Jahrelang wurde Perfluoroctansulfonat (PFOS) zur Beschichtung von Textilien oder Verpackungen eingesetzt. Erst später erkannte man, dass die wasserabweisenden PFOS weder im menschlichen Körper noch in der Umwelt abgebaut werden. Da sie in höheren Konzentrationen krebserregend sind und das Erbgut schädigen können, sollen sie jetzt verboten werden.
Die PFOS gehören zur Gruppe der perfluorierten Tenside (PFT), die in den vergangenen Monaten in erhöhter Konzentration in Rhein und Ruhr aufgetaucht waren. Ursache war die Verwendung von so genanntem Bioabfall als Dünger am Oberlauf der Ruhr, der mit PFT verseucht war und vermutlich aus Belgien stammte. Die betroffenen Gemeinden empfahlen ihren Bürgern, Trinkwasser vorübergehend nicht mehr für die Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern zu verwenden. Inzwischen wird das Trinkwasser durch eine kostenträchtige Aufbereitung von PFT gereinigt. Die langfristigen Folgen des Umweltskandals können damit aber nicht mehr ganz aus der Welt geschafft werden. In den Fischen der Ruhr, ihren Zuflüssen und im Unterlauf des Rheins wird weiter eine erhöhte Konzentration von PFT festgestellt, sodass die Behörden Einschränkungen beim Verzehr empfehlen.
Bereits vorher hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, ein weitgehendes Verbot von PFOS in der EU zu verhängen. Der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament hatten sich Anfang Oktober darauf verständigt, diesen Vorschlag zu verschärfen. Der Kompromiss ist am 25. Oktober mit großer Mehrheit vom Parlament beschlossen worden. Der Ministerrat wird das Verbot voraussichtlich noch in diesem Jahr billigen. Die Industriegesellschaft müsse zwar mit bestimmten Risiken leben, sagte Industriekommissar Günter Verheugen in der Debatte des Parlamentes, "Investitionen oder Arbeitsplätze können jedoch die Verwendung toxischer Substanzen nicht rechtfertigen. Mensch und Umwelt müssen vor vermeidbaren Risiken geschützt werden." Bei der in Nordrhein-Westfalen festgestellten Verunreinigung des Trinkwassers handele es sich jedoch um einen klaren Fall von Umweltkriminalität, der durch Richtlinien nicht verhindert werden könne.
Nach Ansicht des Abgeordneten Peter Liese (CDU) besteht zwar kein Anlass zur Panik. "Das Verbot gefährlicher PFOS ist aber ein wichtiger Schritt im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes." Das Parlament habe sich deswegen dafür ausgesprochen, den von der Kommission vorgeschlagenen Grenzwert von 0,1Prozent auf 0,005 Prozent zu senken. Außerdem soll die Verwendung von PFOS in Feuerlöschmitteln und dekorativer Verchromung nach einer Übergangszeit verboten werden. Nur wenn die Verchromung aus technischen Gründen erforderlich ist, darf PFOS weiter eingesetzt werden. Dasselbe gilt für die Verwendung in der Chipherstellung und anderen Hochtechnologiebereichen, wo PFOS vorerst unverzichtbar ist. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes wollte auch die verwandten Perfluoroc- tansäuren (PFOA) verbieten, konnte sich damit aber nicht im Ministerrat durchsetzen. Eine seriöse Risikobewertung für die PFOA liege zurzeit nicht vor, sagte Verheugen in Straßburg. Das Problem werde zurzeit von der OECD untersucht. Kommission und Parlament sind sich jedoch einig, dass die PFOA nach der Verabschiedung der Chemierichtlinie "Reach" vordringlich einer Risikobewertung unterzogen werden sollen.