Was Katja und ihre Gruppe auf die Beine stellen, ist beispielhaft für das Event. Denn einige der jungen Mädchen engagieren sich zum ersten Mal politisch. Genau das ist Ziel des Festivals: "Wir hoffen, mit diesem jugendkulturellen Event auch junge Menschen zu erreichen, die sich bisher eher zurückhalten, wenn es um Politik geht", sagt Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die Berlin 05 gemeinsam mit dem Deutschen Bundesjugendring (DBJR) und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) initiiert hat.
Doch neben denjenigen, die zum ersten Mal bei einer politischen Aktion dabei sind, werden viele etablierte Jugendgruppen, Verbände und Organisationen auf dem Festival vertreten sein. Die Aktion der "Pink Politics" ist nur eine von rund 300 geplanten. Mit von der Partie sind verschiedene Initiativen und Netzwerke wie die Servicestelle Jugendbeteiligung, Medico International, attac, YOIS, Schüler Helfen Leben, die Muslimische Jugend, die Stiftung demokratische Jugend, der Chaos Computer Club und andere Gruppen verschiedener Richtungen. Die Berliner Wuhlheide wird sich für drei Tage in ein Festivalgelände irgendwo zwischen Woodstock und Jugendmesse verwandeln. Übernachtet wird in Zelten. Und bei Lesungen und Diskussionen, Filmen, Vorträgen und Workshops kann sich das jugendliche Publikum informieren, kennen lernen und austauschen.
Was genau geboten wird, entscheiden die Teilnehmer selbst. Die Jugendpresse Deutschland beispielsweise erklärt, wie man eine Schülerzeitung gründet, die JungdemokratINNEN und die Junge Linke debattieren über das Thema "Schule", und team global organisiert eine globalisierungskritische Stadtführung durch Berlin. Neben dem breitgefächerten inhaltlichen Programm, an dem sich auch Bundestagsabgeordnete, Vertreter des Landes Berlin und junge Politiker wie Anna Lührmann (Bündnis 90/Grüne), Julia Bonk (PDS) und Jens Spahn (CDU) beteiligen, gibt es Konzerte, Sport und Wettbewerbe. "Engagement lohnt sich und macht Spaß - das wollen wir den Jugendlichen bei unserem Festival zeigen", betont Peter Ruhenstroth-Bauer, Staatssekretär im BMFSFJ. Weil das Festival verschiedene Jugendszenen ansprechen soll, setzen die Organisatoren auf ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Breakdance-Contest, Graffiti-Battle, Fußball-Turnier, Street-Tennis und Beachvolleyball.
Und auch für die Konzerte hat man Bands verschiedener Stilrichtungen - von Pop über HipHop bis Punk - ausgewählt. Zu den Highlights zählen Die Fantastischen Vier, Tocotronic, Stereo Total, Clueso, The Boonaraaas und Klee.
Rund 4.500 Jugendliche haben sich bisher zu Berlin 05 angemeldet, berichtet Nicole Ruhl vom Organisationsbüro "Visionauten" in Leipzig. Bis zum Beginn des Festivals rechnet sie aber mit doppelt so vielen, bei den Konzertabenden sogar mit bis zu 10.000 Besuchern. Der Rahmen ist also groß gesteckt.
Mit dabei ist auch Carsten König, Vorsitzender der BUND-Jugend, die gemeinsam mit anderen Verbänden das Jugendbündnis Zukunftsenergie gegründet hat. Carsten interessiert sich mehr für die inhaltliche Seite von Berlin 05. Das Rahmenprogramm und die Größe des Events schrecken den 21-Jährigen eher ab: "Vielleicht bin ich ja zu skeptisch", sagt er. "Aber solche großen Veranstaltungen sind mir meist zu oberflächlich". Carsten möchte bei Berlin 05 vor allem sein Projekt vorstellen, das sich als offenes Netzwerk versteht und die nachhaltige Energieversorgung ins Blickfeld rückt. Natürlich rechnet er mit vielen Besuchern. "Aber wie aktiv sind die?", das fragt er sich. Die meisten werden nach den drei Tagen wieder abreisen, und es wird nicht viel hängen bleiben, befürchtet er.
