Roderich Reifenrath muss ein mutiger Mann sein. Nicht nur weil
er mehr als acht Jahre lang Chefredakteur der krisengebeutelten
"Frankfurter Rundschau" war, sondern weil er mit der
überarbeiteten Neuauflage seines Werkes "Die Blattmacher"
einen Parforceritt durch den deutschen Journalismus versucht. Auf
leserfreundlichen 250 Seiten galoppiert Reifenrath durch Stilformen
und journalistische Gepflogenheiten, streift Presserecht und
-skandale, reißt das Thema Medienethik ebenso an wie die
Verantwortung der Journalisten "als vierte Gewalt". "Die
Blattmacher. Aus der Praxis der Journalisten" wird damit zu einem
Sammelsurium von Ideen, Regeln, Einschätzungen und
Auflistungen, das in Kurzatmigkeit verharrt. Mit Kapiteln wie
"Nähe und Distanz", "Die Krise", "Pressefreiheit", "Das
Handwerk" oder "Ratschläge - Ansichten" pendelt der Autor
stets zwischen Lehrbuch, Essay, Kodex und Stilbibel hin und her,
ohne dass sich eine klare Struktur erkennen lässt. Auch wenn
sich der Autor ausweislich des Vorwortes an Berufsanfänger und
Zeitung lesende Laien wendet, für die es richtigerweise einer
anderen Herangehensweise bedarf als bei einem Kompendium für
Journalisten, bleibt vieles zu schemenhafte oder gar
fragmentarisch. Positiv formuliert kann man "Die Blattmacher" aber
getrost auch als Kramladen-Buch bezeichnen: Mit etwas Stöbern
findet hier jeder etwas - wenn auch nichts wirklich Wertvolles so
doch zumindest einiges Nützliches.
Erhellendes bietet beispielsweise das im Verhältnis zu
anderen Abschnitten umfangreiche Kapitel zur Pressefreiheit.
Reifenrath hat dort sowohl Grundlagen als auch die wichtigsten
Urteile der vergangenen Jahre zusammengetragen. Mit dem ebenfalls
umfangreichen und praktischen Glossar hilft der Autor bei der
Orientierung im medialen wie politisch-wirtschaftlichen
Fachjargon.
Bei aller Unaufgeräumtheit die größte
Verwirrung stiftet allerdings der plakative Titel. Er lockt den
Leser - ob fahrlässig oder zur Steigerung der Auflage sei
dahin gestellt - auf eine falsche Fährte: In "Die Blattmacher"
geht es nicht auf einer Seite um die, die die Blätter machen.
Der Titel täuscht den Leser! Und genau das sollte ein
Journalist nicht tun - nicht in der Zeitung und nicht wenn er ein
Buch schreibt. Denn sonst ist es bald um die Glaubwürdigkeit
der Journalisten geschehen.
Roderich Reifenrath:
Die Blattmacher
Parthas Verlag,
Berlin 2006;
253 S., 19,80 €