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Unternehmensethik und Globalisierung

Bild: Traditionelle Produktion für globale Märkte: Sisalernte in Afrika.
Traditionelle Produktion für globale Märkte: Sisalernte in Afrika.

Bild: Der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann.
Der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann.

Ein Essay von Heinz-Horst Deichmann

Wenn die Frage nach unternehmerischer Ethik in einer globalisierten Welt gestellt wird, dann gibt es für mich zwei wichtige Bereiche, die man betrachten muss: Da sind zum einen die Investitionen beziehungsweise die Beschaffung, mit denen ein Unternehmen in Entwicklungsländern aktiv werden kann. Zum anderen ist da aber auch – jenseits aller wirtschaftlichen Interessen – das soziale Engagement.

Wichtig ist, dass gerade in Schwellenländern Arbeitsplätze nicht nur in innovativen Industrie- und Forschungsbereichen entstehen, sondern gerade auch im traditionellen verarbeitenden, handwerklich orientierten Gewerbe. Hier entsteht Beschäftigung, die es auch den weniger gebildeten Menschen erlaubt, von den Früchten des globalen Handels zu profitieren.

Voraussetzung dafür ist die Erstellung, Beachtung und Kontrolle der Produktionsstandards. Die europäischen Konsumenten erwarten zu Recht, dass die Produktion von Waren in Entwicklungs- und Schwellenländern unter menschenwürdigen Bedingungen organisiert wird. Die meisten großen „Player“ im Markt sichern durch „Codes of Conduct“ die Sozialstandards bei ihren Lieferanten und lassen sie durch externe Prüfer kontrollieren.

Ohne menschliche Lebensbedingungen auf allen Kontinenten wird ein globales Zusammenleben immer schwieriger. Je mehr die Globalisierung fortschreitet, desto deutlicher wird, dass wir alle in einem Boot sitzen. Wenn an einer Stelle dauernd Wasser ins Boot läuft, haben bald alle nasse Füße. Die Missachtung von Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern auch gesamtwirtschaftlich unsinnig. Wo eine Volkswirtschaft ausgebeutet wird, kann kein nachhaltiges und solides Wirtschaftswachstum entstehen – und damit kein Markt.

Unsere eigene internationale Erfahrung zeigt: Wo die Sozialstandards beachtet werden, ist die Produktion anspruchsvollerer Güter möglich. Ohne vernünftige Arbeitsund Umweltbedingungen entsteht keine Qualität.

Ein Land kann vielleicht als so genanntes „Billiglohnland“ in den Kreislauf einsteigen. Aber letztlich ist immer das Ziel, durch den Aufbau höherwertiger Produktionsabläufe am globalen Wohlstand teilzuhaben. Wir müssen akzeptieren, dass wir zu einer globalen Arbeitsteilung nach fairen Regeln kommen. Entscheidend ist, dass Europa nicht nur auf sich selbst und seine Wohlstandsentwicklung schaut, sondern versteht, dass global gewirtschaftet wird.

Es ist wichtig, nicht den alten, lohnintensiven Fertigungsprozessen nachzutrauern, die in Entwicklungsländern für Arbeit und Wohlstand sorgen können, sondern anzustreben, dass wir diesen Ländern Produkte zu angemessenen Preisen liefern, die sie für ihren eigenen Aufbau benötigen, wie zum Beispiel Maschinen, Automatisierungstechnik, Medikamente, aber auch Know-how beziehungsweise Ausbildung. Gleichzeitig dürfen wir unsere Märkte nicht gegen die Produkte abschotten, die diese Länder bei uns anbieten möchten.

Mindestens so wichtig wie die wirtschaftlichen Aktivitäten ist mir aber das soziale Engagement in Armutsgebieten. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, uns in den jeweiligen Regionen kompetente einheimische Partner zu suchen, die Entwicklungshilfeprojekte vor Ort verantwortlich entwickeln.

Seit 1977 engagieren wir uns sozial-missionarisch in Indien mit unserem Partner AMG India. Seit Anfang der 90er Jahre engagieren wir uns in Tansania – Partner ist hier KIUMA Trust Fund e. V. Bei allen Projekten arbeiten wir mit einheimischen Fachkräften und Organisationen zusammen. Diese Menschen können am besten beurteilen, was in ihrer Kultur funktioniert. Wir handeln hier als Christen und sprechen mit den Menschen auch über unseren Glauben. Die Gewährung von Hilfe ist aber völlig unabhängig davon, welchen Glauben die Menschen in den jeweiligen Regionen haben.

Die Projekte werden ausschließlich nach ihrer Nachhaltigkeit und ihrem Nutzen für die jeweilige Region ausgewählt. Prinzip für alle Aktivitäten ist: „Hilfe für die Ärmsten der Armen“ und „Hilfe zur Selbsthilfe“. Finanziert werden die Projekte wesentlich durch erwirtschaftete Unternehmensgewinne. Hinzu kommt ein externer Kreis von Förderern, der diese Arbeit mitträgt. Wir spüren deutlich, dass wir mit diesen Aktivitäten nicht nur etwas geben, sondern mindestens genauso viel zurückbekommen.

Weitere Informationen:

Der Essener Unternehmer Heinz-Horst Deichmann, Jahrgang 1926, ist Inhaber des Familienunternehmens Deichmann Schuhe, das er von 1956 bis 1999 leitete. Er engagiert sich weltweit mit dem Hilfswerk „wortundtat“.

Webseite: www.wortundtat.org


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