Die Regierung macht die Schotten dicht", empört sich der Grüne Hans-Christian Ströbele, um medientaugliche Pointierungen nie verlegen. Auch Wolfgang Nescovic von der Linkspartei schlägt in diese Kerbe: Mit seiner Geheimhaltungstaktik wolle das Kanzleramt "Einfluss auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses nehmen". Max Stadler von der FDP beschwört die Gefahr, dass dieses Gremium "größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen muss". Auf den Protest der Opposition stößt die Entscheidung von CDU und SPD, zwei zum Zeitpunkt der widerrechtlichen Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled El-Masri durch die CIA beim Jahreswechsel 2003/2004 in Mazedonien tätige BND-Mitarbeiter hinter verschlossenen Türen zu vernehmen.
Der Untersuchungsausschuss, der unter anderem die eventuelle Mitwisserschaft oder Mitwirkung deutscher Geheimdienste an El-Masris Entführung recherchieren soll, hat seinen ersten Krach. Nescovic und Ströbele planen bereits den Gang bis zum Verfassungsgericht, um mit einer Klage in diesem konkreten Fall generell mehr öffentliche Transparenz durchzusetzen. SPD-Obmann Thomas Oppermann fände eine rechtliche Klärung dieses Problems "sicher interessant". Wie der Vorsitzende Siegfried Kauder begründen der SPD-Parlamentarier und CDU-Obmann Hermann Gröhe den Ausschluss der Öffentlichkeit gemäß der begrenzten Aussagegenehmigung für die BND-Leute mit der Erfordernis, Sicherheitsbelange zu wahren und die Pullacher Bediensteten persönlich zu schützen. Operativ eingesetzte Mitarbeiter dürften nicht enttarnt werden, sagt Gröhe. Andernfalls wäre "der BND kein Geheimdienst mehr", so Oppermann.
Nun will die Opposition die Identität dieser Zeugen keineswegs lüften: FDP, Linkspartei und Grüne denken an deren verdeckte Anhörung. Nescovic plädiert für eine "Maskerade" der BND-Vertreter im Tagungsraum. Stadler schlägt deren Befragung per Videoübertragung in einem anderen Zimmer vor. Ströbele bringt den "Frankfurter Schrank" ins Spiel, der sei bei Gerichten "tägliches Handwerk": Zeugen werden durch einen Sichtschutz so abgeschirmt, dass sie nicht mehr erkennbar sind.
So sehr dieser Streit prinzipielle Fragen berührt, so paradox mutet dieser Konflikt bei einem als Harald Cordes firmierenden BND-Techniker an: Er hatte jüngst erklärt, zu Jahresbeginn 2004 in Mazedonien von El-Masris Verhaftung erfahren, dies aber intern nicht weitergegeben zu haben. Wegen möglicher straf- oder disziplinarrechtlicher Ermittlungen aufgrund dieses Verhaltens verweigert Cordes in nichtöffentlicher Sitzung die Aussage. Laut Kauder akzeptiert der Ausschuss diese Begründung nicht, verschiebt aber dessen Vernehmung. Man hofft, dass dieses Problem bald gelöst sein wird.
Angesichts all dieses Wirbels rückt der einzige öffentliche Zeugenauftritt fast in den Hintergrund. Irene Hinrichsen, während El-Masris Verschleppung Botschafterin in Skopje, erläutert, erst August 2004 etwas von diesen Vorgängen mitbekommen zu haben. Jedoch hat ein in Mazedonien eingesetzter Telekom-Manager berichtet, zu Jahresbeginn 2004 die Botschaft über die Festnahme eines Deutschen per Telefon unterrichtet zu haben. Hinrichsen: "Dieser Vorgang sagt mir nichts." Nun ist laut ihren Angaben die Telefonzentrale stets mit Frauen besetzt. Der Zeuge will freilich mit einem Mann gesprochen haben, der ihm mitgeteilt habe, die Verhaftung sei bekannt. Ob er mit einem anderen Botschaftsmitarbeiter oder mit dem BND-Residenten P. M. verbunden war? P. M. wird am Abend vom Ausschuss vernommen - hinter verschlossenen Türen.