140. Sitzung
Berlin, Freitag, den 25. Januar 2008
Beginn: 11.00 Uhr
* * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *
* * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *
* * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung zwei Mitteilungen: Der Kollege Norbert Königshofen feiert heute seinen 65. Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich dazu sehr herzlich und wünsche alles Gute.
Hinsichtlich unserer heutigen Tagesordnung mache ich darauf aufmerksam, dass die als letzter Punkt angekündigte Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP zurückgezogen worden ist und deshalb entfällt.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:
a) - Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
- Drucksache 16/7460 -
- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Rentenabschlagsverhinderungsgesetz)
- Drucksache 16/7459 -
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
- Drucksache 16/7866 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk
- Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 16/7869 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Carsten Schneider (Erfurt)
Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk
- Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 16/7870 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel
Carsten Schneider (Erfurt)
Otto Fricke
Dr. Gesine Lötzsch
Anja Hajduk
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dirk Niebel, Dr. Heinrich L. Kolb, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Beschäftigungschancen Älterer verbessern - Reformen der Agenda 2010 nicht zurücknehmen
- zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Arbeit statt Frühverrentung fördern
- zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Schneider (Saarbrücken), Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Beschäftigungssituation Älterer verbessern - Übergang vom Erwerbsleben in die Rente sozial gestalten
- Drucksachen 16/6644, 16/7003, 16/6929, 16/7866 -
Berichterstattung:
Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. Gibt es Widerspruch dagegen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Parlamentarischen Staatssekretär Franz Thönnes das Wort.
Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales:
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland ist so günstig wie lange nicht mehr. Die Arbeitslosigkeit ist in den letzten zwei Jahren um 1,2 Millionen zurückgegangen. Seit Dezember 2005, als wir noch bei 11,1 Prozent lagen, ist sie auf 8,1 Prozent im Dezember 2007 gesunken.
Zum ersten Mal seit langem kommt der Aufschwung auch den Menschen zugute, die auf dem Arbeitsmarkt schwerer vermittelbar sind. Das gilt gerade für die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. Die Fakten sind erfreulich. Die Zahl der älteren Arbeitslosen sank um 18 Prozent, um 192 000. Sie ist damit überdurchschnittlich gefallen. 35 Prozent Rückgang verzeichnen wir in den letzten beiden Jahren im Bereich der Langzeitarbeitslosen.
Auf der anderen Seite ist die Zahl der Erwerbstätigen im gleitenden Jahresdurchschnitt 2007 um 1,7 Prozent auf knapp 40 Millionen gestiegen. Die Steigerung der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten fällt mit einem Plus von 2,1 Prozent auf knapp 27 Millionen noch deutlicher aus. Das sind gut 500 000 Jobs mehr. Das sind gute Perspektiven für 500 000 Beschäftigte, ihre Familien und ihre Kinder in Deutschland.
Erfreulich ist auch der verbreitete Mentalitätswechsel. In vielen Betrieben werden das Fachwissen, die Erfahrungen, das Prozesswissen und die Kompetenzen der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder höher bewertet und geschätzt. Von März 2006 bis März 2007 hat sich die Zahl der über 50-jährigen Beschäftigten um 6,2 Prozent verbessert. 363 000 Beschäftigte über 50 Jahre sind hinzugekommen. Das sind 54 Prozent der insgesamt Hinzugekommenen. Das ist gut so; denn eine soziale Marktwirtschaft darf sich niemals damit abfinden, dass sich die Einstellung breitmacht: Mit 50 gehörst du zum alten Eisen. - Nein, die Älteren gehören dazu. Wir brauchen einen gesunden Mix zwischen Jung und Alt, zwischen den Generationen, um die Stärke unserer Volkswirtschaft bewahren zu können.
Dieser Entwicklung wollen wir weiteren Schwung geben. Wir wollen aber auch nicht vergessen, denjenigen zu helfen, die bei der beruflichen Wiedereingliederung nicht so schnell zum Zuge kommen. Mit dem Gesetz, das wir heute beschließen, erhalten ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deshalb länger Arbeitslosengeld und auch zusätzliche Unterstützung bei der Arbeitssuche.
Die Koalition hält Wort. Am 12. November des vergangenen Jahres haben wir uns darauf verständigt, die Höchstdauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld für Arbeitslose ab dem 50. Lebensjahr zu verlängern. Wir haben damals gleichzeitig beschlossen, dass Ältere bei der Arbeitssuche gezielt unterstützt werden sollen, dass wir sie aber auch verstärkt dazu anhalten, sich um Arbeitsplätze zu bemühen. Das setzen wir nun mit den vorliegenden Entwürfen zur Änderung der Gesetze um.
Wir verlängern die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in drei Stufen: 50-Jährige erhalten künftig bis zu 15 Monate, 55-Jährige bis zu 18 Monate und 58-Jährige bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld. Die Verlängerung betrifft erstens alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach der Verkündung dieses Gesetzes arbeitslos werden. Sie gilt zweitens rückwirkend aber auch für alle, die im Januar oder im Februar dieses Jahres - also vor der Verkündung des Gesetzes - arbeitslos geworden sind oder noch arbeitslos werden. Sie gilt drittens auch für jene, die im Januar oder Februar noch Arbeitslosengeld bezogen haben, deren Anspruch aber inzwischen oder in den nächsten Wochen nicht mehr besteht. Die Betroffenen werden rückwirkend auch dann Arbeitslosengeld erhalten, wenn sie inzwischen in den Bezug des Arbeitslosengeldes II wechseln mussten oder eine Altersrente bezogen haben. Deshalb das ganz klare Signal: Alle Arbeitslosen werden grundsätzlich so gestellt, als wäre das Gesetz bereits im letzten Jahr verabschiedet worden und zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten. Dies bringt mehr Sicherheit und Vertrauen, und es schafft auch mehr Gerechtigkeit.
Die Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld trägt der manchmal eben doch schwierigeren Integration älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt Rechnung. Kernziel unserer Politik bleibt weiterhin die Aktivierung von Arbeitslosen. Deswegen verbessern wir die berufliche Wiedereingliederung für Ältere mit dem vorliegenden Gesetz. Dem längeren Bezug von Arbeitslosengeld ist jetzt eine intensive Förderphase vorgeschaltet. Dabei sollen die Agenturen für Arbeit und die Arbeitsgemeinschaften gemeinsam mit den Betroffenen zunächst feststellen, welche Probleme einer erfolgreichen Vermittlung entgegenstehen und was mit zusätzlicher Förderung und Unterstützung gezielt getan werden kann, damit diese Betroffenen wieder in Arbeit kommen. Dazu gehört auch der neue Eingliederungsgutschein, um hier zu helfen und für Autonomie zu sorgen.
Nach zwölf Monaten erfolgloser Vermittlung haben ältere Arbeitslose künftig einen Rechtsanspruch darauf, dass die Agentur einen neuen Job im ersten Jahr mit 50 Prozent des förderfähigen Lohnes unterstützt. Ältere Arbeitslose können mit dieser Förderzusage, die ihre Chancen am Arbeitsmarkt spürbar verbessert, künftig selbst auf Arbeitgeber zugehen.
Natürlich können wir lediglich Anreize schaffen, um die Einstellung Älterer zu verbessern. Dies tun wir mit den Programmen der Weiterbildung und Integration; als Beispiel nenne ich unsere Initiative ?50-plus?. Wirksam werden können diese Maßnahmen allerdings nur dann, wenn die Bereitschaft der Arbeitgeber, das besondere Können und den Wissensschatz der Älteren wieder etwas höher anzusetzen, in dieser Gesellschaft zunimmt.
Diejenigen, die das heute schon tun, handeln im Übrigen nicht nur verantwortungsbewusst, sondern angesichts des demografischen Wandels und der Feststellung, dass jetzt schon in einigen Bereichen Facharbeitermangel zu verzeichnen ist, auch im eigenen Interesse, wenn sie Älteren mehr Chancen geben. Deswegen mein Appell an die Wirtschaft, an die Unternehmer und die Personalverantwortlichen: Fangen Sie jetzt damit an, denn die Zeit ist dafür günstig!
Meine Damen und Herren, der dritte Schwerpunkt des Gesetzes ist eine Nachfolgeregelung zur sogenannten 58er-Regelung, die am 31. Dezember des letzten Jahres ausgelaufen ist. Sie wissen, wer 58 Jahre alt war, konnte entscheiden, ob er noch an der Vermittlung teilnehmen will. Wenn nicht, konnte er noch so lange die Transferleistungen beziehen, bis er abschlagsfrei in Rente gehen konnte. Ohne eine Nachfolgeregelung wäre jeder Arbeitslosengeld-II-Bezieher, der einen Anspruch auf eine Altersrente mit Abschlägen hat, verpflichtet, diese in Anspruch zu nehmen. Dies entspricht dem Nachranggrundsatz aller Fürsorgeleistungen: Nur wer nicht selbst seine Existenz aus eigener Kraft gewährleisten kann und keinen Anspruch auf andere vorrangige Leistungen hat, kann die von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern erbrachte solidarische Leistung der staatlichen Fürsorge in Anspruch nehmen. Grundsätzlich ist auch eine eigene Altersrente mit Abschlägen eine vorrangige Leistung. Wäre die alte 58er-Regelung ersatzlos ausgelaufen, wäre deshalb jeder ältere Arbeitslose, der Anspruch auf eine Altersrente mit Abschlägen hat, auch darauf verwiesen worden. Dies verhindern wir mit der Neuregelung, die wir heute hier beschließen.
Nun gilt: Bezieher von Arbeitslosengeld II haben damit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres Zeit, wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und den Verweis auf eine Abschlagsrente zu vermeiden.
Darüber hinaus sollen auch besondere Härtefälle berücksichtigt werden. Durch Rechtsverordnung wird geregelt, in welchen besonderen Fällen man auch nach dem 63. Lebensjahr nicht verpflichtet ist, eine Abschlagsrente in Anspruch zu nehmen. Beispielsweise müssen wir uns mit denjenigen befassen, die einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen und ergänzend zu ihrem Erwerbseinkommen Arbeitslosengeld II beziehen.
Über die in der Verordnung zu regelnden Fälle hinaus haben die Träger auch weiterhin einen Ermessensspielraum, ob sie für Hilfebedürftige, die keine Rente beantragen, ersatzweise selbst einen Antrag stellen.
Über den Einfluss der Nachfolgeregelung auf die Arbeitslosenstatistik ist in diesen Tagen viel diskutiert worden, wenn auch nicht immer sehr sachkundig.
Fakt ist: Die statistische Erfassung der Arbeitslosigkeit älterer Menschen wird mit dem Auslaufen der 58er-Regelung verbessert.
Diejenigen, die nach dieser Regelung bislang nicht mitgezählt wurden, sind nun weitestgehend einbezogen. Nach der Neuregelung gelten im SGB II nur diejenigen nicht als arbeitslos, die der Arbeitsvermittlung faktisch nicht mehr zur Verfügung stehen. Dabei wird berücksichtigt, dass in einigen Bereichen Schwierigkeiten bei der Integration bestehen. Deswegen sollen diejenigen nicht mehr mitgezählt werden, die nach zwölf Monaten bei der Integration keinen Erfolg erzielt haben.
Das sollte nicht als Gleichgültigkeit gegenüber den Betroffenen verstanden werden; denn mit der Einfügung des Abs. 2 a in § 3 SGB II wird klar geregelt, dass erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, unverzüglich Angebote zur Vermittlung in Arbeit oder Arbeitsgelegenheiten zu unterbreiten sind.
Die Nachfolgeregelung zur bisherigen 58er-Regelung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2008 in Kraft. Dabei ist hervorzuheben, dass wir in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und durch Empfehlungen an die Optionskommunen sichergestellt haben, dass in der Übergangsphase bis zur Verabschiedung der Neuregelung kein Arbeitslosengeld-II-Bezieher in eine vorzeitige Altersrente mit Abschlägen verwiesen wird.
Abschließend ist festzustellen: Für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, bleibt unsere klare Orientierung: Wir wollen, dass Menschen in Arbeit kommen und die verbesserten Chancen am Arbeitsmarkt aktiv genutzt werden. Die neuen Regelungen bieten hier mehr Sicherheit und unterstützen die Integration in neue Arbeit.
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Dirk Niebel von der FDP-Fraktion.
Dirk Niebel (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben heute den Abschluss eines aus populistischen Gründen eingeleiteten ?Roll-Beck?. Es geht darum, die Chancen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt zu verschlechtern. Das muss so deutlich gesagt werden.
Vor dem Hintergrund der am Sonntag anstehenden Landtagswahlen haben sich Union und SPD Ende letzten Jahres in einem populistischen Wettkampf darauf geeinigt, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Chancen von älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert, die Beitragskassen der Bundesagentur für Arbeit belastet und im Ergebnis nicht einmal etwas bewirkt, weil die Bezugsdauer im Durchschnitt schon heute nicht erreicht wird.
