Einblicke Ausblicke
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Premiere für 24.000
Besucher
Eindrücke vom ersten Tag der "Einblicke
und Ausblicke"
Die Premiere für den umgebauten Reichstag am 21. April war ein großer Erfolg. 24.000 Menschen ließen sich am ersten Tag durch Wartezeiten von bis zu drei Stunden nicht entmutigen. Sie wollten das Reichstagsgebäude endlich von innen sehen und nutzten die erste Chance während der "Tage der Einblicke und Ausblicke". Der Andrang war riesig. Um 10 Uhr, als sich die Glastüren am Westportal unter der Aufschrift "Dem Deutschen Volke" öffneten, warteten bereits mehrere tausend Besucher. Die Schlange der Menschen reichte bis zum Brandenburger Tor.
Für die Sicherheitskräfte und die Mitarbeiter des Besucherdienstes war der erste Tag eine besondere Herausforderung. Schon am Vormittag mußten die Besucher schubweise eingelassen werden. Im Haus ging es auf einem mit schwarzrotgoldenen Kordeln und roten Matten gekennzeichneten Kurs von der Lobby vorbei am Andachtsraum durch den Besucherbereich des Plenarsaals hinauf in die Präsidialebene und schließlich über die neu eingebaute Etage für die Fraktionen bis auf das Dach.
Dort zeigten sich die Gäste ausnahmslos begeistert von der Glaskuppel. Niemand zögerte, zu Fuß den Weg bis in die Kuppelspitze zurückzulegen und von dort den Ausblick über Berlin zu genießen. "Die Kuppel ist phantastisch gelungen", meinte ihr erster Besucher, der Feinmechanikermeister Klaus Röding aus Berlin. Auch Jürgen Ulbrich, als Gesamtschullehrer in Saarbrücken tätig, zollte Norman Foster Beifall: "Ohne die Kuppel wäre das Ganze doch 08/15", urteilte der Pädagoge. Auch ausländische Besucher zeigten sich beeindruckt. Etwa Caroline Moine, Filmstudentin an der Sorbonne, die die "schöne Architektur in ihrer Mischung aus Alt und Neu" hervorhob. Dem schlossen sich Remo und Bruna Rostagno aus Turin an.
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Geduldig warteten tausende Menschen, manche bis zu drei Stunden |
Freilich gab es auch kritische Stimmen: "Mir gefällt es sehr gut hier, doch man hätte die russischen Inschriften entfernen sollen", meinte Manfred Langner aus Magdeburg. Andere konnten sich mit dem neuen Plenarsaal nicht anfreunden. "Nüchtern und kalt wie eine Fabrikhalle", schimpfte ein älteres Ehepaar aus Berlin. Ebenso unterschiedlich fielen die Urteile über das von Norman Foster kreierte "ReichstagsBlue" für die Bestuhlung des Plenarsaals aus. "Dieses Blau finde ich wunderbar", freute sich ein Besucher. Seine Begleiterin hingegen urteilte: "Das Blau sticht zu sehr in die Augen." Beim Blick auf den Bundestagsadler konnten sich einige das Spotten nicht verkneifen. "Für den ollen Pleitegeier hätten sie sich mal was Neues einfallen lassen können", meinte da ein Besucher. Offenbar wußten es einige Hauptstädter nicht zu schätzen, wieviel Mühe es gekostet hatte, insbesondere die Rückseite des zweieinhalb Tonnen schweren Wappentiers zu gestalten. Im Bonner Plenarsaal hing der Adler an der Stirnseite des Saals und konnte daher nur von vorne betrachtet werden.
Eine Fülle von Fragen hatten die Mitarbeiter und Sicherheitskräfte des Bundestages während der "Tage der Einblicke und Ausblicke" zu beantworten. "Hat der Kanzler hier auch schon gebetet?" wollte etwa eine Frau am Eingang zum Andachtsraum wissen. Vor den Türen des Reichstagsgebäudes hatte indes die Berliner Polizei alle Hände voll zu tun, um im Umfeld des Gebäudes ein Verkehrschaos zu verhindern. Da mit der Ebertstraße und der Scheidemannstraße die wichtigsten Verkehrsverbindungen am Reichstag gesperrt worden waren, staute sich der Verkehr bereits am ersten Besuchertag rund um das Brandenburger Tor.
Nach fünf Tagen hatten insgesamt 151.300 Besucherinnen und Besucher sowie viele Gäste der Hauptstadt Gelegenheit, Einblicke in das Gebäude zu nehmen und den phantastischen Ausblick über die Stadt zu genießen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kündigte bereits an, daß diese Veranstaltung noch in diesem Jahr wiederholt werden soll.