Sport. Eine weitere Marktöffnung im Bereich der Sportwettenanbieter lehnen Experten aus dem Bereich der gesundheitlichen Aufklärung und der Suchtforschung ebenso wie Vertreter der Staatlichen Lotterieverwaltung und des Deutschen Sportbundes ab. Das wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung im Sportausschuss am 25. Januar deutlich. Die Grundlage der Anhörung bildete ein im April zu erwartendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in welchem über eine EU-Vorlage entschieden wird, die eine weitere Liberalisierung in dem Bereich der Sportwetten vorsieht.
Aus Sicht von Professor Gerhard Meyer vom Institut für Psychologie und Kognitionsforschung Bremen ist das Suchtgefährdungspotenzial bei Sportwetten sehr hoch. Im Vergleich zu sonstigen Glücksspielen sei die Ereignisfrequenz bei Sportwetten deutlich höher. Das euphorische Hoffen und Bangen auf den Sieg bestimmter Mannschaften wirke erregungssteigernd und gehe bei zusätzlichem Geldeinsatz mit dem Gefühl des Nervenkitzels einher. Erfolge bei Sportwetten vermittelten außerdem Gefühle der Selbstbestätigung, da sie der eigenen Kompetenz zugeschrieben würden. Eine Ausweitung des Wettbewerbs unter Sportwettenanbietern stehe daher im Widerspruch zur Suchtprävention, sagte Meyer und kritisierte den fehlenden Spielerschutz.
Alle Arten von Wetten, so Sabine Miriam Grüsser Sinopoli von der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin, hätten ein Suchtpotenzial in sich. Das gelte auch für Sportwetten, die dennoch nicht so konsequent in die Sucht führen würden wie Automatenspiele. Allerdings, so räumte sie ein, fehle es an Studien auf diesem Gebiet, da die Suchtprävention für Sportwetter erst am Anfang stehe. Wichtigster Punkt aller Überlegungen dabei sei der Jugendschutz, betonte sie.
Für eine Regulierung des bestehenden Glücksspielmarktes sprach sich Ilona Füchtenschnieder vom Fachverband Glücksspielsucht aus. Gesetzliche Vorgaben seien nötig, da die freiwilligen Beschränkungen der Wettanbieter nicht den gewünschten Erfolg brächten. Wer den Wettspielmarkt weiter liberalisieren wolle, müsse auch mit den negativen Folgen leben. Man könne Sportwetten nicht verbieten, sagte Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung, und bezeichnete die staatliche Kontrolle des Wettmarktes als "sinnvoll". Mit der Oddset-Wette habe man den geeigneten Weg gefunden, den Spielbetrieb zu ordnen. Eine auf 55 Prozent beschränkte Ausschüttungssumme sowie ordnungsgemäße Spielabläufe und ausgewogene Quoten seien Mittel, der Suchtgefährdung vorzubeugen, so Horak. Elisabeth Pott von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln kritisierte die fehlenden Präventionsangebote für Sportwetter. Benötigt werde ein Hilfesystem aus schriftlichen Materialien, telefonischen Beratungsangeboten und internetbasierten Selbsthilfeprogrammen. Außerdem forderte sie die konsequentere Einhaltung des Jugendschutzes.
Der Generalsekretär des Deutschen Sportbundes, Andreas Eichler, sieht den Sport als Verursacher wie auch als Nutznießer der Sportwetten. Insbesondere der Breitensport profitiere durch die Glücksspielerlöse und gewährleiste damit seine gesellschaftlich integrative Funktion. Die derzeitigen ordnungspolitischen Regelungen seien durchaus angemessen und müssten beibehalten werden, so Eichler. Er forderte: "Hände weg von der generellen Marktfreigabe!"