Die Regelungen der sogenannten Agenda 2010 haben dazu geführt, dass bei der Arbeitslosenversicherung das Prinzip der Risikoversicherung wieder in den Mittelpunkt gerückt worden ist. Die Arbeitslosenversicherung ist deshalb eine zutiefst solidarische Versicherung, weil alle einzahlen, aber zum Glück nicht alle arbeitslos werden. Deswegen muss man das solidarische Ausgleichsprinzip der Risikoversicherung hochhalten. Es geht ebenso wie bei einer Gebäudeversicherung nicht darum, ob jemand zwei Monate oder 20 Jahre eingezahlt hat. Wenn ein Haus abbrennt, dann wird dem Versicherungsnehmer der Schaden ersetzt, und wenn es nicht abbrennt, dann hat er Glück gehabt.
Die Bundesregierung verkennt mit diesem Gesetz, dass durch die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes die Beschäftigungssituation Älterer deutlich besser geworden ist. Während noch 1998 nur 37,7 Prozent der über 55-Jährigen in Arbeit waren, waren Ende letzten Jahres 52 Prozent dieser Altersgruppe erwerbstätig. Die Beschäftigungschancen für Ältere sind durch die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes deutlich gestiegen. Darin sind sich alle Forschungsinstitute einig; erst heute hat das IAB dies festgestellt, obwohl es nicht gerade als FDP-nah gilt, weil wir seine Privatisierung fordern.
Das ist logisch; denn das Arbeitslosengeld I bemisst sich nach dem letzten Nettoeinkommen. Je länger man arbeitslos ist, desto weniger groß ist die Chance, noch einmal das letzte Nettoeinkommen zu erzielen. Es ist also folgerichtig, den Leistungsbezug möglichst bis zum Ende auszuschöpfen. Das führt im Ergebnis dazu, dass man noch weniger Chancen auf einen Arbeitsplatz hat.
Der Weg, den die Bundesregierung gehen müsste, ist, die Chancen auf einen Arbeitsplatz zu erhöhen. Es ist doch keine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ob jemand drei Monate länger Leistungen bezieht. Eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist es, ob jemand die Chance hat, ohne Leistungen vom Staat durch seiner eigenen Hände Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Der leider viel zu spät aus dem Amt geschiedene Staatssekretär Andres hat am 10. Oktober 2007 hier in diesem Haus in einer Aktuellen Stunde Folgendes deutlich gemacht - ich zitiere -:
Die durchschnittliche Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I beträgt bei den 50- bis 55-Jährigen im Durchschnitt rund sechs Monate?, bei den 55- bis 60-Jährigen rund sieben Monate und bei den 60- bis 65-Jährigen rund elf Monate.
Das bedeutet, dass schon heute im Durchschnitt die Bezugsdauer nicht ausgeschöpft werden muss. Das bedeutet in der Konsequenz: All das, was sich hier abspielt, ist nichts anderes als populistischer Wahlkampf von Union und SPD, um deren Wählergruppen zu bedienen.
Der ehemalige Superminister Wolfgang Clement - er hat nicht nur ganz aktuell einen Namensartikel geschrieben, sondern er schreibt schon längere Zeit - hat sich am 14. Oktober 2007 in der Welt am Sonntag über die Verlängerung des Bezuges von Arbeitslosengeld I geäußert. Er stellt die Frage, ob die Verlängerung Sinn mache, und beantwortet sie wie folgt: ?Nein, das ist sachlich falsch und politisch töricht.? - Recht hat Herr Clement, nicht nur bei dieser Aussage, sondern auch bei der neu gemachten Aussage.
Sie können doch nicht die Kritiker in Ihren eigenen Reihen, diejenigen, die in der Sache wirklich profunde Kenntnisse besitzen, auf Kosten der Menschen, um die es hier eigentlich gehen müsste, einfach zur Seite schieben. Wir müssen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung so weit senken, wie es irgend geht. Das bedeutet, dass man die Spielräume dazu nutzen muss, statt die Leistungen zu erhöhen. Deswegen könnten Sie statt der Ausweitung des Arbeitslosengeldes die Spielräume für Beitragssenkungen bis auf 3 Prozent mit dem Ergebnis besserer Chancen auf einen Arbeitsplatz und dem Ergebnis besserer staatlicher Finanzen ausnutzen; denn die Kassen werden nur von Menschen gefüllt, die Beiträge und Steuern zahlen. Diese Tatsache verlieren Sie mehr und mehr aus dem Blick.
Während aufgrund der anstehenden Finanzkrise in den Vereinigen Staaten die Steuern gesenkt werden, damit die Menschen mehr Netto vom Brutto haben, senkt die Bundesregierung ihre Wachstumserwartungen. Diese Politik nützt den Menschen gar nichts. Mit einer Politik, die den Menschen nützt, wird dafür gesorgt, dass sie mehr Netto vom Brutto haben. Aber seit diese Bundesregierung im Amt ist, macht sie durch ständiges Abkassieren durch Steuern und Abgaben genau das Gegenteil. Es reicht nicht, wenn die Bürger in diesem Jahr vielleicht mit 240 Euro entlastet werden. Dies muss man vor dem Hintergrund sehen, dass im letzten Jahr der durchschnittliche Verdiener mit 1 600 Euro mehr belastet worden ist. Daher sagen die Menschen völlig zu Recht: Wir haben keine Möglichkeiten, an dem Aufschwung, der fast schon wieder verebbt ist, teilzuhaben.
Ein paar Worte zu dem Zwischenruf von Herrn Burgbacher, was Herr Struck denn zu Herrn Clement sage, weil ich ihn damit nicht ganz allein lassen möchte. Es ist schon bemerkenswert, welch unterschiedliche Auffassung die SPD hinsichtlich der Anschlussverwendung ehemaliger Regierungsmitglieder hat. Der Niedersachse Struck, der eigentlich seit seinem gestrigen 65. Geburtstag altersmilde sein sollte, erklärt,
dass Herr Clement ein Energielobbyist sei. Dabei verkennt er, dass der Niedersachse Schröder ein Gaslobbyist ist.
Im Schattenkabinett von Frau Ypsilanti ist ein Solarlobbyist als potenzieller Minister vertreten. Da muss man schon sagen: Sie haben in Ihrem Portfolio für jede energiepolitische Frage den geeigneten Lobbyisten. Das können Sie den Menschen anbieten. Aber das ist nicht die richtige Art und Weise, Politik zu machen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe von der CDU/CSU-Fraktion.
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Koalition hat schon mit dem Fünften und dem Sechsten SGB-III-Änderungsgesetz das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium so umgestaltet, dass Menschen eine bessere Chance haben, in Beschäftigung zu kommen, gerade auch ältere Menschen. Es ist uns gelungen, das Lissabon-Ziel der Europäischen Union einer Beschäftigungsquote von 50 Prozent für Ältere schon jetzt zu erreichen. Bereits im zweiten Quartal des Jahres 2007 lag die Quote bei 52 Prozent. Das ist ein großer beschäftigungspolitischer Erfolg dieser Bundesregierung und der Großen Koalition. Das ist die Wahrheit.
Weil wir diese Beschäftigungserfolge haben, konnten wir genau das machen, was wir gegen den Widerstand der gesamten Opposition durchgesetzt haben. Wir haben die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erneut gesenkt, und zwar in dem Wissen, dass wir für Ältere die Leistungen ausweiten wollen. Also: Leistungsverbesserungen bei gleichzeitiger Beitragssatzsenkung aufgrund einer guten wirtschaftlichen Entwicklung und zusätzlicher Arbeitsplätze. Das ist das, was wir erreicht haben und was wir machen können. Darum geht es heute in dieser Debatte.
Wir setzen das um, was wir auf Parteitagen zu diesem Thema beschlossen haben, die Union im Jahre 2006, die SPD im letzten Jahr. Es wird jetzt eine bessere Honorierung der Beitrags- und Lebensleistung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben. Das ist richtig so, und das ist ein Ausdruck sozialer Gerechtigkeit.
Bevor ich auf Menschen zu sprechen komme, um die es uns eigentlich gehen sollte, will ich etwas zu den Prinzipien sagen, die hier gerne so hoch gehalten werden. Natürlich ist die Arbeitslosenversicherung keine reine Ansparversicherung, wie Kollege Lafontaine so gerne sagt. Deswegen ist es auch Unsinn, zu sagen, jemand zahle soundso viel ein und bekomme nur soundso viel im Fall der Arbeitslosigkeit heraus. Abgesehen davon zahlt diese Versicherung nicht nur passive Leistungen, sondern sie finanziert auch aktive Arbeitsmarktpolitik. Es ist also völliger Unsinn, zu sagen, es handele sich um eine reine Ansparversicherung. Sie ist aber auch keine reine Risikoversicherung. Schon in der Vergangenheit haben Ältere mit Recht mehr Leistung bekommen. Herr Kollege Niebel, ich will Ihr Beispiel von der Gebäudeversicherung aufgreifen. Sie sagen, auch demjenigen, der zwei Monate eingezahlt hat, werde das Gebäude im Schadensfall ersetzt. Das ist wahr, aber bei der Arbeitslosenversicherung war das noch nie so. Wenn Sie in Ihrer Zeit als Mitarbeiter der BA Leuten, die zwei Monate eingezahlt haben, Arbeitslosengeld ausgezahlt haben, dann haben Sie sich einer Amtspflichtverletzung schuldig gemacht. Das war schon immer verboten.
Ein bisschen länger musste man schon immer eingezahlt haben, um Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung zu haben. Also, lassen wir diese Prinzipienreiterei, und lassen Sie uns bei der Wahrheit bleiben, Herr Kollege Niebel! Ich glaube, das hilft uns weiter.
Das zu den Prinzipien. Hier kommen mehrere Prinzipien zusammen. Hier spielt nicht nur ein einziges Prinzip eine Rolle.
Jetzt rede ich über die Menschen und über das Thema der Frühverrentung. In diesem Zusammenhang will ich an die Anhörung erinnern. Sie von der Opposition tun immer so, als seien Sie die Sieger der Anhörung. Wahr ist, dass Sie jeweils einen Sachverständigen gefunden haben, der Ihre Vorurteile bestätigt hat.
Ich will nur einmal an das erinnern, was der Kollege vom DGB in der Anhörung gesagt hat. Stellen Sie sich den 53-jährigen Nokia-Arbeiter in Bochum vor, der jetzt arbeitslos wird und nach dieser Regelung drei Monate länger Arbeitslosengeld I beziehen kann. Welche Vorstellungen haben Sie eigentlich von den Leuten? Glauben Sie, diese Leute legen sich erst einmal drei Monate auf die faule Haut, und wenn sie dann 54 sind, schauen sie sich locker-flockig um, wie es mit Arbeit aussieht? Das ist doch irrsinnig. Welches Menschenbild haben die, die so etwas unterstellen, überhaupt?
Sie von den Grünen wissen das ganz genau. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum Sie darauf beharren. Diese Regelung hat Ihnen damals Herr Clement aufs Auge gedrückt, und Sie meinen, Sie dürften jetzt nicht davon abweichen und zugeben, dass Sie klüger geworden sind. Deswegen halten Sie an dieser Regelung fest, mit der man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat. Unsere Regelung bringt mehr soziale Gerechtigkeit, und sie ist an den Interessen der Menschen orientiert.
Es ist nicht nur das, was wir machen. Ich verstehe, wenn sich die Menschen fragen, ob ihnen die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I um drei Monate wirklich hilft. Wir verbinden das mit Eingliederungsmaßnahmen. Der 53-Jährige, der jetzt bei Nokia ausscheiden muss, hat nicht nur drei Monate länger Anspruch auf Arbeitslosengeld I, sondern er hat auch Anspruch auf einen Eingliederungsgutschein. Das heißt, ein Arbeitgeber, der diesen Menschen einstellt, kann bis zu 50 Prozent Zuschuss bekommen. Das ist es, was wir mit dem längeren Bezug des Arbeitslosengeldes verbinden. Fördern und Fordern, die Aktivierung steht bei uns im Mittelpunkt. Das ist sozial gerecht, und das ist richtig so. Darum machen wir das.
Wir verstärken die Bemühungen, ältere Menschen in Arbeit zu bringen. Da kann ich an das anknüpfen, was Staatssekretär Franz Thönnes gesagt hat. Wir haben eine vernünftige Nachfolgeregelung für die sogenannte 58er-Regelung gefunden, die nebenbei dazu führt, dass die Statistik zu unseren Ungunsten verändert wird. Bisher war es so, dass jeder mit 58 Jahren erklären konnte, dass er dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen will.
Damit kam er aus der Statistik heraus.
Auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wissen: Der frühere Minister für Wirtschaft und Arbeit Clement hat darauf gedrungen, dass dieses Angebot möglichst vielen Menschen von den Arbeitsagenturen vorgelegt wird. Da haben wir von Ihnen keinen Protest gehört. Jetzt verpflichten wir uns, über 58-Jährigen verstärkt Angebote zu machen, um sie wieder in Arbeit zu bringen. Dezember 2007: Die Menschen konnten sich vom Arbeitsmarkt verabschieden. Januar 2008: Sie können es nicht mehr, und sie bekommen gleichzeitig verstärkt Angebote für den Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt. Das ist der Unterschied. Was wir machen, ist richtig, und deswegen gehen wir diesen Weg.
Wir haben uns in diesem Zusammenhang auch darauf verständigt - selbst Sie haben in der Anhörung keinen Sachverständigen gefunden, der dagegen ist -, die Hinzuverdienstgrenze für diejenigen, die eine vorgezogene Altersgrenze in Anspruch nehmen,
auf 400 Euro zu erhöhen. Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen, um Menschen verstärkt in Arbeit zu bringen. Dies ist erneut ein Maßnahmenpaket. Der Erfolg in unserer Politik gibt uns Recht. Die älteren Menschen haben in großen Teilen von dem Aufwuchs an Beschäftigung profitiert. Eine überdurchschnittlich hohe Anzahl älterer Arbeitsloser ist in Beschäftigung gekommen. Unsere Maßnahmen dienen dazu, dass dies weiterhin der Fall ist.
Wir beraten dieses Gesetz heute abschließend. Im letzten Jahr hat die erste Lesung stattgefunden. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, haben großen Wert darauf gelegt, dass wir die Regelungen zwar rückwirkend zum 1. Januar in Kraft setzen, dass wir uns aber auch genügend Zeit für ein geordnetes Beratungsverfahren nehmen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat uns noch bis Montag gute Vorschläge für Änderungen an diesem Gesetzentwurf gemacht. Wir haben das beraten und aufgegriffen. Stellen Sie sich nur einmal vor, wir hätten das im letzten Jahr im Eiltempo durchgezogen! Das, was dabei herausgekommen wäre, wäre ja wie bei Rot-Grün gewesen. Es ist also gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, das in einem geordneten Verfahren ausführlich zu beraten. Wir haben ein geordnetes Verfahren gewählt. Wir haben das Gesetz im parlamentarischen Verfahren verbessert. Die Entscheidung ist jetzt reif. Es ist ein gutes Gesetz daraus geworden, und ich bitte dafür um Zustimmung.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Oskar Lafontaine von der Fraktion Die Linke.
Oskar Lafontaine (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich heute für meine Fraktion mit zwei Themen beschäftigen: einmal mit dem Thema der Zwangsverrentung und zum anderen mit dem Thema der Verlängerung des Arbeitslosengeldes.
Ich komme zunächst zum Thema der Zwangsverrentung. Wir werden diesen Gesetzentwurf insgesamt ablehnen, weil wir mit den gegenwärtigen Regelungen der Zwangsverrentung nicht einverstanden sind.
Zur Begründung unserer Ablehnung möchten wir hier die Stellungnahme des IAB vortragen. Diese Äußerung stellt im Grunde genommen eine saubere Begründung auch unseres Gesetzentwurfes dar. Die Wissenschaftler des IAB haben in der Sachverständigenanhörung Folgendes ausgeführt:
Allerdings kommt nach dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eine Zwangsverrentung weiterhin ab der Vollendung des 63. Lebensjahrs in Frage. Daher greift der Entwurf zu kurz. Eine Zwangsverrentung vor dem Eintrittsalter für die abschlagsfreie Altersrente sollte vielmehr generell vermieden werden, wie es bspw. im Entwurf des Rentenabschlagsverhinderungsgesetzes der Fraktion der Linken auch vorgesehen ist.
Etwas später kommt die für uns entscheidende Aussage:
Die Begrenzung des Schutzes vor Zwangsverrentung auf die Zeitspanne bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres trägt auch dem Ziel einer Verringerung des Risikos der Altersarmut nur unzureichend Rechnung.
Wir haben immer wieder dargestellt, dass die ganze Rentenpolitik der letzten Jahre Altersarmut programmiert. Auch die jetzige Regelung ist - nach der Stellungnahme der Wissenschaftler des IAB - ein Schritt hin zu mehr Altersarmut. Man kann das nicht leugnen. Das lässt sich auch aus den Zahlen eindeutig ableiten.
Ich zitiere weiter aus dieser Stellungnahme:
Für die große Mehrheit der von Rentenabschlägen potentiell Betroffenen ergeben sich jedoch keinerlei Verbesserungen gegenüber einer uneingeschränkten Zwangsverrentung, da für die meisten Hilfebedürftigen in längerer Perspektive nur die vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte in Frage kommt, die ohnehin erst ab dem vollendeten 63. Lebensjahr bezogen werden kann. Diese Gruppe muss demnach Rentenabschläge von zunächst maximal 7,2 % und nach der Anhebung der abschlagsfreien Regelaltersgrenze auf 67 Jahre Abschläge von bis zu 14,4 % hinnehmen.
Das ist das Entscheidende. Angesichts dessen, dass in der Rentenformel ohnehin Armutsrenten programmiert sind - Sie wissen das -, sind solche Abschläge unter gar keinem Gesichtspunkt zu verantworten.
Rechnen Sie 7,2 Prozent oder 14,2 Prozent bezogen auf 600 Euro, 400 Euro oder meinetwegen auch 700 Euro, und dann wissen Sie, worüber wir hier reden.
Wir haben ja dargestellt, wie sich die Rente in den letzten Jahren entwickelt hat. Wir können Ihnen nicht oft genug sagen - es kann ja sein, dass Sie in gutem Glauben die Rentenformel umgebaut haben -: Sie haben in großem Umfang Altersarmut programmiert, und Sie wollen diesen Weg fortsetzen. Dies können wir in keinem Fall akzeptieren.
Nun komme ich zur Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Natürlich begrüßen wir die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Wir haben das ja immer wieder gefordert. Wir werden diesem Teil zustimmen. Deswegen haben wir um getrennte Abstimmung gebeten. Insofern bedanken wir uns dafür, dass dies möglich ist.
Aber wir weisen zugleich darauf hin, dass das Arbeitslosengeld lange Zeit, auch unter der Regierung von CDU/CSU und FDP, sehr viel länger gezahlt worden ist. Vor diesem Hintergrund klingt es zumindest etwas merkwürdig, wenn man jetzt die bescheidene Veränderung als großen Erfolg feiert. Früher war es so,
dass die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr viel länger einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten. Ich wollte das nur noch einmal feststellen.
Die entscheidende Frage - das wird bei dieser Diskussion ja wieder ganz deutlich - ist, durch welche Brille man das Thema Arbeitslosengeld betrachtet.
Wenn man es aus der Sicht der Unternehmen betrachtet, dann kommt man zu all den Schlussfolgerungen, die Sie hier vorgetragen haben. Diese sind dann im Grunde genommen auch nachvollziehbar. Für die Unternehmen läuft all das, was mit Arbeitslosengeld usw. verbunden ist, unter der Rubrik Lohnnebenkosten; es handelt sich also um Kosten.
Wenn man die Kostenbrille aufhat, dann kommt man zu diesen Schlussfolgerungen.
Wenn man aber einmal die Frage stellt, was eigentlich der Sinn der Arbeitslosenversicherung ist, und zu dem Ergebnis kommt, dass der Sinn der Arbeitslosenversicherung ist, das Leben derjenigen, die arbeitslos werden, zu erleichtern und zu verbessern, dann kommt man zu ganz anderen Schlussfolgerungen als zu denjenigen, die Sie hier immer wieder vortragen.
Dann kann man zum Beispiel zynisch sagen - das klingt ja hier durch, insbesondere natürlich bei der FDP; aber da wundert es uns auch nicht mehr -: Verkürzt doch für die älteren Arbeitslosen möglichst die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Dann werden sie aktiver und werden sich um einen Arbeitsplatz bemühen. Auf diese Weise senken wir die Arbeitslosigkeit. - Sie mögen das so sehen. Für uns ist das blanker Zynismus.
Im Übrigen will ich zur Statistik aus Zeitgründen nicht viel sagen. Wenn Sie das näher betrachten, dann sehen Sie auch, dass die Interpretationen nicht stimmen. Ich verweise auf Ausführungen eines Mitglieds des Sachverständigenrats. Aus Zeitgründen kann ich das hier nicht vorstellen.
Wir sagen nun einmal in aller Klarheit: Die Arbeitslosenkasse enthält das Geld der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - das ist der entscheidende Ansatzpunkt - und nicht das Geld der Unternehmen. Das ist der Unterschied. Darüber muss man sich Klarheit verschaffen.
Nun haben Sie entschieden. Sie haben entschieden, in diesem Jahr in die Kasse der Arbeitslosen zu greifen und 25 Milliarden Euro herauszunehmen, und kommen dadurch zu einem viel geringeren Arbeitslosengeld. Während nun um die Aufwendungen für die Verlängerung der Bezugsdauer ein riesiges Theater gemacht und die Frage gestellt worden ist, ob das überhaupt zu finanzieren wäre - in Ihrem Gesetzentwurf steht: Mehraufwendungen in 2008 755 Millionen Euro, in 2009 1,1 Milliarden Euro und dann wieder 800 Millionen Euro usw.; manche hielten das ja für unverantwortlich und wollten in keinem Fall mehr bezahlen -, haben Sie nicht die geringsten Skrupel, 25 Milliarden Euro aus der Kasse zu nehmen und die Hälfte davon, also 12,5 Milliarden Euro, den Unternehmen zu geben. Es ist einfach unglaublich, was Sie für eine Philosophie an den Tag legen.
Deswegen habe ich Ihnen immer wieder gesagt, die Freiburger Schule - ich führe hier nur eine renommierte Ökonomenschule aus Deutschland an - bietet Ihnen eine Auflösung für die Summe Ihrer Fehlschlüsse an. Dieses Geld ist nicht Geld der Arbeitgeber. Es geht nur um Lohn. Nur dann, wenn man endlich begreift, dass die permanente Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten schlicht und einfach eine Forderung nach Senkung der Löhne ist, hat man wirklich einen Zugang zu dem, worum es hier eigentlich geht.
- Ich weiß, Ihr Denken ist da seit vielen Jahren völlig fehlgeleitet. Aber schauen Sie es sich noch einmal an.
- Die Ökonomen der Freiburger Schule, Herr Niebel, haben etwas mehr drauf als Sie. Das möchte ich einmal ganz leise anmerken.
Wenn man diesen Ansatzpunkt hat, dann wird man folgende Berechnung anstellen: Man legt die 25 Milliarden Euro, die Sie aus der Arbeitslosenkasse nehmen, auf 2,5 Millionen - aus Gründen der Einfachheit - arbeitslose Arbeitnehmer um und kommt auf 10 000 Euro pro Kopf. Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie da machen, welche Chancen für Arbeitslose Sie verspielen, wenn Sie so verfahren? Und dann geben Sie das Geld, das den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gehört, auch noch zur Hälfte den Unternehmen. Diesen Zusammenhang wollen Sie einfach nicht sehen; das begreifen Sie nicht.
Solange Sie nur die Kostenbrille tragen, kommen Sie immer zu völlig falschen Vorstellungen: Obwohl letztendlich die Unternehmen nicht nur um 8 Milliarden Euro, sondern zusätzlich um 12,5 Milliarden Euro, also insgesamt um mehr als 20 Milliarden Euro, entlastet worden sind, zanken Sie sich darum, ob es möglich ist, den Arbeitnehmern 700 oder 800 Millionen Euro pro Jahr zugutekommen zu lassen. Das sind die Zahlen, die im Raum stehen. Es ist also zu fragen, ob der Ansatzpunkt Ihrer Politik überhaupt richtig ist.
Wir können Ihnen nur empfehlen, Ihre Betrachtungsweise aufzugeben. Die Fraktion Die Linke sagt: Man kann Arbeitnehmer, die jahrzehntelang in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben, nicht so mit Almosen abspeisen, wie Sie das jetzt tun wollen.
Bisher haben Sie keine einzige vernünftige Begründung dafür vorgetragen, warum es zu Zeiten der Regierung Kohl möglich war, viel länger Arbeitslosengeld zu zahlen, und es jetzt angesichts der Summen, die ich Ihnen genannt habe, nicht möglich sein soll, ähnlich lange Arbeitslosengeld zu zahlen. Wenn Sie natürlich die Brille der Unternehmen auf haben - -
- Bei Ihnen verwundert das nicht, Herr Niebel.
Letztendlich ist die FDP doch eine Vertretungsgruppe der größeren Unternehmen.
Es ist ja in Ordnung, wenn Sie deren Interessen hier vertreten. Die große Mehrheit der Bevölkerung besteht aber aus Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, und es geht um deren Geld, über das hier so nonchalant entschieden worden ist. Dabei ist folgendes Ergebnis herausgekommen: Brosamen für die Arbeitnehmer, und der Löwenanteil fließt an die Unternehmen. Das ist Umverteilung von unten nach oben. Deshalb ist das kein Gesetz, das man loben kann. Im Grunde genommen handelt es sich nämlich um ein Umverteilungsgesetz; um nichts anderes!
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk von Bündnis 90/Die Grünen.
Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, eine geordnete Gesetzgebung sieht anders aus. Erst leugneten Sie das Problem der drohenden Zwangsverrentung für über 60-jährige Langzeitarbeitslose,
auf das wir Sie mit unserem Antrag vom Mai 2007 erst einmal hinweisen mussten. So sprach zum Beispiel der Kollege Brauksiepe von einem Phantomproblem. Das Credo der CDU lautete nämlich, das betreffe ohnehin niemanden; die Opposition betreibe Panikmache.
Nun sehen Sie das Problem offensichtlich doch, aber erst seitdem Sie durch die vereinigte Opposition Nachhilfeunterricht erhalten haben und Verdi und die Sozialverbände eine Klage angedroht haben. Trotzdem sind Sie noch immer auf einem Auge blind: Zwar geben Sie jetzt zu, dass das Problem, das vorher angeblich keines war, immerhin 25 000 Personen betrifft; aber eine angemessene Regelung, nach der kein Langzeitarbeitsloser, der arbeiten will und arbeiten kann, gegen seinen Willen eine lebenslange Rentenkürzung hinnehmen muss, legen Sie nicht vor.
Sie bleiben auf halbem Wege stehen. Nach Ihrem Vorschlag werden Arbeitslose jetzt zwar erst ab dem 63. Lebensjahr zwangsweise in Rente geschickt, das bedeutet aber immerhin noch eine Rentenkürzung von 7,2 Prozent bzw. von 14,4 Prozent für die späteren Jahrgänge, die bis 67 arbeiten müssten. Sie schaffen damit quasi eine Zwangsverrentung light. Damit erhöhen Sie die Altersarmut weiter.
Das sagen nicht nur wir Grüne, sondern auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung warnt vor den Risiken der Sozialbedürftigkeit im Ruhestand.
Herr Brauksiepe, an dieser Stelle möchte ich das immer wieder von Ihnen vorgebrachte Argument klarstellen, die Grünen hätten die 58er-Regelung mitbeschlossen. Ich frage Sie: Sehen Sie wirklich keinen Unterschied darin, ob man - es geht ja um die Höhe der eigenen Rente! - selbst entscheiden kann, eine Rente mit Abschlägen in Kauf zu nehmen oder nicht, oder ob man dazu gezwungen wird, in Rente zu gehen?
Wenn Sie schließlich sagen, die Langzeitarbeitslosen hätten bei Rentenbezug meist mehr Geld in der Tasche als bei ALG-II-Bezug, dann werfen Sie außerdem auch noch mit Nebelkerzen; denn jemand, der 15 Jahre lang eine Rente von 1 000 Euro bekäme, müsste in dieser Zeit eine Rentenkürzung von insgesamt 13 000 Euro verkraften. ?Ist das nichts??, frage ich Sie. Nein, meine Damen und Herren, wir Grüne bleiben dabei: Wer arbeiten will und kann, darf nicht zwangsweise in Rente geschickt werden.
Gerade vor dem Hintergrund der Erhöhung des Rentenalters leisten Sie sich hier eine arbeitsmarktpolitische Bankrotterklärung. Aktivierung und Integration in den Arbeitsmarkt wären das Gebot der Stunde. Stattdessen setzen Sie weiterhin auf Zwangsverrentung, wenn auch als Lightprodukt. Selbst hierfür haben Sie über ein halbes Jahr benötigt, während Sie die Erhöhung der Diäten binnen kürzester Zeit über die Bühne gebracht haben.
Das hat die politische Öffentlichkeit sehr wohl verstanden. Auf ein Gesetz, das am 1. Januar 2008 in Kraft treten sollte, konnten Sie sich nicht einigen. Jetzt soll das Gesetz rückwirkend gelten.
Ich kann Ihnen hier nicht ersparen, auf eine weitere Peinlichkeit hinzuweisen: Sachverständige mussten in der Anhörung vor vier Tagen das Ministerium auf die unbedachten Folgen Ihrer Flickschusterei hinweisen. Erst vor zwei Tagen haben Sie einen Änderungsantrag auf den Weg gebracht, um bereits eingeleitete Rentenverfahren stoppen zu können.
Das wäre sonst gar nicht möglich gewesen. Die erhebliche Verunsicherung bei denjenigen, die Ihre Untätigkeit ausbaden müssen, ist hingegen nicht korrigierbar.
- Warum schreien Sie jetzt so?
Ich verstehe ja, dass Teilen der Koalition und insbesondere der SPD das Thema Zwangsverrentung unangenehm geworden ist.
Deshalb haben Sie Ihren Murks hinter der Verlängerung des Bezugs des Arbeitslosengeldes I versteckt. Hier wollen Sie sich als Wohltäter zugunsten der älteren Arbeitslosen darstellen. Meine Kollegin Pothmer wird dazu noch das Entsprechende sagen.
Ich komme zum Schluss. Auch wenn ich anerkenne, dass durch das Gesetz eine Verbesserung der bestehenden Situation erfolgt, bleibt Folgendes festzuhalten.
Erstens. Auch die Zwangsverrentung light erhöht das Risiko der Altersarmut; denn gerade Langzeitarbeitslose haben häufig Rentenansprüche, die knapp über dem Grundsicherungsniveau liegen, und benötigen jetzt aufgrund der Rentenkürzung doch wieder Fürsorgeleistungen, und zwar lebenslang.
Zweitens. Durch das Gesetz entsteht ein Verschiebebahnhof der Kosten von der Rentenversicherung zu den Kommunen, weil ja doch wieder Sozialleistungen gezahlt werden müssen.
Drittens. Es ist unglaubwürdig, das Rentenalter anzuheben und gleichzeitig Langzeitarbeitslose frühzeitig in Rente zu schicken.
Kurz gesagt: Das Gesetz zur Zwangsverrentung light verstärkt die Altersarmut, verschiebt Kosten auf die Kommunen und diskreditiert das Projekt ?Rente mit 67?. Darum lehnen wir Ihre Vorschläge ab und werden dem Rentenabschlagsverhinderungsgesetz zustimmen.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat die Kollegin Andrea Nahles von der SPD-Fraktion.
Andrea Nahles (SPD):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwei gute Nachrichten. Die möchte ich auch für die Menschen, die jetzt zuhören, nennen, weil es hier so viele Mäkeleien zu hören gab.
Die erste gute Nachricht ist, dass wir den Bezug des Arbeitslosengeldes I für Ältere verlängern, und zwar in Schritten.
Dies geschieht nicht zulasten einer anderen Gruppe oder einer anderen Generation.
Die zweite gute Nachricht ist, dass wir niemanden gegen seinen Willen vor dem 63. Lebensjahr in Rente schicken.
Das gilt nicht ab heute, sondern schon rückwirkend ab dem 1. Januar 2008. Wenn nun Sie, Frau Schewe-Gerigk, hier Behauptungen aufstellen,
dann bitte ich Sie, diese zu belegen. Wir haben nämlich die ganz klare Aussage bekommen, dass in den letzten Wochen niemand unter 63 Jahren von den Arbeitsagenturen gezwungen wurde, in Rente zu gehen. Dem einzigen Fall, der uns aus einer Optionskommune vorgetragen wurde, wurde nachgegangen. Der Fall wurde geregelt.
Das heißt aus meiner Sicht, dass Sie hier versuchen, bewusst die Menschen zu verunsichern.
Das gilt im Übrigen auch für die Linkspartei. Herr Schneider hat praktisch im Stundentakt Presseerklärungen herausgegeben, in denen stand, dass Tausende gezwungen sein werden, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die Rente zu gehen. Das ist Panikmache ohne Ende.
Sie waren doch regelrecht enttäuscht, dass das ausgeblieben ist, Herr Schneider.
Ich muss Ihnen sagen, dass diese Art der Verunsicherung der Menschen absolut nicht in Ordnung ist.
- Herr Schneider, Sie haben gleich die Gelegenheit, hier Ihre Argumente vorzutragen. Sie stehen doch auf der Rednerliste.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Frau Kollegin, er steht nicht auf der Rednerliste.
Er möchte gerne eine Zwischenfrage stellen. Die Frage ist, ob Sie das genehmigen.
Andrea Nahles (SPD):
Natürlich. Ich dachte, er steht auf der Rednerliste; das tut mir leid.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Bitte schön.
Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE):
Frau Nahles, das ist kein Problem. Da Sie meine Zwischenfrage erlaubt haben, brauchen wir uns an dieser Stelle nicht mehr zu streiten.
Sie haben gesagt, ich würde im Stundentakt Presseerklärungen herausgeben, in denen von Tausenden solcher Fälle die Rede sei. Ich möchte Sie an die letzte Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales erinnern, in der ich nachgefragt habe, wie viele Personen genau in den nächsten beiden Jahren davon betroffen sein werden. Ich habe da folgende Auskunft erhalten: Im Jahre 2008 ist mit 25 000 entsprechender Fälle zu rechnen, im Jahre 2009 mit 30 000.
Stimmen Sie mir zu, dass es durchaus berechtigt ist, 25 000 Fälle bzw. 30 000 Fälle als Tausende dieser Fälle zu bezeichnen - es handelt sich nämlich um 25 mal 1 000 bzw. um 30 mal 1 000 Fälle -, und dass dieser Sachverhalt in meinen Presseerklärungen demzufolge absolut korrekt wiedergegeben wurde?
Andrea Nahles (SPD):
Herr Schneider, das, was Sie jetzt machen, ist ein Trick.
Ich wiederhole: Sie haben in Ihren Presseerklärungen von Tausenden solcher Fälle gesprochen. Übrigens: Natürlich verstehe ich Ihre Rechnung. Ich war auf der Grundschule in Weiler, und auch auf dieser Zwergschule hat man das Rechnen gelernt; gar keine Frage.
Sie wissen ganz genau, dass wir für diese Tausende von Fällen eine Lösung erarbeitet haben. Sie hingegen haben versucht, Panik zu verbreiten
und den Leuten einzureden, dass es keine Lösung dieses Problems gibt. Ich sage Ihnen, Herr Schneider: Es gibt sehr wohl eine Lösung, und zwar zum 1. Januar 2008.
Demzufolge kann man ganz simpel festhalten: Das, was Sie in Ihren Presseerklärungen geschrieben haben, hat sich für die Betroffenen ganz einfach erledigt.
Da in diesem Zusammenhang vor der Wiederkehr der alten Frühverrentungspraxis gewarnt wurde - das tut die FDP ja seit geraumer Zeit -,
möchte ich diesbezüglich klarstellen, dass die Verlängerung der ALG-I-Regelung, die wir vorschlagen, mit den Frühverrentungsprogrammen, die in der Regierungszeit von Kohl und Blüm aufgelegt wurden, nicht zu vergleichen ist. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten - das sieht mittlerweile übrigens auch die Union so - wollen keinesfalls zu dieser Form der massenhaften Frühverrentung zurückkehren; denn das ist der völlig falsche Weg.
Wir haben außerdem das Renteneintrittsalter für alle einheitlich angehoben. Die von uns vorgeschlagene Dreimonatsregelung wird so keine neue Welle der Frühverrentung zur Folge haben; das ist auch gut so. Die Arbeitslosigkeit der Älteren ist trotzdem nicht in dem Umfang gesunken, wie wir es uns gewünscht haben.
Wir haben die Erwerbstätigenquote der Älteren erhöhen können; das hat mein Kollege Brauksiepe eben zu Recht erwähnt. Sie liegt mittlerweile über dem europäischen Durchschnitt. Nichtsdestotrotz - das ist bedrückend - ist die Arbeitslosenquote der Älteren immer noch überproportional hoch; sie beträgt 26 Prozent. Wenn man die Arbeitslosenquote der Älteren mit der durchschnittlichen Arbeitslosenquote vergleicht, muss man leider feststellen, dass wir es trotz vieler Bemühungen - als ein Beispiel nenne ich die Initiative ?50 plus? - nicht geschafft haben, die überproportional hohe Arbeitslosenquote unter Älteren in dem Maße zu reduzieren, in dem dies notwendig ist.
Deswegen ist es in dieser Situation gerechtfertigt, dass wir entsprechend auf die Realitäten reagieren.
Sowohl beim Arbeitslosengeld als auch beim Thema Zwangsverrentung, wie Sie es nennen - es gibt im Übrigen gar keine Zwangsverrentung; hier ist nämlich ein Ermessensspielraum gegeben, Frau Schewe-Gerigk -,
müssen wir die Realitäten ehrlich anerkennen und feststellen: Hier ist noch viel zu tun.
Wir haben viele gute Programme aufgelegt. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Wir haben das WeGebAU-Programm aufgelegt.
Dabei handelt es sich um ein eineinhalbjähriges Weiterbildungsprogramm, in dessen Rahmen hier in Berlin ältere Mechatroniker ausgebildet werden. In der Zeit, in der sie in einem Betrieb arbeiten, bezahlt die BA ihre Qualifizierung.
In Mönchengladbach wurde ein Programm aufgelegt, in dessen Rahmen ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bereich der Pflege bzw. der Altenbetreuung weitergebildet werden. Ziel dieser Weiterbildung ist nicht in erster Linie der spätere Einsatz im harten Pflegealltag, sondern vielmehr die Begleitung älterer Menschen.
In Berlin-Mitte werden ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel mit einem speziellen Programm qualifiziert. Das alles sind Möglichkeiten zur Qualifizierung, voll bezahlt im Job.
Jetzt kommt die schlechte Nachricht: Der Mentalitätswechsel in den Unternehmen ist noch nicht so weit gediehen, dass dieses Programm, das wirklich eine volle Finanzierung vorsieht - diese beschwören wir in Sonntagsreden ja immer -, angenommen wird. Die Fallzahlen bei WeGebAU sind im Verhältnis zu dem Bedarf an Qualifizierung, den wir bei Älteren in diesem Land haben, nicht in Ordnung. Ich appelliere dringend, nicht nur den Blick auf die arbeitslosen Älteren zu richten. Auch die Unternehmen müssen Bereitschaft an den Tag legen, ihnen eine Chance geben, natürlich mit unserer Hilfe. Das ist, wie gesagt, möglich, wird aber - das ist mehr als bedauerlich - nicht ausreichend angenommen.
Wir dürfen vor diesem Hintergrund also in unseren Bemühungen nicht nachlassen. Wir müssen weiterhin für Gesundheitsprävention in den Betrieben werben. Wir müssen altersgerechte Formen der Arbeit fördern. Auch Schichtarbeit kann man altersgerecht gestalten, zum Beispiel durch ein Fünf-Schichten-System. Arbeitsplätze in der Produktion kann man ergonomisch anpassen. Mit Teilrentenkonzeptionen kann man versuchen, Flexibilität und echte Altersteilzeit zu ermöglichen und nicht nur Altersteilzeit nach dem Blockmodell. Es gibt also eine Fülle von Möglichkeiten. Diese müssen wir nutzen.
Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wir heute noch nicht da sind, wo wir sein wollen. Deswegen müssen wir den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entgegenkommen und ihnen helfen. Wir müssen aber auch alle Beteiligten bitten, weitere Anstrengungen zu unternehmen. Ich jedenfalls bin mit der Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land noch nicht zufrieden. Lassen Sie uns deswegen gemeinsam weitere Anstrengungen unternehmen!
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb von der FDP-Fraktion.
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst auf die Ausführungen des Staatssekretärs Thönnes eingehen, der hier für die Bundesregierung noch einmal nicht ohne Stolz die Zahlen des Aufschwungs referiert hat.
Sicherlich, Herr Thönnes, gibt es eine große Zahl von Menschen in unserem Lande, die arbeitslos gewesen sind und jetzt einen Arbeitsplatz haben. Ich hoffe sehr, dass das so bleibt. Der Aufschwung nämlich, den wir erleben durften, hat erkennbar an Kraft verloren. Dunkle Wolken ziehen am konjunkturellen Horizont auf.
Die Frage ist, ob sich die Regierung weiter in einer schönen, lyrischen Beschreibung der Erfolge der Vergangenheit ergehen kann oder ob sie sich nicht vielmehr den Herausforderungen der Zukunft stellen muss. Ich habe die Befürchtung, dass Sie dabei versagen.
Die Gesetze, die Sie heute vorlegen, passen nämlich genauso wie andere Gesetze, die noch im Verfahren sind, zum Teil nicht mehr in die Zeit. Sie sind geprägt von dem Geist, dass Geld da sei und man nur schauen müsse, was man mit diesem Geld macht. Gerade in Zeiten einer konjunkturpolitischen Verdunkelung muss man die Prioritäten neu justieren. Da müssen Sie sich fragen, Herr Thönnes, ob es richtig ist, die Tarifautonomie abzuschaffen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sprach in diesem Zusammenhang heute sogar völlig zu Recht in einem Kommentar von einem ?Putsch gegen die Tarifautonomie?. Dass Sie in diesem Jahr die Pflegebeiträge erhöhen werden, ist schon beschlossen. Dass Sie in absehbarer Zeit auch die Krankenversicherungsbeiträge erhöhen werden, ist zwar noch nicht beschlossen, aber so sicher wie das Amen in der Kirche.
Doch das ist eine Politik, die prozyklisch wirken und somit den Konjunkturabschwung verstärken wird. Deshalb müssen Sie Ihre Prioritäten neu justieren.
Ich komme - das ist einer unserer zentralen Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf, der heute vorliegt - zur Frage der Zwangsverrentung. Frau Nahles, Sie haben gesagt: Niemand wird gegen seinen Willen vor dem 63. Lebensjahr in Rente geschickt. - Aber danach, Frau Nahles, passiert genau dieses. Das Problem ist, dass das Risiko, von dieser Regelung betroffen zu werden, eben nicht gleich verteilt ist. Wenn man sich das genauer anschaut, sieht man, dass bestimmte Gruppen besonders betroffen sind. Was Sie heute vorlegen, ist, ich will das so nennen, eine Diskriminierung langjährig Versicherter.
Das Privileg, nach langer Versicherungszeit vorzeitig in Rente gehen zu können, wendet sich jetzt nämlich gegen die Begünstigten. Die gewerblichen Arbeitnehmer, der Schlosser und der Maurer, die Ihnen in Ihren Reden sonst so wichtig sind, Herr Scharf, also Personen mit vergleichsweise niedrigen Renten, werden von Ihnen mit Abschlägen in die Rente geschickt.
Akademiker, die erst im Alter von 29 oder 30 Jahren von der Hochschule kommen,
ein hohes Einkommen haben und hohe Rentenansprüche erwerben, dürfen mit Ihrer Billigung ohne Abschläge ihrem Ruhestand entgegensehen. Ich frage Sie: Ist das gerecht? Wollen Sie das wirklich? Wenn Sie das nicht wollen, dann dürfen Sie dieses Gesetz heute so nicht beschließen.
Das ist ein Aspekt. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Frühverrenteten auf Dauer aus dem Erwerbsleben herausgedrängt werden. Es gibt kein Zurück, raus ist raus.
- Natürlich, Frau Nahles. Wer das Pech hat, zu Beginn einer Rezession seinen Arbeitsplatz zu verlieren, und dann aufgrund der schlechten Konjunktur kein Angebot bekommt, muss der Zwangsverrentung entgegensehen. Er kann wegen der niedrigen Zuverdienstgrenzen dann auch in konjunkturell besseren Zeiten nicht mehr zurück. Jemand, der erst am Ende eines Abschwungs arbeitslos wird und dann im Aufschwung von neuen Arbeitsplatzangeboten profitieren kann, würde dagegen von einem solchen Schicksal nicht ereilt. Auch das ist ungerecht; das müssen Sie doch zugeben. Das kann man so nicht in ein Gesetz hineinschreiben. Allein schon deswegen ist dieses Gesetz heute abzulehnen.
Wir von der FDP-Bundestagsfraktion sind gegen eine Zwangsverrentung. Wenn das Kernziel ist, wie der Herr Staatssekretär zu Beginn seiner Rede gesagt hat, ältere Menschen so lange wie möglich im Erwerbsleben zu halten, dann muss man festhalten, dass diese Zwangsverrentungsregeln zur Erreichung dieses Ziels ausgesprochen kontraproduktiv sind.
Wir sind auch gegen die heutige Vorlage, weil die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I kontraproduktiv ist. Dies haben in der Anhörung übereinstimmend alle Sachverständigen gesagt. Eine längere Bezugszeit führt auch zu einer längeren Verweilzeit in der Arbeitslosigkeit. Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass ältere Menschen so schnell wie möglich in das Erwerbsleben zurückkommen.
Wir sind außerdem gegen dieses Gesetz, weil es statistische Manipulationen beinhaltet. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch hier gibt es wieder einen prozyklischen Effekt. In konjunkturell schlechten Zeiten werden ältere Langzeitarbeitslose aus der Statistik ausgeblendet. Es wäre lebensfremd, wenn man das nicht sehen würde. So werden die Bemühungen, Langzeitarbeitslose wieder in das Erwerbsleben zurückzuführen, natürlich leiden, weil in den Agenturen diejenigen Arbeitslosen, die sichtbar sind und statistisch abgebildet werden, vorrangig behandelt werden. Das ist doch einfach menschlich.
Die Anhebung der Zuverdienstgrenze ist nichts anderes als ein Reförmchen. Sie ist ebenso mutlos wie die Politik der Großen Koalition insgesamt.
Ich sage Ihnen noch einmal: Der richtige Weg wäre - darin hat Herr Adamy die FDP-Fraktion bei der Anhörung auch ausdrücklich bestärkt und bestätigt -, den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand flexibel zu gestalten.
Es gilt, für über 60-Jährige flexibel einen Übergang auf der Basis dessen, was diese in ihrem Erwerbsleben bereits geleistet haben, zu suchen, und zwar unter Wegfall sämtlicher Zuverdienstgrenzen.
Dann kann jeder selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang er weiterhin erwerbstätig bleiben will. Das wäre der richtige Weg.
Das aber, was Sie heute hier vorlegen, ist aus den genannten Gründen kontraproduktiv und abzulehnen. Das wird auch in der jetzigen konjunkturellen Situation dazu führen, dass sich die Probleme der Älteren eher verschärfen, als dass sie geringer werden. Deshalb ist das der falsche Weg. Wir lehnen das ab.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Paul Lehrieder von der CDU/CSU-Fraktion.
Paul Lehrieder (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Monaten hat sich der Arbeitsmarkt in Deutschland erfreulich positiv entwickelt. Ganz besonders erfreulich war, dass gerade auch ältere Arbeitslose von dieser Entwicklung profitiert haben.
So ist die Erwerbstätigenquote der älteren Arbeitnehmer von 37,7 Prozent im Jahr 1998 Ende 2007 auf nunmehr 52 Prozent gestiegen.
Der Kollege Oskar Lafontaine hat hier aus der Stellungnahme des IAB, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, zur Anhörung vom letzten Montag zitiert. Herr Lafontaine, auch ich war bei dieser Anhörung. Auch ich habe nachgefragt, wie sich die Beschäftigungssituation unserer älteren Mitbürger verändert hat. Herr Präsident, mit Ihrem geschätzten Einverständnis darf ich aus der Antwort des Herrn Walwei vom genannten Institut zitieren:
Wenn wir auf die Beschäftigungssituation Älterer schauen, dann müssen wir sagen, sie sind nach wie vor noch eine Problemgruppe des Arbeitsmarktes. Wir haben - wenn man so will - eine unterproportionale Beschäftigungsquote und eine überproportionale Arbeitslosenquote. Die Situation hat sich verbessert, das hat Herr Wuttke eben auch ausgeführt. Es gibt noch gar keine Veranlassung zur Euphorie. Wir haben aber - und das ist wichtig - bei den Älteren einen leicht positiven Trend, der geht schon über etwas längere Zeit. Der ist zuletzt einmal sicherlich durch die Konjunktur verstärkt worden, es sind aber auch erste Effekte der Arbeitsmarktreform.
Lieber Herr Lafontaine, wenn Sie zitieren, dann sollten Sie auch sagen, dass uns das IAB recht gegeben hat.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Lehrieder, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Spieth von den Linken?
Paul Lehrieder (CDU/CSU):
Ja, bitte.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Bitte schön, Herr Spieth.
Frank Spieth (DIE LINKE):
Herr Kollege Lehrieder, ich habe eine Frage.
In den Anhörungen sind auch die Statistiken und die Erfolgsbilanz bei den Arbeitslosen - insbesondere bei den älteren Arbeitslosen - diskutiert worden. Es wurde auch darüber diskutiert, dass beispielsweise noch im Oktober letzten Jahres 570 000 ältere Arbeitslose aufgrund der sogenannten 58er-Regelung nicht als Arbeitslose registriert wurden.
