Der Sportausschuss des Bundestages
Fairplay ist Ehrensache
Wer wollte da widersprechen? "Der Sport ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft", heißt es im neunten Sportbericht der Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr. Eine Erkenntnis von Bestand. Gestern, heute und morgen. Deshalb richtete der Deutsche Bundestag 1972 den Sportausschuss ein; als Nachfolger des "Sonderausschusses für Sport und Olympische Spiele", der sich bereits 1969 konstituiert hatte.
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Die Mitglieder des Sportausschusses im Berliner Olympiastadion (360-Grad-Foto). Von links nach rechts: René Probst (Ltr. Sekr.), Wieland Sorge, Ingrid Holzhüter, Peter Danckert, Klaus Kinkel, Klaus Riegert, Wilhelm Josef Sebastian, Klaus Rose (stv. Vors.), Winfried Hermann, Friedhelm Julius Beucher (Vors.), Dagmar Freitag, Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg), Gustav-Adolf Schur. |
Seit 31 Jahren bemüht sich dieser mit derzeit 15 Mitgliedern (sieben von der SPD, fünf von der CDU/CSU sowie jeweils eines von Bündnis 90/Die Grünen, F.D.P. und PDS) eher kleinere Ausschuss, die gesellschaftliche Bedeutung des Sports zu erhöhen. In enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Bundesinnenministerium geht es um die Förderung des Hochleistungssports, des Leistungssports der Behinderten sowie der Sportmedizin/Sportwissenschaft und des Sportstättenbaus.
Stichwort Sportstätten: Die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland wird von den Sportpolitikern als große Herausforderung begriffen. Zahlreiche Stadien müssen modernisiert, ein würdiges Rahmenprogramm vorbereitet werden. Deutschland soll sich von seiner gastfreundlichsten Seite zeigen.
Da mag sich der Schwerpunkt auszahlen, den die Abgeordneten seit langem in den neuen Bundesländern gesetzt haben. Dem Sport wird bei der Vollendung der Einheit von sämtlichen Mitgliedern eine Vorreiterrolle zugemessen. Auch zehn Jahre nach der Wiedervereinigung wird bei den Haushaltsberatungen penibel darauf geachtet, dass die Sportstätten in Ostdeutschland saniert und ausgebaut werden.
Mit einigem Stolz verweist man im Ausschuss auf das Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig und das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin. Die Existenz der beiden renommierten Forschungsstätten ist gesichert.
Zum Vorteil der Sportler. Im FES wurde in der Sportart Rudern ein Achter für die Olympischen Spiele in Sydney entwickelt. Und die Wettkampf- und Trainingsanalysen des IAT sind Pflichtlektüre, wenn sich deutsche Sportler auf internationale Wettkämpfe vorbereiten.
Das Thema "Sportförderung" beschäftigt den Ausschuss - auch international. Es geht um Sympathiewerbung. In den Ländern der Dritten Welt ebenso wie im einstigen Ostblock, wo der Spitzensport im Vordergrund stand und der Breitensport das Nachsehen hatte. Deshalb werden Langzeittrainer entsandt, sportwissenschaftliche Institute gefördert und auch die Teilnahme an Olympischen Spielen unterstützt, etwa der mongolischen Nationalmannschaft. Bei den kollegialen Beratungen im Sitzungszimmer 3 N 037 des Reichstages steht nicht nur die Förderung von Großprojekten und die Kontaktpflege mit der großen weiten Welt auf der Tagesordnung. Zur Alltagsarbeit am Mittwoch Vormittag in den Plenarwochen gehört auch die oft mühsame Gesetzesarbeit.
Beispiel Bundesnaturschutzgesetz. Es will die Lebensräume von Tieren und Pflanzen sichern angesichts wachsender Beliebtheit der so genannten Natursportarten wie Mountainbiking, Reiten und Jogging. Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf federführend dem Umweltausschuss und mitberatend dem Sportausschuss überwiesen.
Eine umweltverträgliche Sportausübung, so die Meinung der Sportpolitiker, bedarf der Mitwirkung der Naturschutz- u n d der Natursportverbände. In der Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Oktober 1998 heißt es dazu: "Durch Mitwirkung der Sportorganisationen im Rahmen des Naturschutz- und Baurechts soll ein fairer Interessenausgleich zwischen Sport im Freien und dem Natur- und Umweltschutz gesichert werden".
Übrigens umfasst kein anderer Lebensbereich in Deutschland so viele Personen wie der Sport. Fast 90 000 Vereine mit über 27 Millionen Mitgliedern werden gezählt. Ohne das Engagement von zwei Millionen ehrenamtlichen Helfern wäre es um das Vereinsleben und die Verbandsarbeit schlecht bestellt. Der Staat anerkennt diese gemeinnützige Tätigkeit durch eine steuerliche Begünstigung von Aufwandsentschädigungen und Übungsleiterpauschalen. Einer der wenigen Streitpunkte im Sportausschuss. Über die Höhe der finanziellen Entlastung der "Ehrenamtlichen" bestehen zwischen Koalitions- und Oppositionsabgeordneten unterschiedliche Vorstellungen.
Vergessen (zumindest für 90 Minuten) sind derlei Kontroversen, wenn die Sportausschüssler in der Fußballmannschaft des Bundestages aufeinandertreffen. Dienstags in den Sitzungswochen dreht sich am einstigen Stadion der Weltjugend in Berlins Mitte alles um den Ball. Mannschaftskapitän Klaus Riegert (CDU) lässt sportliche Talente wie Sportlehrer Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) auf den Rasen auflaufen.
Auch andere Ausschussmitglieder können auf sportliche Aktivitäten verweisen: Dagmar Freitag (SPD) ist begeisterte Leichtathletin, von Klaus Kinkels (F.D.P.) Ausdauer beim Tennis und Joggen wissen dessen frühere Sicherheitsbeamten aus dem Auswärtigen Amt zu berichten, und Gustav-Adolf (genannt Täve) Schur (PDS) hat sich als erfolgreichster Radrennfahrer der DDR einen Namen gemacht.
Fairplay ist nicht nur beim gemeinsamen Fußballspiel Ehrensache. Die Regel gilt auch bei der politischen Arbeit im Ausschuss: "Wir kommen meist ohne Geschäftsordnung aus", berichtet Ausschuss-Sekretär René Probst, der auf eine Karriere als Schiedsrichter in der Handball-Bundesliga zurückblicken kann.
Internet
Weitere Informationen über die Aufgaben des Sportausschusses:
www.bundestag.de/gremien/a5/a5_a.html
Informationen über die Mitglieder: