DER AUSWÄRTIGE AUSSCHUSS DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES
Auf der Tagesordnung: Die Krisenherde unserer Zeit
Er genießt seit Jahrzehnten sowohl innerhalb des Parlaments als auch in der Öffentlichkeit ein hohes Renommee, und doch gibt es vielerorts nur ungenaue Kenntnisse über seine Arbeit. Den Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, so heißt es in der Literatur treffend, umgibt deshalb ein wenig eine "Aura von Geheimdiplomatie". Dies ist sicher im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass dieses Gremium – genauso wie übrigens auch der Verteidigungsausschuss – ein so genannter geschlossener Ausschuss ist. Zutritt zu seinen Beratungen haben nicht einmal alle Abgeordneten des Bundestages, sondern lediglich die Mitglieder des Gremiums und ihre Stellvertreter sowie ein eng begrenzter Kreis von Mitarbeitern des Parlaments. Hinzu kommen Vertreter von Bundesregierung und Bundesrat aufgrund ihres sich aus der Verfassung ergebenden Rechts.
|
Die Regierung berichtet im Ausschuss: Staatsminister Ludger Volmer (B'90/Die Grünen) |
Wirklich Geheimes, so hört man, wird jedoch hinter den verschlossenen Türen des Sitzungssaals nur höchst selten erörtert. Sind doch – anders als in früheren Zeiten – außenpolitische Themen bis ins Detail längst Gegenstand der Medienberichterstattung und oft auch öffentlicher Diskussion über den Kreis der eigentlichen Experten hinaus. Doch hat der vertrauliche Charakter der Ausschussarbeit für die Beteiligten offenbar auch noch einen anderen Vorteil. Übereinstimmend gelobt wird die sachliche Beratungsatmosphäre im Auswärtigen Ausschuss (siehe auch das Interview mit dem Ausschussvorsitzenden Hans-Ulrich Klose). Neben der fehlenden Plattform für öffentliche, auch parteipolitische Selbstdarstellung ist für dieses konstruktive Klima sicher auch die Tatsache verantwortlich, dass sich die meisten Ausschussmitglieder oft aus jahrelanger Zusammenarbeit kennen und sich zudem nicht selten auch gegenseitiger persönlicher Wertschätzung erfreuen.
|
Vorsitzender Hans-Ulrich Klose (SPD) und Heiner Geißler (CDU/CSU) |
Und noch etwas unterscheidet den Auswärtigen Ausschuss, dem schon fast traditionsgemäß eine Vielzahl ehemaliger Minister und anderer hoch gestellter politischer Persönlichkeiten angehören, von anderen Gremien des Bundestages: Gesetzgebungsarbeit im klassischen Sinn wird dort so gut wie gar nicht geleistet. Ausnahme sind Ratifikationsgesetze zu Verträgen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten oder sonstigen auswärtigen Partnern. Doch auch hierbei bleibt den Ausschussmitgliedern bei ihrer Beschlussempfehlung für das Plenum des Bundestages keine andere Möglichkeit, als die Vorlage insgesamt zu billigen oder sie abzulehnen. Letzteres ist dabei eher die Theorie als die Praxis.
|
Krisenherd Kosovo |
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 1994, die Entsendung von Bundeswehrsoldaten ins Ausland bedürfe der vorherigen Zustimmung des Bundestages, hat der Auswärtige Ausschuss allerdings auch an formaler Kompetenz hinzu gewonnen. Anträge der Regierung an das Parlament, Angehörige der Streitkräfte an Friedensmissionen der Vereinten Nationen oder der NATO zu beteiligen, werden vor der abschließenden Beratung und Entscheidung im Plenum federführend vom Auswärtigen Ausschuss geprüft und eingehend erörtert. Gleich mehrfach hat sich jüngst während der Kosovo-Krise und der Luftschläge der Atlantischen Allianz gegen die Bundesrepublik Jugoslawien gezeigt, dass sich die Regierung aufgrund parlamentarischer Einflussnahme zu mancher Änderung ihres Vorgehens veranlasst sah.