Gegenwärtig wird mit diesem Gesetzentwurf ja erneut der Versuch gemacht, statistische Tricks vorzunehmen, um die Öffentlichkeit zu täuschen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Spieth, Sie sollen eine Frage stellen.
Frank Spieth (DIE LINKE):
Ich stelle die Frage jetzt. Manchmal muss man vorher etwas erläutern, damit die Frage auch beantwortet werden kann.
Selbst die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sagt, dass dies ein Statistiktrick ist, durch den die Problematik am Arbeitsmarkt im Grunde genommen verschleiert wird. Sehen Sie das auch so?
Paul Lehrieder (CDU/CSU):
Lieber Kollege, zunächst einmal: Vielleicht sollten Sie sich darauf beschränken, eine Frage zu stellen. - Da Sie jetzt hier Statistiktricks erwähnen, erwidere ich mit einem guten Zitat: Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selber gefälscht habe.
Ihnen ist bekannt, dass bei diesen Expertenanhörungen - zum Beispiel des Gesundheitsausschusses; das wurde von meinem Kollegen Brauksiepe vorhin bereits ausgeführt - jeder natürlich solche Zahlen heraussucht und interpretiert, die für seine Argumentation passen.
Durch die Änderungen des Gesetzes, das den Bezug des ALG I regelt, wollen wir hinsichtlich der 58er-Regelung eine Verbesserung erreichen, um genau die von Ihnen unterstellte Statistikfälschung nicht mehr entstehen zu lassen.
Herr Staatssekretär Thönnes hat im Eingangsreferat ausgeführt, dass die Wertschätzung von älteren Arbeitnehmern erkannt werden soll. Ich glaube, hier sind wir auf einem wichtigen und guten Weg, den Wert eines älteren Arbeitsnehmers für einen Betrieb bzw. für ein Unternehmen anders als vielleicht noch vor etlichen Jahren zu bewerten. Ein 50- bzw. 55-Jähriger gehört bei uns längst nicht mehr zum alten Eisen. Genau dies spiegelt sich durch die verstärkten Vermittlungsbemühungen gerade für Ältere auch in dem Gesetzentwurf wider.
Frau Nahles hat auf das Projekt WeGebAU hingewiesen. Genau das ist korrekt. Wir bemühen uns um die Älteren. Wir wollen die Älteren im Arbeitsmarkt halten und ihnen einen Lebensinhalt geben, sofern noch eine Arbeitsmöglichkeit besteht.
Meine Damen und Herren, der Anstieg der Beschäftigungsquote Älterer ist auch eine Folge der guten Konjunktur der vergangenen Jahre, vor allem aber auch das Resultat struktureller Verbesserungen, die wir als Große Koalition auf dem Arbeitsmarkt erreichen konnten, und damit das Ergebnis einer Politik des Förderns und Forderns, die weniger auf Frühverrentung setzt. Vielmehr wollen wir gerade diejenigen unterstützen, die sonst kaum Aussichten auf einen Arbeitsplatz haben.
Bei den guten Zahlen hinsichtlich der Vermittlung älterer Arbeitsloser sollten wir nicht vergessen, dass bei der beruflichen Eingliederung Älterer in vielen Branchen weiterhin Probleme bestehen. Deshalb werden wir jetzt tätig und bringen das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze auf den Weg, mit dem wir die soziale Absicherung älterer Arbeitnehmer und ihre Integration in den Arbeitsmarkt weiter verbessern wollen.
Gerade auf das Erfahrungspotenzial von Arbeitnehmern, die die 50 überschritten haben, können wir künftig allein schon aus demografischen Gründen immer weniger verzichten. Die demografische Entwicklung und der zunehmende Fachkräftebedarf sind nun einmal Tatsachen, an denen wir nicht vorbeikommen. Auf längere Sicht liegt deshalb in dieser Gruppe eine unserer wichtigsten Arbeitskraftreserven in der Bevölkerung.
Deshalb verlängern wir die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I in drei Stufen. Dabei werden die Vorversicherungszeiten in den letzten fünf Jahren und das Lebensalter berücksichtigt. Künftig erhalten 50-Jährige bis zu 15 Monate, 55-Jährige bis zu 18 Monate und 58-Jährige bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I.
Die Verlängerung gilt für alle, die nach Inkrafttreten des Gesetzes arbeitslos werden und Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Sie gilt auch für diejenigen, die bereits arbeitslos sind und nach Inkrafttreten des Gesetzes ebenfalls Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.
Die Verlängerung der ALG-I-Bezugsdauer ist kein Almosen. Es geht um unsere soziale Verantwortung denen gegenüber, die viele Jahre Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
Es ist wichtig, die Verlängerung der Bezugsdauer von ALG I nicht isoliert zu betrachten. Deshalb verbessern wir zweitens die Wiedereingliederung mit Eingliederungsgutscheinen und Eingliederungszuschüssen. Der Eingliederungsgutschein ist an ein konkretes Arbeitsangebot gekoppelt mit dem Auftrag, sich selbst um die Einlösung des Gutscheins zu bemühen. Er bietet den Betroffen die Möglichkeit, mit diesem Instrument aus eigener Initiative auf mögliche Arbeitgeber zuzugehen und so eine Förderleistung mitzuerbringen.
Zum Dritten beinhaltet der Gesetzentwurf eine Nachfolgeregelung der sogenannten 58er-Regelung. Die 58er-Regelung stand in vielen Bereichen der Beschäftigung älterer Mitarbeiter entgegen. Der neue § 3 Abs. 2a SGB II sieht vor, dass erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, unverzüglich in Arbeit oder in eine Arbeitsgelegenheit vermittelt werden sollen. Dies ist eine klare Vorgabe für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, sich verstärkt um die Integration gerade dieser Altersgruppe zu bemühen und diesem Ziel im Konfliktfall Vorrang vor einer auf betriebswirtschaftliche Effizienz ausgerichteten Arbeitsmarktpolitik einzuräumen. In den vergangenen Jahren war dies häufig nicht der Fall, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, eher nachrangig durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gefördert wurden. Jugendlichen und jungen Erwachsenen wurde hier bislang ein rechtlicher Vorrang eingeräumt.
Bei der Neuregelung gilt immer der Grundsatz: Auch ältere Menschen sind unverzüglich in Arbeit oder in eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln. Gelingt dies nicht, ist sichergestellt, dass die Träger spätestens im Abstand von jeweils sechs Monaten zu prüfen haben, welche Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit erforderlich sind. Darüber hinaus wird einheitlich für alle Hilfsbedürftigen festgelegt, dass sie erst nach der Vollendung des 63. Lebensjahres eine Altersrente mit Abschlägen in Anspruch zu nehmen haben. Herr Staatssekretär Thönnes hat bereits darauf hingewiesen, dass es eine Härtefallregelung gibt. Es ist also längst nicht so, dass Scharen von 63-Jährigen in die Zwangsrente geschickt werden, wie es uns die Linke-Partei glauben machen möchte.
- Ich komme auf den Begriff ?Zwangsverrentung? noch zurück. Ich kenne doch längst Ihre Lieblingsausdrücke.
So wird eine frühzeitige Zwangsverrentung vermieden. Dies ist notwendig, wenn tatsächlich das Ziel verfolgt wird, erwerbsfähige Hilfsbedürftige im Alter von mindestens 58 Jahren verstärkt in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bestünde die Möglichkeit einer Zwangsverrentung erwerbsfähiger Hilfsbedürftiger bereits im Alter von weniger als 63 Jahren, hätten die Träger der Grundsicherung auch einen geringeren Anreiz, ihre Vermittlungsbemühungen bei den über 57-Jährigen zu verstärken; darauf habe ich bereits eingangs hingewiesen. Die neu auf 63 Jahre festgesetzte Altersgrenze als frühesten Rentenzeitpunkt für ALG-II-Bezieher drängt zwar den richtigen Nachrangigkeitsgrundsatz der Fürsorgeleistung etwas zurück, wonach jeder alles ihm Mögliche tun muss, um Hilfsbedürftigkeit zu vermeiden oder zu verringern. Für eine solche Regelung spricht jedoch, dass eine Privilegierung im Rentenrecht für Frauen und schwerbehinderte Menschen nicht in einen Nachteil beim ALG-II-Bezug umschlagen darf.
Ältere Arbeitslose dürfen sich dabei allerdings nicht dem Trugschluss hingeben, die ersten Arbeitsangebote auszuschlagen in der Hoffnung, es käme noch etwas Besseres.
Um ?Fordern und Fördern? effektiv umsetzen zu können, sind wir natürlich auf die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit angewiesen. Ich war sehr erfreut darüber, dass Herr Rudolf Knorr von der Bundesagentur für Arbeit im Verlauf der Anhörung am vergangenen Montag in diesem Zusammenhang noch einmal klare Worte gefunden hat. Demnach legt die Bundesagentur für Arbeit mit ?Beginn der Vermittlung fest, welche Aktivitäten der Kunde selbst unternehmen soll?. Dazu muss der, der in Arbeitslosigkeit geraten ist, natürlich auch bereit sein. Für das Gelingen unserer Reformen sind auch die Mitarbeit der Bundesagentur für Arbeit und die Initiative der Betroffenen unerlässlich.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat die Kollegin Brigitte Pothmer vom Bündnis 90/Die Grünen.
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute so, wie wir es sehr häufig hier erleben: Vor dem Mikrofon und den Kameras zeigen sich die Vertreter der Großen Koalition gern in tiefer Sorge um die Beschäftigung Älterer; aber sobald die Kameras ausgeschaltet sind, werden hinter den Kulissen die Statistiken frisiert.
Mit der Regelung, die Sie jetzt einführen, Frau Nahles, wird die Zahl der Arbeitslosen nicht mehr von der realen Arbeitslosigkeit abhängig gemacht. Vielmehr machen Sie die Zahl der Arbeitslosen von der Arbeitsmarktlage abhängig.
Das, Frau Nahles, ist ein Konzept, mit dem Sie nicht die Arbeitslosigkeit bekämpfen, sondern die Zahlen.
Vielleicht bekommen Sie damit eine bessere Bilanz, aber mit Sicherheit keine geringere Arbeitslosigkeit.
Frau Nahles, auch Sie waren doch bei der Anhörung dabei. Alle, aber auch alle Sachverständigen, die da vertreten waren, haben dieses Problem thematisiert.
Sie haben darauf hingewiesen, dass diese Manipulation real negative Folgen für die Betroffenen haben wird. Es waren nicht unsere Sachverständigen, die das gesagt haben. Der DGB spricht zum Beispiel davon, dass Fehlanreize geschaffen werden, die dazu führen, dass für diesen betroffenen Personenkreis keine Angebote mehr unterbreitet werden. Das wird zur Folge haben: weniger Vermittlungsbemühungen, mehr Arbeitslose. Der Vertreter der BDA, wahrlich nicht unser Sachverständiger, hat gesagt, Statistiktricks würden dazu führen, dass der Reformbedarf am Arbeitsmarkt vernebelt wird. Die Bundesagentur für Arbeit selber fürchtet den Vorwurf der Manipulation von Arbeitslosenzahlen, und zwar deswegen, weil sie diejenigen sind, die die Statistiken erstellen müssen.
Sie haben wahrlich noch sehr gut in Erinnerung, was es heißt, geschönte Vermittlungszahlen auf den Markt werfen zu müssen. Die Erinnerungen an das Jahr 2002 sind bei ihnen jedenfalls noch sehr lebendig.
- Die haben was gelernt, die Große Koalition nicht.
Das IAB sagt, diese Regelung verschlechtere die Situation älterer Hilfebedürftiger und laufe den Zielen Ihres Gesetzentwurfs zuwider. Die Sachverständigen waren wohl alle zu begriffsstutzig, um zu erkennen, dass Sie damit Wohltaten über ältere Beschäftigungslose ausschütten werden.
Meine Damen und Herren von der Großen Koalition, tun Sie sich selbst, uns, aber auch den Steuerzahlern einen Gefallen, und beenden Sie die Farce von Anhörungen, wenn die Positionen der Sachverständigen, die dort vorgetragen werden, in keiner Weise in Ihre Meinungsbildung und das, was Sie uns hier vorlegen, Eingang finden.
Was ich aber zusätzlich als sehr großes Problem empfinde, ist die Botschaft, die Sie mit dieser Regelung an die älteren Arbeitslosen senden. Die Botschaft heißt doch: Wer älter ist und keinen Job findet, ist nicht mehr arbeitslos, sondern schlicht und ergreifend unbrauchbar.
Meine Damen und Herren, Sie predigen hier immer wieder, dass ältere Arbeitnehmer gebraucht werden, dass deren Integration in den Arbeitsmarkt für Sie eine zentrale arbeitsmarktpolitische Aufgabe ist. Aber wenn die Kirche aus ist, werden die Betroffenen schlicht und ergreifend ausgemustert. Was daran christlich oder sozial ist, müssen Sie uns einmal erklären.
