Europa hat wieder Konjunktur. Nachdem zum 1. Mai 2004 zehn neue ost- und südosteuropäische Staaten der EU beigetreten sind, steht die Union mit der Entscheidung über weitere Beitrittskandidaten vor großen Herausforderungen. Joachim Bitterlich, langjähriger enger außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Kohl, widmet sich knapp, aber prägnant der Entwicklung der EU. Er beginnt mit einer Bestandsaufnahme, der ein Kapitel über die deutsch-französischen Beziehungen innerhalb der EU folgt.
Dabei arbeitet Bitterlich die Bedeutung dieser Zusammenarbeit nicht nur in der Vergangenheit heraus, sondern er weist ihr auch für die zukünftige europäische Entwicklung eine wichtige Funktion zu. Natürlich erkennt er auch daraus resultierende Probleme für den europäischen Integrationsprozess. So habe gerade die deutsch-französische Position im Irak-Krieg zur Gegenreaktion von acht europäischen Staaten geführt. Auch hätten Deutsche und Franzosen nicht immer das notwendige psychologische Fingerspitzengefühl für die Partner aufgebracht.
Im dritten Teil stellt Bitterlich zwei Themen in denVordergrund: die Frage nach dem Verfassungsentwurf als künftiger Grundlage eines Europas der 25 und mehr Mitgliedstaaten und die Frage, ob dieser Entwurf und die europäische Politik dazu geeignet sind, die Wähler für Europa wieder zu gewinnen.
Bitterlich konstatiert für die EU ein Defizit an Kompetenz zur effizienten Problemlösung sowie ein Defizit der Zuordnung konkreter politischer Kompetenzen und Verantwortung. Für ihn sind diese Defizite über die damit verbundenen Sachfragen der grundlegende Schlüssel der Debatte über die Zukunft der EU. Bitterlich fordert mutige Reformpolitiken und konkrete Schritte, die er ansatzweise aufzeigt, um den Bürger in seinem Europa zu verwurzeln.
Joachim Bitterlich
Das Europa der Zukunft.
Ein Beitrag zur aktuellen Europadebatte.
Droste Verlag,Düsseldorf 2004, 208 S., 15,95 Euro