REGIERUNGSENTWURF ZUM MASSSTÄBEGESETZ
Länder lehnen Eichels Vorlage ab und sind sich untereinander nicht einig
(fi) Der Bundesrat hält den Entwurf der Bundesregierung für ein "Maßstäbegesetz" ( 14/5951) für nicht zustimmungsfähig. Dies geht aus seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf "über verfassungskonkretisierende allgemeine Maßstäbe für die Verteilung des Umsatzsteueraufkommens, für den Finanzausgleich unter den Ländern sowie für die Gewährung von Bundesergänzungszuweisungen" hervor, den der Bundestag am 10. Mai zur Beratung an den Sonderausschuss "Maßstäbegesetz/Finanzausgleichsgesetz" überwiesen hat. Ziel des Entwurfs ist es den Angaben zufolge, Maßstäbe für das Steuerverteilungs- und Ausgleichssystem im Bundesstaat zu schaffen.
Damit soll ein Auftrag des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999 erfüllt werden. Darin habe das Gericht festgestellt, so die Regierung, dass das geltende Finanzausgleichsgesetz die im Grundgesetz vorgesehenen Maßstäbe für die Ausgestaltung der Finanzverfassung nicht hinreichend deutlich bestimmt und deshalb nur als Übergangsrecht anwendbar sei. Das Gericht habe ausgeführt, dem Auftrag der Verfassung genüge nur ein Gesetz, das sich nicht auf die Regelung von Verteilungs- und Ausgleichsfolgen beschränkt, sondern Zuteilungs- und Ausgleichsmaßstäbe benennt. Diese Maßstäbe sollen laut Regierung die Basis für das künftige Finanzausgleichsgesetz sein, das bis 2005 verabschiedet werden muss.
Handlungsfähigkeit sichern
Der Entwurf benennt zunächst die Maßstäbe für die vertikale Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern und legt anschließend die Kriterien für die Vergabe von Ergänzungsanteilen bei der horizontalen Umsatzsteuerverteilung fest. Ferner bildet er die Maßstäbe für den Finanzausgleich unter den Ländern, aus denen die Ausgleichsansprüche und -verbindlichkeiten im Finanzausgleichsgesetz abgeleitet werden können. Schließlich sind die Maßstäbe für die Vergabe von allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen und Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen definiert.
Wie aus der Stellungnahme des Bundesrats hervorgeht, verlangen die elf Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein eine Lösung, bei der die politische Eigenständigkeit und finanzielle Handlungsfähigkeit aller Länder gesichert werden. Ebenso seien das "Nivellierungsverbot" und das Verbot der Änderung der Finanzkraftreihenfolge zu garantieren.
Kritisiert wird, dass der Regierungsentwurf keine ausreichend konkrete Beurteilung erlaube, ob und inwieweit bei der Umsetzung der Maßstäbe in einem künftigen Finanzausgleichsgesetz das Ziel einer aufgabengerechten Finanzausstattung erreicht werden kann.
Die generelle Befristung von Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen und deren degressive Ausgestaltung sei nicht erforderlich. Ferner sollte an den Ergänzungsanteilen für die steuerkraftschwächsten Länder festgehalten werden. Finanzkraft und Finanzbedarf der Gemeinden sollten präziser als bisher berücksichtigt werden.
"Abschlag" verlangt
Die Geberländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen treten dafür ein, die Position der Kommunen durch einen "Autonomieabschlag" auf die kommunale Finanzkraft zu berücksichtigen, während der Regierungsentwurf die hundertprozentige Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft vorsieht. Thüringen wiederum hält es für "unverantwortlich und letztlich kontraproduktiv", die Bundesergänzungszuweisungen zu kürzen.
Die Regierung erwartet in ihrer Gegenäußerung ( 14/5971), dass dennoch ein Kompromiss möglich ist. Vor allem werde die Höhe der Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft auch für den Bund Gegenstand weiterer Prüfungen sein. Nach Auffassung der Regierung sollen das Maßstäbegesetz, das Finanzausgleichsgesetz und der Solidarpakt II zu Gunsten des Aufbaus in den neuen Ländern noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden.
"Einseitige Forderungen"
Zur Kritik der Länder an den Regelungen zur vertikalen Umsatzsteuerverteilung erklärt die Regierung, die Forderungen der Länder seien einseitig an deren Interessen ausgerichtet. Zur Stellungnahme der elf Länder heißt es, deren Maßstäbekonzept negiere die vom Gericht geforderte "inhaltliche Vorherigkeit" der Maßstäbe.
Das Gericht weise dem Gesetzgeber eine Stufenfolge von Maßstabsbildung und Ableitung der Ausgleichsfolgen aus den Maßstäben zu. Wenn etwa die Einwohnerwertung für Stadtstaaten zahlenmäßig festgelegt werden solle, werde die vom Gericht geforderte Dauerhaftigkeit, vielfältige Anwendbarkeit und Distanz zum Einzelfall im Gesetz nicht erreicht.
Zur Stellungnahme der Geberländer erklärt die Regierung, ein pauschaler Autonomieabschlag auf die Gemeindefinanzkraft würde das verfügbare Finanzaufkommen vorab verringern und den neuen Ländern und ihren Gemeinden Finanzmittel vorenthalten. Damit würde verhindert, dass sich deren Finanzkraft an das Westniveau annähern kann.