Schon die Verlängerung des Bezugs des Arbeitslosengeldes I ist - das wissen Sie auch - letztlich ein vergiftetes Geschenk. Daran ändert der Eingliederungsgutschein, von dem hier heute noch einmal die Rede war, gar nichts. Der Eingliederungsgutschein ist ein Instrument, mit dem Sie versucht haben, die berechtigte Kritik von Herrn Müntefering beiseite zu schieben.
In der Sache bringt dieser Eingliederungsgutschein nichts. Wir haben bereits zwölf Kombilöhne. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass dieser 13. an irgendeiner Stelle etwas ändern wird.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Bedenken Sie die Zeit, Frau Pothmer.
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss. - Zur Eingliederung Älterer in den Arbeitsmarkt trägt weder dieses Gesetz noch dieser Eingliederungsgutschein etwas bei. Das werden Sie, wenn das Gesetz in Kraft ist, zur Kenntnis nehmen müssen.
Ich danke Ihnen.
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Das Wort hat der Kollege Anton Schaaf von der SPD-Fraktion.
Anton Schaaf (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Pothmer, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie eben gesagt, Sie sind nicht damit einverstanden, dass wir den Bezug von Arbeitslosengeld I jetzt verlängern.
Sie halten die Systematik für falsch. So habe ich es verstanden. Gleichzeitig lehnen Sie es ab, dass der betroffene Personenkreis - also ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die arbeitslos geworden sind - ab dem 63. Lebensjahr unter Umständen Rente beantragen muss. Das heißt im Klartext: Sie wollen den Zeitraum für den Bezug von Arbeitslosengeld II für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keinen Job finden, schlichtweg verlängern.
Sie wollen sie aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorzeitig herausnehmen; denn der Bezug von Arbeitslosengeld I ist eine Versicherungsleistung. Gleichzeitig wollen Sie aber nicht, dass die Betroffenen frühverrentet - oder wie Sie sagen: zwangsverrentet - werden. Damit verlängern Sie schlichtweg die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld II für ältere Arbeitslose. Sonst nichts. Das ist doch völlig klar.
Übrigens ist es mir ein absolutes Rätsel, wieso die Grünen und die FDP - ich schaue zu Herrn Kolb herüber - das Einhalten des Nachrangigkeitsprinzips in unseren sozialen Sicherungssystemen in der Art und Weise in Misskredit bringen.
Unser Sozialstaatsprinzip beruht darauf, dass man zunächst einmal die eigene Leistungsfähigkeit in die Waagschale wirft. Erst wenn diese nicht ausreicht, dann greift die Solidarität der Allgemeinheit. Sie wollen dieses Prinzip an dieser Stelle grundsätzlich außer Kraft setzen. Sie setzen die Solidarität der Allgemeinheit vor die eigene Leistungsfähigkeit.
Ich halte dies für einen völlig falschen Ansatz, der unseren Sozialstaat nachhaltig schädigen und infrage stellen kann. Bei der FDP verwundert mich das nicht: Das, was wir, paritätisch und solidarisch finanziert, als Sozialstaatlichkeit begreifen, ist für die FDP Teufelswerk.
Da ich gerade bei der FDP bin, will ich noch Folgendes sagen: Herr Niebel, Ihre Ausführungen hinsichtlich des Lobbyismus waren wirklich hochspannend.
Wenn man im Glashaus sitzt, sollte man aber nicht mit Steinen werfen. Ihr Hinweis auf Amerika und die dortige Steuersenkung war schon bemerkenswert. Ihre klassische Klientel, nämlich die Manager bei Banken, Versicherungen und in der Maklerwirtschaft in Amerika,
hat eine massive Krise verursacht, die Millionen von Menschen richtig viel Geld kosten wird. Diese haben in Amerika eine Rezession heraufbeschworen. Aber Sie feiern die amerikanische Regierung, weil sie sozusagen als Notwehrreaktion die Steuern senkt. Es ist schon aberwitzig, wie Sie hier argumentieren.
- Nein, Herr Niebel, ich lasse keine Zwischenfrage zu. Sie haben Ihre Wahlkampfrede schon gehalten. Ich möchte Ihre Redezeit nicht noch verlängern.
Herr Kollege Lafontaine, die Altersarmut muss man sicherlich auf der Agenda haben. Das ist überhaupt keine Frage; ich widerspreche Ihnen da nicht. Im Wesentlichen hat dieses Problem auch mit unterbrochenen Erwerbsbiographien der Menschen zu tun. Übrigens hat Rot-Grün eine untere Auffanggrenze eingeführt, nämlich die steuerfinanzierte Grundsicherung im Alter. Man kann über Höhen zwar immer diskutieren, aber immerhin haben wir diese untere Grenze eingeführt, um dem Problem der Altersarmut auf gerechte Art und Weise zu begegnen.
Dass man über die Höhe dieser Grundsicherung diskutieren kann, ist natürlich richtig.
Den Ist-Zustand bei der Altersarmut einfach in die Zukunft so zu übertragen, dass es für die eigene Argumentation passt, würde bedeuten, dass Politik nicht mehr handlungsfähig ist. Die Sozialdemokraten werden das nicht tun. Wir werden die Zahl von 3,5 Millionen arbeitslosen Menschen, die aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit befürchten müssen, im Alter arm zu sein, nicht hinnehmen. Wir werden weiter daran arbeiten, dass die Menschen im Alter nicht arm sind, indem sie jetzt eine Arbeit bekommen. Das ist der richtige Weg.
Nun zum Arbeitslosenversicherungsbeitrag. Auch über dessen Höhe kann man miteinander streiten. Ich gebe Ihnen recht, dass die Senkung dieses Beitrags bewirkt, das 25 Milliarden Euro bei denen bleiben, die die Beiträge aufbringen. Aber wir nehmen dieses Geld nicht aus der Kasse der Arbeitslosenversicherung. Vielmehr bleibt es bei denen, die diese Beiträge normalerweise aufbringen müssten.
Bei dem Arbeitslosengeld I schränken wir keine Leistung ein. Auch das muss man einmal festhalten. Der Eingliederungstitel wird nicht verändert. Es ist ja nicht so, dass es keine aktive Arbeitsmarktpolitik mehr gibt. Aber Sie sagen, dass wir an dieser Stelle den Unternehmen im Lande Geschenke machen würden. Die Hälfte dieser 25 Milliarden Euro behalten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land; das muss man einmal festhalten. Das verschweigen Sie grundsätzlich.
Die Hälfte von dem, was Sie ?vorenthaltenen Lohn? nennen, bleibt bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Das muss man klarmachen, wenn man sich bei allen anderen Sachen andauernd darüber beschwert, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusätzlich belastet werden. An dieser Stelle werden sie entlastet, und die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung werden in keiner Weise eingeschränkt.
Man muss sich anschauen, wozu die Blüm?sche Arbeitsmarktpolitik - 32 Monate Arbeitslosengeld-I-Bezug - geführt hat. Damals war alles in Ordnung; wir alle haben es gefeiert. Im Nachhinein muss man aber feststellen, dass diese Politik zu folgender Situation geführt hat: Die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in der Regel in der Großindustrie und im öffentlichen Dienst, die mit zunehmendem Alter teurer werden, sind von den Unternehmen systematisch aus den Produktionsprozessen gedrängt worden. Systematisch! Dies geschah nur, weil sie älter und teurer und an der einen oder anderen Stelle eventuell nicht mehr leistungsfähig waren.
Diese Praxis, bei der den Älteren suggeriert wird, dass sie in dieser Gesellschaft nicht mehr brauchbar sind, weil sie über 50 Jahre alt sind, haben wir schlichtweg beendet. Es ist richtig, dass wir sie beendet haben.
Sie können an dieser Stelle kritisieren, wie Sie möchten. Man muss sich die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einmal anschauen. Wenn Sie dann sagen, dass bei den über 60-Jährigen die Verbesserung am Arbeitsmarkt noch nicht angekommen ist, gebe ich Ihnen zunächst einmal recht. Aber bei den über 50-Jährigen sowie auch bei den über 55-Jährigen ist sie angekommen. Die über 55-Jährigen werden dann über 60 Jahre alt, und die Verbesserungen, die am Arbeitsmarkt tatsächlich stattgefunden haben, werden somit auch bei ihnen ankommen. Das ist für mich überhaupt keine Frage.
Lassen Sie mich ganz zum Schluss, weil meine Redezeit am Ende ist, Folgendes sagen - sicherlich auch im Hinblick auf das Wochenende, da fast jeder Redner vor mir Wahlkampf gemacht hat -: Die Art und Weise, in der Sie mit Sachthemen den Menschen Panik gemacht haben, fällt in sich zusammen.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Der Kollege Schneider hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die derzeitige Regelung zu massenhaften Zwangsverrentungen führen könnte, wenn wir nicht zum 1. Januar 2008 einen Ersatz für die 58er-Regelung schaffen. Herr Kollege Schneider, so haben Sie es auch formuliert. Herausgekommen ist dabei - das darf man einmal sagen -: Es wurden massenhaft Menschen verunsichert, die jetzt in der Situation sind.
Ihre Prognose ist aber in keiner Weise eingetreten. - Ich kann das in der politischen Auseinandersetzung aushalten. Aber bei den Menschen, die Sie mit der Androhung der Zwangsverrentung zum 1. Januar verunsichert haben, sollten Sie sich entschuldigen, Herr Schneider.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Schaaf, kommen Sie bitte zum Schluss.
Anton Schaaf (SPD):
Ich bin schon am Schluss.
Ich kann den Menschen in Hessen und Niedersachsen nur sagen: Wenn Sie keine Ankündigungspolitik und keine Panikmache haben wollen, wenn Sie wollen, dass man Ihnen seriöse Lösungen anbietet, für die man sich einsetzt und die man umsetzt, dann wählen Sie am Wochenende nicht Protest; wählen Sie SPD: Jüttner, Ypsilanti!
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Heinrich Kolb.
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Herr Kollege Schaaf, es war wirklich ein beeindruckendes Schauspiel, wie Sie anderen Wahlkampf vorgeworfen haben, aber selbst in einer Art und Weise überzogen haben, wie ich es in diesem Hause noch nicht erlebt habe.
Sie sollten sich wirklich überlegen, ob das angemessen war.
Sie haben den Grünen und uns vorgeworfen, wir hätten eine seltsame Sichtweise, was den Nachrangigkeitsgrundsatz angeht. Ich frage Sie: Darf nicht auch der Staat, darf nicht auch ein Gemeinwesen rechnen? Ist es wirklich sinnvoll, Menschen zwei Jahre früher mit Abschlägen in den Ruhestand zu schicken und dafür zu riskieren, dass ihnen nach dem 65. Lebensjahr für die gesamte Rentenbezugsdauer aufstockende Grundsicherung gezahlt werden muss? Wenn Sie sich das einmal genau anschauen, werden auch Sie zu dem Ergebnis kommen, dass das in vielen Fällen ein Nullsummenspiel sein wird. Weil das so ist, hat aus unserer Sicht Priorität, dass die Menschen im Erwerbsleben bleiben. Deshalb ist dies gerechtfertigt.
Ein bisschen schwanger zu sein, wie Sie sich das vorstellen, geht außerdem nicht. Entweder gilt der Nachrangigkeitsgrundsatz - dann hätte man die Altersgrenze nicht von 60 auf 63 Jahre anheben dürfen -, oder er gilt nicht in dieser Schärfe. Ich glaube, das, was wir vorgetragen haben, entbehrt nicht eines gewissen Augenmaßes.
Ich möchte Ihnen einen weiteren Punkt vorhalten. Sie haben gesagt, amerikanische Bankenmanager seien eine Klientel der FDP. Ich sage Ihnen: Schauen Sie sich einmal die deutschen Bankenmanager an, insbesondere die, die für die derzeitige Finanzkrise verantwortlich sind! Ich nenne nur die Stichworte ?Sachsen Landesbank?, ?KfW? und ?IKB?. Die Leute, die dort Verantwortung tragen, haben Parteibücher der Großen Koalition, aber doch nicht der FDP. Das muss man hier einmal deutlich sagen.
Am bemerkenswertesten fand ich schließlich, was Sie nicht gesagt haben. Auf meinen Vorhalt ?Der Maurer wird zwangsverrentet, der Bauingenieur nicht? haben Sie sich, obwohl Sie alles andere hier schön haben Revue passieren lassen, in keiner Weise bezogen. Der eigentliche Skandal ist, dass Sie auf solche Vorwürfe nicht eingehen. Das, meine ich, sollten Menschen bedenken, wenn sie irgendwann einmal - nicht am Sonntag - vor Wahlentscheidungen stehen.
