Familie
Das Elterngeld lässt den Etat kräftig wachsen
Von allen Ministerinnen und Ministern hat sie sich den größten Zuwachs in Sachen Haushaltsmittel erstritten: Wenn der Bundestag dem Haushalt zustimmt, kann Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) im kommenden Jahr knapp 6,2 Milliarden Euro ausgeben. Das sind 945 Millionen Euro mehr als im laufenden Haushaltsjahr - eine Steigerung von 18 Prozent.
Über diesen Anstieg war die Ministerin bei der Debatte um den Familienhaushalt am 13. September sichtlich froh. Man habe "in Familie investiert" und werde dies auch weiter tun. Als bislang größten Erfolg wertet von der Leyen den dicksten Einzelposten in ihrem Etat: Mehr als 4 Milliarden Euro stehen für das Elterngeld zur Verfügung. Mit 200.000 bewilligten Anträgen auf das Elterngeld allein im ersten Halbjahr 2007 habe dies die Erwartungen erfüllt.
Besonders froh sei sie über die Tatsache, dass sich der Anteil der erziehenden Väter gesteigert habe: Hätten bisher etwa 3,5 Prozent der Väter Anträge auf Erziehungsgeld gestellt, habe sich der Anteil der Männer, die das Erziehungsgeld in Anspruch nehmen wollen, in den ersten vier Monaten dieses Jahres mit 8,5 Prozent mehr als verdoppelt. Als "positives Zeichen für das Thema Erziehung in Deutschland" sei dieser Trend zu werten, so die Ministerin. Dieser Trend spiegelt sich auch im Haushaltsentwurf in der Rubrik "gesetzliche Leistungen für die Familie": Der Posten für das Elterngeld hat sich von bislang 1,6 Milliarden fast verdreifacht. Demgegenüber sinken die Ausgaben für das Erziehungsgeld im nächsten Jahr um 1,47 Milliarden auf 470 Millionen.
Während das Elterngeld einhellig gelobt wurde, sorgten die Ausgaben, die ein diesem Haushaltsentwurf noch gar nicht vorkommen, einmal mehr für Streit. Von der Leyen kündigte an, den Kinderzuschlag von 140 Euro, den bislang 124.000 Familien in Anspruch nehmen und der im Haushaltsentwurf mit 150 Millionen Euro veranschlagt ist, auf 500.000 Empfänger auszuweiten. Mit Arbeitsminister Franz Münteferting (SPD) werde sie demnächst eine Vereinbarung dazu treffen. Die millionenfache Kinderarmut in Deutschland sei "eines der beschämendsten Probleme" - der Kinderzuschlag solle verhindern, dass Familien mit kleinem Einkommen oder vielen Kindern "nur weil sie Kinder haben, zu ALG-II-Empfängern werden".
Die Redner der Oppositionsfraktionen warfen von der Leyen vor, gegen dieses Problem bislang viel zu wenig unternommen zu haben. FDP-Familienpolitikerin Ina Lenke bezeichnete den Kinderzuschlag als "missglückt" und schlug von der Leyen vor, nach einem neuen Konzept zu suchen. Auch Diana Golze (Die Linke) fand harte Worte: Dass im Haushaltsplan vermerkt sei, die Weiterentwicklung des Kinderzuschlags konnte "wegen fehlender Etatreife nicht berücksichtigt werden", sei eine "politische Ohrfeige". Sie forderte eine den Bedürfnissen angepasste Grundsicherung für Kinder.
Spannungen innerhalb der Koalition wurden erneut beim Thema Betreuungsgeld deutlich. Die Ministerin kündigte zwar an, bald einen Nachtragshaushalt von insgesamt 4 Milliarden Euro vorlegen zu wollen, mit denen der Bund sich am Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige bis 2013 beteiligen werde und die aus zusätzlichen Steuereinnahmen finanziert werden sollen, verlor über das von der CSU geforderte Betreuungsgeld hingegen kein Wort. Sie wiederholte ihre Auffassung, es sei wichtig, dass Eltern sich darauf verlassen könnten, "dass sie Beruf und Kindererziehung miteinander vereinbaren können", mahnte jedoch: "Wir dürfen die Eltern nicht spalten." Sie schätze die Erziehung von Kindern zu Hause "in hohem Maße", plädiere aber dafür, "nicht eine Wahl gegen die andere" auszuspielen.
Obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nur einen Tag zuvor festgestellt hatte, der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige habe für sie Vorrang vor dem Betreuungsgeld, bekräftigte CSU-Familienpolitiker Johannes Singhammer, das Betreuungsgeld werde "zeitgleich mit dem Rechtsanspruch 2013 fixiert". Kinder zu Hause zu erziehen, habe "wenig mit Freizeit und Erholung zu tun, aber viel mit täglichem Stress und täglicher Arbeit"- Familien, die dies leisteten, bräuchten nicht nur Respekt und Schulterklopfen, sondern "sie brauchen auch Bares".
FDP und Grüne kritisierten diese Haltung. Britta Haßelmann (Grüne) appellierte an die Koalition: "Beenden Sie den Unfug mit dem Betreuungsgeld." Eine "Herdprämie" bleibe eine "Zuhausebleibprämie". Für die Liberalen wies Otto Fricke darauf hin, dass das Betreuungsgeld noch nicht vereinbart sei - die Union solle deshalb "einfach sagen, dass sie in dieser Beziehung rechtlich noch gar nichts erreicht hat". Auch vom Koalitionspartner gab es keine Unterstützung für das Projekt: Nicolette Kressl (SPD) betonte, die Politik dürfe kein bestimmtes Lebensmodell vorschreiben.
Auch ein weiterer Etatposten des Familienhaushalts blieb umstritten: Wie bereits in diesem Haushaltsjahr sind 19 Millionen Euro für "Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie" und 5 Millionen Euro für die Förderung von Beratungsnetzwerken vorgesehen - zu wenig in den Augen der Linksfraktion. Sie kritisierte auch, dass die Mittel für die Integration junger Zuwanderinnen und Zuwanderer von 66,2 auf 8 Millionen Euro sinken sollen.
Leicht sinken werden laut Entwurf auch die Ausgaben des Bundesamts für Zivildienst in Höhe von 58 Millionen Euro (2007: 59 Millionen Euro) und die allgemeinen Bewilligungen in Höhe von 369,8 Millionen Euro (377,5 Millionen Euro), aus denen unter anderem Maßnahmen zur Stärkung der Zivilgesellschaft finanziert werden.