DISKUSSION IM UMWELTAUSSCHUSS
Ein neues "Ranking" für die Sicherheit von Atomkraftwerken gefordert
(um) Die Notwendigkeit eines neuen "Rankings", einer klaren Rangfolge der Sicherheitsmaßnahmen für Atomkraftwerke (AKW), hat die SPD am 17. Oktober im Umweltausschuss nach dem Bericht der Regierung über den Stand der Erkenntnisse und Untersuchungen zur Sicherung von Atomkraftwerken gegen terroristische Anschläge gefordert.
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Beispiel Biblis:
gefährdetes Ziel auf grüner Wiese. |
Die Regierung hatte dazu dargelegt, das Umweltministerium habe die aktuellen Empfehlungen bereits ins Internet gestellt. Diese seien dort unter der Adresse http://www.bmu.de/files/temelin_uvp_gesamt16.pdf veröffentlicht.
Nach Stellungnahmen von Experten müsse bei einem Attentat mit einer weitaus höheren Aufprallgeschwindigkeit eines Flugzeugs gerechnet werden als früher. Bisher sei eine Unfall-Aufprallgeschwindigkeit von etwa 470 Stundenkilometer zu Grunde gelegt worden, während bei einem Attentat mit 750 Stundenkilometer gerechnet werden müsse.
Sicherheit für Kernkraftwerke neu definieren
Nach den Erfahrungen vom 11. September müsse unter anderem auch die bei einer Explosion vorhandene Treibstoffmenge von bisher 5 Tonnen Kerosin auf 100 Tonnen Kerosin revidiert werden. Zuverlässige Angaben über notwendige Schritte seien erst nach weiteren Sicherheitsanalysen möglich. Dies gelte auch für die von der SPD angesprochene Verbesserung von Zwischenlagern hinsichtlich des Standortes als auch des technischen Schutzes.
Kein zweites Tschernobyl mit deutschen AKW möglich
Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, die vom Bundesumweltminister dargestellte Gefahr einer unkontrollierten atomaren Kettenreaktion sei nach Rückfrage bei anerkannten Experten "nicht auszumachen". Ein zweites Tschernobyl sei, so die Union, nach Ansicht der Experten mit deutschen Leichtwasser-AKW nicht möglich. Zudem fokussiere das Umweltministerium die Sicherheitsfrage zu sehr auf Atomkraftwerke. Es gebe in einem Industriestaat wie Deutschland eine ganze Reihe von Industriekomplexen, bei denen die Gefahr eines Attentates ebenfalls erhebliche Schadenwirkung auch für die Bevölkerung verursachen könne.
Bündnis 90/Die Grünen sprachen von einem "Verdrängungsprozess" der CDU/CSU in dieser Frage, was zu Empörung bei der Unionsfraktion führte. Die Bündnisgrünen betonten, hundertprozentig klar sei nur, dass es keine absolute Sicherheit gebe und ein Schadensfall bei AKW in jedem Fall viel größer sei als in anderen Bereichen. Sie verwiesen darauf, dass bereits die jüngsten Vorfälle gezeigt hätten, dass es nicht nur um technische Fragen oder die Schaffung zusätzlichen Schutzes durch aussenstehende Bereiche wie etwa Flugsicherung gehen könne, sondern auch die Schulung der AKW-Mitarbeiter für eine angemessene Reaktion auf Probleme sichergestellt werden müsse.
Begriff eines sicheren Lagers für Brennelemente erläutern
Die FDP fragte nach Einschätzungen und Maßnahmen in den EU-Nachbarländern und wollte außerdem wissen, wie ein geforderter Transport von Brennelementen in "sicherere" Lager zu verstehen sei und welche Lager dies seien.
Die PDS wandte sich gegen die Darstellung, man habe sich früher auf Sicherheitsvorgaben geeinigt , weil Vorfälle der jetzt in Frage stehenden Dimension nicht vorstellbar gewesen seien. Sie habe jedoch schon viel früher auf solche Eventualitäten hingewiesen. Zu fragen wäre in diesem Zusammenhang auch, ob die Bundesregierung aus aktuellem Anlass bereit sei, das derzeitige Konzept zur Sicherung und zum Auslaufen von Atomkraftwerken erneut aufzuschnüren und eventuell zu revidieren.