"Die Sonne, die Sonne und Du, gehören dazu", sang Udo Jürgens. Mit "Du" war aber nicht eine Blondine aus Udos Fanclub gemeint, sondern der Deutschen liebster Freund beziehungsweise Feind zur Sommerszeit: der Grill!
Spätestens wenn die Duftschwaden in ihrer archaischen Mischung aus Thüringern und Frankfurtern, Nürnbergern und Hamburgern wieder allabendlich aus Nachbars Garten in die Nase steigen - akustisch begleitet durch lautstarkes "Hol mir mal 'ne Flasche Bier" -, drohen zwischen Flensburg und Oberammergau bürgerkriegsähnliche Zustände. Doch bevor republikweit deutsche Gerichte in die Kleinkriege um Geruchs- und Lärmbelästigung eingreifen müssen, soll diesen Sommer alles anders werden.
So prüft eine Arbeitsgruppe "Innere Sicherheit" der CDU und CSU einen möglichen Einsatz der Bundeswehr in den Krisenregionen rund um den heimischen Grill. Schnelle Eingreiftruppen könnten einer unter NATO-Kommando stehenden "Barbecue Force" (BFOR) wieder für Ruhe und Ordnung an Deutschlands Gartenzäunen sorgen.
Gegen diese Pläne regt sich allerdings Widerstand aus den Reihen der Koalition. "Ein solcher Einsatz wäre nur im Rahmen einer Blauhelm-Mission der Vereinten Nationen denkbar", war von Seiten der Grünen zu hören. Die SPD monierte, ein flächendeckender Einsatz der BFOR sei nicht vereinbar mit der geplanten Schließung weiterer Bundeswehrstandorte. Die FDP forderte: Schon jetzt könnten umgerüstete ABC-Spürpanzer übermäßig stinkende Holzkohle-Grills orten und schwelende Konflikte im Ansatz ersticken.
Die PDS wiederum lehnt eine militärische Intervention im Grill-Krieg kategorisch ab. Wenn überhaupt, wäre dies Aufgabe der OSZE. Diese könne dann mit Zustimmung aller Konfliktparteien zivile Beobachter-Teams entsenden.
Über einen völlig anderen Vorschlag beraten derzeit der Umwelt- und der Wirtschaftsminister. Nach deren Überlegungen könnte das Problem über den anstehenden Emissionshandel geregelt werden. Nicht-Griller könnten dann den Viel-Grillern ihre nicht genutzten Emissionsrechte verkaufen. Es kam jedoch zu einem handfesten Krach über die Schadstoff-Obergrenzen. Während Trittin eine deutliche Absenkung der jährlichen Emissionen erreichen will, befürchtet Clement "negative Impulse" für die Grill- und Holzkohle-Industrie. Nun will der Kanzler vermitteln und notfalls ein deftiges Machtwort zur Rettung des Koalitionsfriedens sprechen: "Holt mir mal 'ne Flasche Bier." Und dann 'ne Curry-Wurst. Alexander Weinlein