Doch Berlin 05 steht nicht für sich allein - das Event ist zwar ein Höhepunkt, dennoch aber nur Teil einer größeren Kampagne, die noch bis Anfang 2006 läuft: "Projekt P - Misch dich ein", lautet die Initiative, die das politische Engagement von Kindern und Jugendlichen durch Seminare und Informationen fördern will. Gerade die vielen kleinen Projekte vor Ort sind es, die den Erfolg der Kampagne ausmachen.
Bestes Beispiel dafür ist das "Jugendbündnis Zukunftsenergie" selbst: Die jungen Umweltaktivisten haben sich vor gut einem Jahr zusammengeschlossen. Seither haben sie ihr Thema, die nachhaltige Energieversorgung, schon bei mehreren Veranstaltungen präsentiert. Auch beim Weltjugendtag im August in Köln werden sie mitmischen. Und durch Projekt P ist es ihnen gelungen, im letzten Jahr eine Vereinbarung mit Margareta Wolf, der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, zu treffen.
"Come in Contract - Verhandeln auf gleicher Augenhöhe" heißt dieses weitere Element der Projekt P-Kampagne. Die Idee dahinter: Jugendliche und Politiker sollen direkt und gleichberechtigt über ein Thema verhandeln. In einem Papier werden die Ziele beider Parteien fixiert und sind so überprüfbar. Jugendliche werden aktiv an Politik beteiligt. In der Vereinbarung für Carstens Jugendbündnis ist nun festgehalten, dass beide Seiten sich gegenseitig regelmäßig austauschen und unterstützen. Ein Jugendkomitee hat sich gegründet und sich bereits zwei mal mit der Staatssekretärin getroffen. Die Politikerin ist jetzt über die Forderungen der Jugendlichen im Bilde. Die wiederum erhalten Informationen aus erster Hand und haben eine Ansprechpartnerin, wenn sie beispielsweise Veranstaltungen planen.
Über 100 lokale Jugendprojekte haben seit Beginn der Kampagne solche Vereinbarungen mit erwachsenen Entscheidungsträgern getroffen. DBJR-Vorsitzender Detlef Raabe ist stolz auf diese Bilanz. An ihr misst er den Erfolg von Projekt P - weniger an dem großen Hauptstadt-Event im Juni: "Berlin 05 ist ein toller Anlass für Jugendliche, sich auszutauschen, und ich hoffe, dass möglichst viele kommen. Im Rahmen von Projekt P ist für den DBJR allerdings die konkrete partizipatorische Arbeit vor Ort besonders wichtig", sagt er. "Jugendliche müssen sich politisch beteiligen können, und Politiker müssen offen dafür sein. Beides ist mit ‚Come in Contract' gelungen."
Ein toller Anlass - das ist Berlin 05 für die Mädchen aus Katjas Gruppe genauso wie für gestandene Jungaktivisten wie Carsten. Und natürlich auch für diejenigen, die einfach nur kommen wollen, um sich zu orientieren, um herauszufinden, welche Möglichkeiten der Partizipation es gibt.
Ob das Festival ein Erfolg wird, das hängt nach Katjas Meinung aber nicht nur von den Jugendlichen ab: "Ich hoffe, dass es mit meiner Gruppe auch nach dem Festival weiter geht", sagt sie. "Aber das liegt auch am Verhalten der Politiker, die kommen. Die müssen den Jugendlichen zeigen: Ihr werdet ernst genommen!".
Weitere Informationen zu Projekt P und Anmeldung zum Festival Berlin 05 (10. bis 12.Juni) über die Homepage www.projekt-p.de. Das Festival ist mit Sondertickets der Deutschen Bahn für 29 Euro aus ganz Deutschland zu erreichen. Der Eintritt beträgt 15 Euro.