Der preußische Adler auf der Säule im Garten breitet seinen Flügel zum Abflug aus, doch seit 1871 hat er sich nicht von der Stelle bewegt. Dafür kommen die neuen Bewohner seines Reviers in der Perleberger Straße von weit her: aus Taschkent oder Buchara. Sie haben ihren eigenen Wappenvogel mitgebracht, einen mystischen Glücksbringer mit zwei Flügeln, der in Gold am Eingangsportal prangt. In dieser für Botschaften eher untypischen Gegend der Hauptstadt dient das Gelände heute der Republik Usbekistan als diplomatische Vertretung. Einst war das Quartier ein Komplex mit Kasernen dreier Regimenter und das Backsteingebäude ein Offizierskasino. Kaiser Wilhelm I. wohnte der Einweihung höchstpersönlich bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den das Gebäude unbeschadet überstanden hat, wurde es zum Tanzeta-blissement, dann zum Gartenrestaurant, zur Begegnungsstätte und verwahrloste nutzlos geworden in den 90er-Jahren. Die usbekische Regierung kaufte das Gebäude samt großem Garten 1999, im April 2001 wurde die Botschaft eingeweiht.
Hinter der Fassade aus gelben und roten Klinkersteinen erinnert an die Offiziere der deutsche Saal, der auch immer noch so heißt und das Flair kaiserlicher Pracht verströmt. Ein deutsch-usbekisches Architektenteam hat das Innere behutsam restauriert und teilweise nach dem Geschmack des Landes an der Seidenstraße ausgestaltet. Die Mischung aus orientalischen Ornamenten und preußischer Bautradition passt kurioserweise so gut zusammen, dass man glauben könnte, es hätte schon immer so ausgesehen. Diesen Eindruck gewinnt man bereits im Foyer mit seinen vier mächtigen Säulen und dem historischen Mosaik, an den Wänden hängen Bilder mit Motiven aus der bewegten usbekischen Geschichte. Der 300 Quadratmeter große Ballsaal, der erst 1934 angebaut wurde, ist mit seinem Marmorboden aus Usbekistan, seinen filigranen handgeschnitzten Ziermaserungen auf Gips und schweren Kristallleuchtern typisch usbekisch, aber auch wieder typisch Ballsaal.
Auch die anderen Repräsentationsräume sind dezent usbekisch umgestaltet, mit viel zartem Grün, mit Bildern, Stoffen und Lampen. Sie wirken freundlich und warm. Die Kassettendecke mit aufwändigem Stuck im deutschen Saal wurde von usbekischen Handwerkern vorbildlich restauriert, die ohnehin fast den gesamten Umbau geleistet haben. Wo einst Offiziere dinierten, sitzen heute Diplomaten am Konferenztisch, vom dem sie auf den usbekisch-deutschen Freundschaftsgarten blicken könen. Am nördlichen Rand überrascht ein hölzerner Pavillon im Stil einer Teestube.
Der Bürotrakt unter den Repräsentationsräumen ist schlicht gehalten. Dort gehen Botschaftsangehörige still ihrer Arbeit nach, gerade wird ein parlamentarischer Abend für Bundestagsabgeordnete vorbereitet. Vermutlich werden die Ereignisse von Andijon im Mai 2005 zur Sprache kommen, als das Militär Unruhen blutig beendete. Für die Diplomaten ein glattes internationales Parkett. Usbekistan sieht in Deutschland einen wichtigen Partner in Westeuropa und bezeichnet sein politisches und wirtschaftliches System als Vorbild. Die zentralasiatische Republik ist mit seinen 26 Millionen Einwohnern ein Land mit Potenzial aber auch mit Problemen, die die Auflösung der Sowjetunion und die Entwicklung zur unabhängigen Republik 1991 mit sich gebracht haben. Zu den geerbten Problemen, wie die Umweltschäden durch die Austrocknung des Aralsees, sind neue, wie der islamische Fundamentalismus, gekommen.
Das Land setzt laut dem 2. Botschaftssekretär, Makhmud Bobonazarov, auf die neue Generation, auf Bildung und Wissenschaft und die weitere Demokratisierung des Vielvölkerstaates. So gilt der 41-jährige Botschafter Bakhtiyar T. Gulyamov als Vertreter der jüngeren Generation. Mit dem ehemaligen Ballhaus Tiergarten hat er eine charaktervolle Botschaft, die Kulturen mischt und dabei Traditionen bewahrt.