Über Steuerreformen wird in diesen Tagen viel geredet. Da gibt es verschiedene Konzepte und Zahlen, und vor allem die Frage, wie das alles zu finanzieren ist. Die FDP hat schon auf mehreren Parteitagen die Forderung nach einer radikal vereinfachten Einkommenssteuer mit nur drei verschiedenen Sätzen, die Abschaffung der vielen Ausnahmetatbestände und Subventionen gefordert. Am Donnerstag hat ihre Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf "zur Einführung einer neuen Einkommenssteuer und zur Abschaffung der Gewerbesteuer" in den Bundestag eingebracht. Im Vorfeld war über diese Absicht schon viel gelästert worden: "Steuererklärung auf dem Bierdeckel" etwa, aber der Experte Hermann Otto Solms ließ sich nicht beirren. Die neue Steuererklärung passe auf ein DIN-A-4-Blatt, erläuterte er. Der Steuerdschungel sei ein absurdes System, dem sich der Bürger entziehe. Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung würden als Kavaliersdelikte angesehen. "Dieses Steuerrecht ist nicht reformierbar. Es muss abgeschafft werden," meinte Solms. Es müsse Schluss sein mit Ankündigungen von Steuersenkungen, die immer zu Steuererhöhungen geführt hätten. Es müsse ein einfaches, für jedermann verständliches Steuerrecht her. Die FDP habe sich strikt an die Grundprinzipien des Grundgesetzes gehalten, deshalb Stufentarif, Vertrauensschutz, Gleichheitsgrundsatz und Neutralität des Steuerrechts. Und: "Eine solche Steuerreform muss mit einer Steuerentlastung verbunden sein, weil sonst die Bürger die bisherigen Vorteile verlieren, die Zeche bezahlen müssten." Die FDP betrachtet den Entwurf als Diskussionsangebot an alle Parteien.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) fand einiges an dem Entwurf als diskussionswürdig, so der Abbau von Steuervergünstigungen und die Besteuerung der Alterseinkünfte. Eichel forderte die CDU/CSU-Fraktion auf, ebenfalls einen Gesetzentwurf vorzulegen und machte ein Fragezeichen hinter dem Problem, dass auf der Einnahmeseite des Staates ein großes Loch entstehe. Auch bedeute das Stufensystem für die Bezieher niedrigerer Einkommen eine Steuererhöhung, während beim Spitzensteuersatz von 35 Prozent für Spitzenverdiener eine Entlastung erfolge. Deutschland habe die niedrigste Steuerquote in der EU, weitere Ausfälle könnten zur Zeit nicht das Thema sein: "Man muss über die Lösung der Probleme in der Struktur nachdenken." Zumal durch die Verpflichtung im europäischen Stabilitätspakt, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, das strukturelle Defizit verringert werden muss. Man sage Ja zu einer Debatte, die zu einem vereinfachten Steuerrecht führt, aber Nein zu einer Diskussion, die zu weiteren Einnahmeausfällen und sozialen Ungerechtigkeiten führt.
Wenn man darin übereinstimmt, das das deutsche Steuerrecht dringend vereinfacht werden muss, dann muss eine grundlegende Steuerstrukturreform vorgelegt werden, erklärte für die CDU/CSU der Abgeordnete Michael Meister. Willensbekundungen reichten nicht mehr aus, der Bundesfinanzminister sei gefordert. Für die Union stehe nicht das Thema Entlastung im Vordergrund, sondern Transparenz, Einfachheit und Vertrauensbildung in der Steuergesetzgebung. Sieben Steuergesetze habe der Minister allein im letzten Jahr vorgelegt, aber dies habe nicht der Vereinfachung, sondern der Stopfung von Haushaltslöchern gedient. Das Einkommensteuerrecht müsse komplett neu verfasst werden. Die Union werde sich mit einer eigenen parlamentarischen Initiative an der Debatte beteiligen.
Aus Sicht der Bündnisgrünen habe die FDP ein beträchtliches Glaubwürdigkeitsproblem, meinte die Abgeordnete Christine Scheel. So seinen in allen Ländern, in denen die FDP mitregiert, die Subventionen permanent angehoben worden Auch Frau Scheel sprach die zu erwartenden hohen Steuerausfälle und damit dfas Problem der Finanzierung an. Darauf würden die Bürger nicht reinfallen.