Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), Marianne Birthler, ist in die Kritik geraten. Ihr wird vorgeworfen, sie habe den Forschungsbericht zu den so genannten "Rosenholz"-Akten seit April 2005 zurückgehalten und eine entsprechende Forschungsgruppe aufgelöst, um ihre eigene Wiederwahl nicht zu gefährden.
In den "Rosenholz"-Akten sollen 43 Namen von Abgeordneten des 6. Deutschen Bundestages - 1969 bis 1972 - genannt sein, die angeblich Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren oder von der Stasi abgeschöpft wurden. Birthler bezeichnete die gegen sie erhobenen Vorwürfe, sie versschleppe die Aufklärung, als "absurd". Laut Stasi-Unterlagengesetz dürfe ihre Behörde "nicht in eigener Regie systematische Überprüfungen von Personen und Gremien" vornehmen. "Die zweifellos interessante Frage, wer im Westen für die Stasi gearbeitet habe, sei somit nicht Gegenstand der Untersuchung", verteidigt sich Marianne Birthler in der "FAZ".
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat Birthler in einem Schreiben vom 26. Juni aufgefordert, ihn über den "Status dieses Berichts, Ihre Absichten zu seiner Veröffentlichung und zur weiteren Handhabung der ,Rosenholz'-Unterlagen" zu unterrichten. Für den Deutschen Bundestag besteht die besondere Brisanz darin, dass die Stasi-Ermittlungen in den Rosenholz-Akten sich gegen westdeutsche Politiker gerichtet haben und somit eine "Unterwanderung" des 6. Deutschen Bundestags unterstellt werden könnte. Dieser Interpretation, die in verschiedenen Presseberichten aufgetaucht ist, tritt die Bundesbeauftragte entgegen: "Ohne einer endgültigen Klärung vorgreifen zu wollen, gehen die Wissenschaftler der BStU gegenwärtig davon aus, dass von diesen 43 "IMA" im 6. Deutschen Bundestag drei Personen als IM wissentlich und willentlich für das MfS gearbeitet haben." Gleichwohl hat auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) "umgehend um eine detaillierte Stellungnahme gebeten" und in der Tageszeitung "Die Welt" angekündigt, dass Birthler im Kulturausschuss "Rede und Antwort" stehen müsse. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die ebenfalls für Klärung eintritt, erklärte dieser Zeitung: "Es ist für das Selbstverständnis und für die heutige Arbeit des Bundestags wichtig, sich seiner gesamten Geschichte bewusst zu sein." Gleichzeitig warnt sie auch vor ungesicherten Veröffentlichungen. Wörtlich hob sie hervor: "Es gibt in diesem sensiblen Bereich der Stasi-Vergangenheitsbewältigung nichts Schlimmeres, als mit Halbwahrheiten an die Öffentlichkeit zu gehen."