Danke für die Aufmerksamkeit.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Schaaf zur Erwiderung.
Anton Schaaf (SPD):
Herr Kollege Kolb, ich bleibe bei meiner Aussage in Bezug auf Ihre spezielle Klientel.
Ich bleibe auch dabei, dass man schauen kann, was diese spezielle Klientel zum Teil mit Menschen anrichtet. Das sieht man zum Beispiel jetzt in Bochum, wo skrupellos mit der Zukunft von Menschen hantiert wird.
Dann wird von Teilen der FDP - ich habe mir da das eine oder andere anschauen dürfen und antun müssen - sogar noch gerechtfertigt, dass Unternehmen sozusagen den Subventionen hinterherreisen und überall verbrannte Erde hinterlassen. Ich habe mir Argumentationen anhören müssen, dass das eigentlich doch okay ist.
Aber das ist überhaupt nicht die Frage. Die Frage des Maurers oder des Dachdeckers ist eine ganz andere. Sie müssen sich anschauen, was die Koalition da auf den Weg gebracht hat, zum Beispiel was die Frage von guter Arbeit angeht, was die Frage von Qualität von Arbeit angeht. Wir werden nie verhindern können, dass Menschen sich kaputtarbeiten. Wir können aber an dieser Stelle präventiv arbeiten. Wenn Menschen sich kaputtgearbeitet haben, müssen wir ihnen eine vernünftige Antwort geben. Das ist der entscheidende Punkt. Sie liefern diese allerdings überhaupt nicht.
Sie individualisieren das Lebensrisiko Arbeitslosigkeit. Sie individualisieren das Lebensrisiko Alter. Sie wollen gar nicht die Solidarität des Staates und auch nicht die Solidarität der Arbeitgeber, die jetzt mit dazu beitragen. Daher habe ich von dem, was ich eben gesagt habe, in keiner Weise irgendetwas zurückzunehmen.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Meckelburg von der CDU/CSU-Fraktion.
Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will dem Beispiel von Herr Schaaf im Schlusssatz seiner Rede jetzt nicht nachkommen. Wir sind zwar irgendwo im Wahlkampf; aber die Bürgerinnen und Bürger werden schon wissen, wo sie am Sonntag ihr Kreuzchen machen. Ich glaube, dass unsere Debatte das nicht groß beeinflussen wird.
Ich will noch einmal festhalten: Es geht heute um die Umsetzung der Koalitionsbeschlüsse vom November.
Der erste Teil, die Verringerung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages, ist umgesetzt; dies haben wir bereits im letzten Jahr beschlossen. Ich will noch einmal auf die Wirkung hinweisen: Wir haben die Arbeitslosenversicherungsbeiträge in zwei Stufen - zum 1. Januar letzten Jahres und zum 1. Januar dieses Jahres - von 6,5 Prozent auf 3,3 Prozent verringert. Das sind 25 Milliarden Euro, die an diejenigen zurückgehen, die Beiträge zahlen. Das bedeutet für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Schnitt 400 Euro Einkommen mehr im Jahr. Ich glaube, das muss man an dieser Stelle noch einmal sagen, weil es Kosten senkt und dazu beiträgt, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden, auch wenn Sie von den Linken das ständig bezweifeln.
Im zweiten Teil geht es heute darum, die Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld I zu verlängern und den Eingliederungsgutschein als neues Instrument einzuführen. Ich will es deutlich sagen: Wir wissen, dass die Situation Älterer am Arbeitsmarkt besser geworden ist. Wir wissen, dass die Zahlen eine positive Sprache sprechen. Dennoch wissen wir auch: Ältere brauchen nach wie vor länger, um wieder in Arbeit zu kommen. Deswegen ist es sinnvoll, eine solche stufenweise Verlängerung vorzunehmen. Im Einzelnen steigt die Anspruchsdauer in drei Altersstufen - 50, 55 und 58 Jahre - auf 15, 18 bzw. 24 Monate. Als Union sind wir der Auffassung, dass wir mit diesen Stufen vor allen Dingen diejenigen erreichen, die lange Zeit in die Sozialversicherung eingezahlt haben. Davon sollen sie auch profitieren, und insofern stellt dies ein Stück Gerechtigkeit dar. Zugleich geht es darum, die Chance für Ältere zu erhöhen, in Arbeit zu kommen.
Ich füge hinzu, wobei ich ein bisschen überzeichne: Mit der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I wollen wir nicht erreichen, dass man sich länger in Arbeitslosigkeit wohlfühlen kann. Unser Ziel ist es, vermehrt auch ältere Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen. Es ist das Ziel dieser Gesetzgebung, ältere Menschen noch stärker in Arbeit zu bringen, als es bereits zurzeit der Fall ist.
In diesem Zusammenhang ist das Instrument des Eingliederungsgutscheins eine Notwendigkeit, weil er hilft, die Zeit wirklich zu nutzen, in der man unter Bezug von Arbeitslosengeld I nach Arbeit suchen kann. Über die Bedingungen des Eingliederungsgutscheins werde ich nicht viel sagen. Er bedeutet, dass man sich bewerben kann und gleichzeitig die Möglichkeit hat, ein Jahr lang gefördert zu werden. Entweder bekommt man diesen Eingliederungsgutschein, verbunden mit einem konkreten Arbeitsangebot, von der Arbeitsagentur, oder man bekommt - das ist neu, und das muss in die Köpfe älterer Menschen hinein - den Auftrag, sich selbst um dessen Einlösung zu bemühen, sich also selbstständig zu bewerben. Es geht konkret um verstärkte Eigenbemühungen. Die Eingliederungsvereinbarung zwischen der Arbeitsagentur und dem Arbeitslosen sieht vor, dass beide Seiten alle drei Monate miteinander Kontakt haben. Auf diese Weise wird nachjustiert werden können, um alle Chancen zu nutzen, ältere Menschen in Arbeit zu bringen. Das ist das Hauptziel.
Dasselbe gilt für die 58er-Regelung. In diesem Zusammenhang erwähne ich, dass es im Gesetz auch einen Hinweis auf eine Rechtsverordnung gibt, mit der Härtefälle geregelt werden. Hier soll ein Ermessensspielraum genutzt werden können, welche Maßnahme seitens der Arbeitsagentur in Angriff genommen werden kann.
Wir nehmen auch eine Veränderung beim Zuverdienst vor; das ist von allen positiv bewertet worden. Wir sehen nun eine gleichmäßige Grenze von 400 Euro vor. In der Vergangenheit hat es hier Schwierigkeiten gegeben, weil die Menschen gedacht haben, dies sei die Grenze. In Wirklichkeit lag sie etwas darunter. Das ist jetzt einheitlich geregelt; auch dies ist ein Fortschritt, den wir mit diesem Gesetz erreichen.
Dafür, dass dies alles zum 1. Januar in Kraft treten kann, obwohl es endgültig erst Mitte Februar beschlossen sein wird - wir beschließen es heute, der Bundesrat wird dem folgen -, haben wir Regelungen getroffen. Dass wir dies hinbekommen haben, ist im Ausschuss beispielsweise von der Fraktion der Grünen gelobt worden. Das ist nicht ganz einfach; aber alle sind darauf vorbereitet, zu wissen, dass die Fälle, die infrage kommen - -
- Sie waren es, glaube ich, Frau Schewe-Gerigk.
- Okay, zumindest einer von Ihnen.
Es soll also dann, wenn man nach geltendem Recht ab dem 1. Januar bereits im Rentenbezug wäre, die Möglichkeit bestehen, dies wieder rückgängig zu machen und die verlängerten Arbeitslosengeld-I-Bezugszeiten zu nutzen. Dies ist vorbereitet und wird auch relativ zügig umgesetzt werden können, weil alle Partner bereits daran arbeiten.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas Kritisches zu den Anträgen der FDP sagen. Einer Ihrer Anträge, Herr Niebel, ist der Standardantrag, der eine Liste von Möglichkeiten enthält, wie man Wirtschaft und Arbeitsmarkt verändern kann. Sie wissen, dass es hier dafür nach wie vor keine Mehrheit gibt. Sie können ihn gerne stellen; wir werden ihn ablehnen.
Die Vorstellung der FDP, bei einer Rente mit 60 unbegrenzt hinzuverdienen zu können, ist aus meiner Sicht höchst unsozial, weil derjenige, der nur einen geringen Rentenanspruch hat und nicht über der Mindestmarge liegt, weiterhin arbeiten muss, da er diese Möglichkeit nicht nutzen kann,
während derjenige, der diese Grenze erreicht hat und über dem Mindestarbeitslosengeldbezug liegt, in Rente gehen und tüchtig dazuverdienen kann. Das heißt, diejenigen, die vorher schon ordentlich verdient haben und eine ordentliche Rente mit 60 bekommen, können auch noch ordentlich dazuverdienen. Ich halte dies für höchst ungerecht; ich sage dies in aller Deutlichkeit.
Jetzt noch ein Wort zu den Anträgen und Bemerkungen der Linken. Herr Lafontaine, wenn Sie von Abschlägen in Höhe von 14,4 Prozent reden, dann wollen Sie damit den Menschen fürchterlich Bange machen. Sie müssen aber auch angeben, worauf sich diese 14,4 Prozent beziehen: Sie beziehen sich auf das Jahr 2029; denn erst dann kommt die Rente mit 67.
Das heißt, Sie machen heute den Menschen Angst mit etwas, was erst 2029 möglicherweise ansteht.
In der Zwischenzeit wird sich der Arbeitsmarkt positiv entwickeln. Das ist dringend notwendig. Ich bin sicher, dass wir beide nicht mehr dem Parlament angehören, Herr Lafontaine, wenn die entsprechenden Regelungen anstehen.
Sie wollen - das ist Ihre Alternative - lieber lange Arbeitslosengeld zahlen. Sie wollen nicht die Menschen in Arbeit bringen, sondern beschränken sich nur darauf, wie man den Menschen möglichst lange Arbeitslosengeld zahlen kann. Konkret heißt das, dass Sie älteren Arbeitslosen möglichst lange ALG I oder ALG II gewähren wollen, und zwar - je nachdem, wie die Einzahlungen waren - möglicherweise auf einem niedrigeren Niveau. Das ist völlig falsch.
Wir als Koalition wollen, dass möglichst viele Menschen in Arbeit kommen und dadurch auch entsprechend hohe Renten beziehen. Wir wollen höhere Einzahlungen und höhere Renten erreichen, als mit Ihrem Modell möglich ist.
Das ist Almosenniveau. Sie haben dieses Wort ja eben gebraucht.
Herr Präsident, gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung. - Der größte Vorwurf, den man Ihnen machen muss, ist, dass Sie als gemischte Partei irgendwo in der Nachfolge der SED stehen.
Das müssen vor allem diejenigen wissen, die neu dazugekommen sind, und damit auch Sie, Herr Lafontaine. Dadurch, dass Sie in diese Partei eingetreten sind, stellen Sie sich auch in die Nachfolge.
Der größte Vorwurf, den man Ihnen machen muss, ist, dass Sie 40 Jahre lang die Menschen in einem Teil Deutschlands von wirtschaftlicher Entwicklung, Lohnentwicklung und Wohlstand ausgeschlossen haben.
Wir sind dabei, dies auszugleichen. Sie sind die Letzten, die das Recht haben, ständig als Ratgeber aufzutreten.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/7866, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD auf Drucksache 16/7460 in der Ausschussfassung anzunehmen.
Die Fraktion Die Linke hat Teilung der Frage beantragt.
Ich rufe daher zunächst Art. 1 des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD in der Ausschussfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Art. 1 ist angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion Die Linke gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Ich rufe Art. 2 bis Art. 7 sowie Einleitung und Überschrift des Gesetzentwurfes in der Ausschussfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, um ihr Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Art. 2 bis Art. 7 sowie Einleitung und Überschrift sind angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen.
Damit ist der Gesetzentwurf in allen Teilen in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen.
Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 16/7866, den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/7459 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung gegen die Stimmen der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Beratung.
Wir setzen die Abstimmungen über die Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf Drucksache 16/7866 fort. Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 3 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/6644 mit dem Titel ?Beschäftigungschancen Älterer verbessern - Reformen der Agenda 2010 nicht zurücknehmen?. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung des Ausschusses? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Unter Nr. 4 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/7003 mit dem Titel ?Arbeit statt Frühverrentung fördern?. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Fraktionen gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 16/6929 mit dem Titel ?Beschäftigungssituation Älterer verbessern - Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente sozial gestalten?. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen aller Fraktionen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen.
[Der folgende Berichtsteil - und damit der gesamte Stenografische Bericht der 140. Sitzung - wird am
Montag, den 28. Januar 2008,
an dieser Stelle veröffentlicht.]