
anderer Berufsstand ihre Gehälter vor aller
Öffentlichkeit.
Die Folge ist das Gegenteil dessen, was dem Bundestag immer
unterstellt wird: Statt einen „Schluck aus der Pulle”
zu nehmen, stellt er die Flasche aus Furcht vor dem negativen
öffentlichen Echo immer wieder beiseite. So war von 1976 bis
1983 festzustellen, dass die Einkommen in Handel und Industrie um
45,2 Prozent gestiegen waren, im öffentlichen Dienst um 34
Prozent, die Renten um 38,7 Prozent und der Kaufkraftverlust 29,2
Prozent betrug. Anstieg der Diäten im selben Zeitraum: null.
In den 29 Jahren seit Inkrafttreten des Abgeordnetengesetzes gab es
allein zwölf Nullrunden. Die letzte Anpassung der
Abgeordnetenentschädigungerfolgte zum 1. Januar 2003, also vor
mehr als vier Jahren.
Auch unabhängige Expertenkommissionen
haben den Versuch unternommen, die Vorgaben des
Verfassungsgerichtes umzurechnen. Was heißt es, wenn den
Abgeordneten eine „der Bedeutung des Amtes angemessene”
Lebensführung ermöglicht werden soll? Eine
Entschädigung, die einerseits ihre Unabhängigkeit
sichert, gleichzeitig aber auch der mit dem Amt verbundenen
Verantwortung und Belastung und dem Rang des Mandats im
Verfassungsgefüge gerecht werden soll?
Seit 1995 legt § 11 Absatz 1 des Abgeordnetengesetzes als
gesetzliche Bezugsgröße für eine angemessene
Abgeordnetenentschädigung Richterbezüge der
Besoldungsstufe R6 sowie die Jahresbezüge eines hauptamtlichen
Oberbürgermeisters fest, wie dies schon Mitte der 70er Jahre
als Maßstab vorgeschlagen worden war. Anders als die Beamten
erhalten die Abgeordneten keine weiteren Leistungen, wie etwa Orts-
oder Familienzuschläge. Auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld
kennen die Abgeordneten nicht. Und: Nichts steigt automatisch.
Damit liegt die Entschädigung weiterhin etwa zehn Prozent
unter der gesetzlichen Bezugsgröße eines nach R 6
besoldeten Richters bei einem obersten Gerichtshof des Bundes.
Was stellt der Bundestag nun seinen Abgeordneten aktuell zur
Verfügung? Es sind dies monatlich 7.009 Euro an klassischen
Diäten, die ganz normal versteuert werden müssen.
Amtsbezüge, zum Beispiel als Minister oder
Staatssekretär, werden auf die Diäten zu einem
großen Teil angerechnet, ebenso eventuelle
Versorgungsleistungen oder Renten. Hinzu kommt die Übernahme
von Kosten im Krankheitsfall, entweder als Zuschuss zu den Kranken-
und Pflegeversicherungsbeiträgen oder zu den tatsächlich
entstandenen Krankheitskosten.
Damit niemand fürchten muss, nach dem Ausscheiden aus dem
Bundestag plötzlich ins Nichts zu fallen, gibt es ein
Übergangsgeld: Pro Jahr der Parlamentszugehörigkeit eine
Monatsentschädigung. Nach vier Jahren also vier Monate, nach
acht Jahren sind es acht Monate. Ab dem zweiten Monat werden jedoch
alle sonstigen Einkünfte auf das Übergangsgeld
angerechnet, und wer nach 18 Monaten immer noch nicht wieder
Fuß gefasst hat, kann den Bundestag nicht mehr in Anspruch
nehmen, auch wer ihm länger als 18 Jahre angehört
hat.
Auch bei der Altersentschädigung haben sich die Abgeordneten
deutliche Einschnitte auferlegt. Wer bis zu sieben Jahre im
Bundestag ist, erhält keine Altersentschädigung. Ab dem
achten Jahr beträgt sie zunächst 24 Prozent ? und steigt
dann mit jedem weiteren Jahr der Mitgliedschaft um weitere drei
Prozentpunkte. Nach durchschnittlich drei Wahlperioden gibt es ab
Erreichen der Altersgrenze also 36 Prozent (früher: 51
Prozent), nach 23 Jahren Bundestagszugehörigkeit den
Maximalsatz von 69 Prozent. Die Mindestversorgung gibt es mit 65.
Lebensjahren, mit jedem weiteren Jahr der Mitgliedschaft beginnt
der Anspruch ein Jahr früher. Die anderen
Versorgungseinkünfte werden zu einem großen Teil auf die
Altersentschädigung angerechnet, die natürlich
außerdem voll zu versteuern ist.
Nicht zur Abgeordnetenentschädigung gehören Leistungen,
die der Abgeordnete im Rahmen der Amtsausstattung erhält, das
heißt, die ihn erst in die Lage versetzen, sein Amt
auszuüben. Neben einem eingerichteten Büro am Sitz des
Bundestages zählt hierzu die (steuerfreie) Kostenpauschale zur
Abgeltung mandatsbedingter besonderer Aufwendungen, wie Einrichtung
und Unterhaltung eines Wahlkreisbüros, einer Zweitwohnung am
Parlamentssitz, Fahrten mit dem eigenen Pkw im Wahlkreis,
Repräsentationsausgaben, Kosten der Öffentlichkeitsarbeit
und vieles mehr. Ferner umfasst die Amtsausstattung die
Übernahme mandatsbedingter Reisekosten, Ausgaben für
Büro- und Geschäftsbedarf sowie für die
Beschäftigung von Mitarbeitern.
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Text: Gregor Mayntz
Erschienen am 18. Juni 2007