GRUNDSATZGESPRÄCH ÜBER MEDIENBERICHTERSTATTUNG
Die Problematik einer zunehmenden Kommerzialisierung angesprochen
(ku) Nicht als Anhörung, sondern als öffentlich geführtes Grundsatzgespräch zwischen Politikern und Vertretern der öffentlich-rechtlichen Anstalten und des Privatfernsehens über die Zukunft und Grenzen der Berichterstattung wollte die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien, Monika Griefahn (SPD), die Sitzung am 9. Mai verstanden wissen.
Anstoß für die Diskussion seien nicht zuletzt die Verhandlungen über die Übertragungsrechte für die Fußball-Weltmeisterschaft gewesen. Dabei sei die Problematik zunehmender Kommerzialisierung sehr deutlich geworden. Die Einflussnahme der Bundespolitik gelte den Problemen der Digitalisierung und der Nutzung anderer Medien. Mit Blick auf die für die WM-Übertragungsrechte genannten Summen müsse man sich freilich fragen, so Griefahn, wann Zuschauer oder Fans bei der Kommerzialisierung auf der Strecke bleiben würden.
Der Ausschuss treffe mit dem Grundsatzgespräch über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks unter dem Aspekt der Kommerzialisierung zeitlich und inhaltlich genau auf den Punkt, erklärte Professor Dieter Stolte, Intendant des ZDF, den Abgeordneten und ergänzte, er habe die Verträge für die WM-Übertragungsrechte zur Einigung mit der Kirch-Gruppe unterschrieben dabei.
Eine neue Dimension erreicht
Mit der Bemerkung, er habe "zwar schon Vereinbarungen über höhere Summen unterzeichnet, aber noch nie einen Vertrag von solcher Tragweite" spielte Stolte darauf an, dass angesichts der Beträge, die heute gezahlt würden und durch die Digitalisierung, die eine Abgrenzung des ursprünglich offenen Fernseh-Mediums ermögliche, eine neue rechtliche und finanzielle Dimension erreicht sei.
Im Sport, so Stolte, gebe es keinen echten Markt mehr, sondern lediglich jeweils einen einzigen weltweiten Rechte-Inhaber gegenüber einer Vielzahl von Bietern der öffentlich-rechtlichen oder privaten Sender. Das sei beim Fußball so, bei der Formel 1 oder beim Tennis. Bei Verhandlungen gehe es fast nur noch um kontinentale oder globale Übertragungsrechte, die anschließend zwischen den interessierten Sendestationen geregelt werden müssten, um Überschneidungen mit Konkurrenten zu vermeiden.
Thema des Jahrhunderts
Angesichts des von ihm vertretenen "Free-TV-Rechtes" für Zuschauer in Deutschland und für den freien Informationsfluss im Rahmen des Territorialprinzips würden die Problematik der digitalen Zukunft und die Konflikte mit kommerziellen Anbietern im HinblicH auf unterschiedliche Nutzungsebenen das Thema des Jahrhunderts sein.
Angekündigt habe sich das bereits nach dem Mauerfall, als man festgestellt habe, dass man wohl die Ausstrahlungsrechte für die alten deutschen Bundesländer habe, nicht aber für die neuen.
Professor Peter Voss, Intendant des Südwestrundfunks, ergänzte, man habe die Verhandlungen über ein Volumen von 125 Millionen bzw. 225 Millionen DM mit der Option für 2006 schon deshalb führen müssen, weil es sich um die Wahrnehmung von Rechten gehandelt habe, die den öffentlich-rechtlichen Anstalten seinerzeit von den gesetzlichen Vertretern zugesprochen worden seien. Hätte man es nicht getan, würde man spätestens 2006 gefragt werden, warum man diese Rechte nicht wahrgenommen habe.
Dieter Hahn, stellvertretender Geschäftsführer der Kirch-Gruppe, sagte, Spitzensport sei heute hochbezahltes Entertainment. Es müsse realisiert werden, dass bei einem UEFA-Cup-Spiel zwei Mannschaften mit einem Jahreseinkommen von etwa 150 Millionen DM uf dem Platz stünden. Für die Fußball-WM seien allein an Übertragungsrechten 1,5 Milliarden DM fällig, ohne technische Kosten.
Im Grunde, so Hahn, gehe es um Kommerzialisierung und Digitalisierung. Während die Kommerzialisierung mit der Gebührenerhebung der öffentlich-rechtlichen Anstalten vergleichbar sei, treffe die Digitalisierung alle Beteiligten. Territoriale Exklusivität öffentlich-rechtlicher Anstalten mit einem "free flow" an Information führe dann zu Konflikten, wenn der Veranstaltungswert dadurch in einem Nachbarland für den dortigen kommerziellen Anbieter reduziert werde.
Digitale Regelung ist überfällig
Unabhängig vom aktuellen Anlass sei die Regelung der digitalen Infrastruktur dringend notwendig.
Gerhard Zeiler, Geschäftsführer der RTL-Television, begrüßte die jetzt erzielte Regelung, betonte aber, ein "von Gott gegebenes Recht für Übertragung durch öffentlich-rechtliche Anstalten" sehe er nicht. Die "Free-TV-Szene" in Deutschland sei die vielschichtigste in ganz Europa. Hier gebe es 32 Senderanstalten, während es in Großbritannien fünf und in Spanien sieben Anbieter gebe. Inhaltlich hätten sich aber Vorbehalte gegenüber dem Pay-TV nicht bewahrheitet. So liege der Anteil der Informationssendungen bei RTL bei 25,7 Prozent und bei 5,8 Prozent für reine Nachrichten. Im Bildungsbereich könne RTL zehn Millionen Zuseher vorweisen. Nicht nur hier habe sich damit der Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern verringert.