Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist am 10. Mai im Beisein der Staats- und Regierungsspitze der Bundesrepublik und von rund 1.500 Gästen eröffnet worden. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der in seiner Eigenschaft als Kuratoriumsvorsitzender der Denkmalsstiftung sprach, nannte das Denkmal einen Ausdruck für die Schwierigkeit, eine künstlerische Form zu finden, die dem Unfassbaren des Genozids an den europäischen Juden "irgend angemessen" sein könnte. Nach seinen Worten könne das Denkmal "uns Heutigen und den nachfolgenden Generationen ermöglichen, mit dem Kopf und mit dem Herzen sich dem unbegreiflichen Geschehen zu stellen".
Thierse war in seiner Rede auch auf die fast 17 Jahre dauernde Diskussion über das Ob und Wie eines solchen Denkmals eingegangen, für das der Deutsche Bundestag mit einer überwältigenden Mehrheit am 25. Juni 1999 endgültig grünes Licht gegeben hatte. Realisiert wurde in den folgenden Jahren ein Entwurf des amerikanischen Architekten Peter Eisenman, nach dessen Konzept auf einem etwa 19.000 Quadratmeter großen Feld nahe dem Brandenburger Tor ein Stelenfeld errichtet und in dessen Untergrund ein didaktisch aufbereiteter "Ort der Information" über den Holocaust eingelassen wurden. Das Denkmal ist inzwischen für jedermann frei zugänglich.
Der Bundestagspräsident würdigte den damaligen Beschluss des Parlaments als eine "Entscheidung für ein erstes gemeinsames Erinnerungsprojekt des wiedervereinten Deutschland und das Bekenntnis, dass sich dieses geeinte Deutschland zu seiner Geschichte bekennt, und zwar indem es in seiner Hauptstadt, in ihrem Zentrum, an das größte Verbrechen seiner Geschichte erinnert". Mit dem Denkmal werde kein Schlusspunkt des öffentlichen Umgangs mit der Geschichte des NS-Regimes gesetzt, auch erhebe es kein Monopol auf das Gedenken. Es solle keine Nostalgie, sondern ein Gedenken der Opfer ausdrücken, "das uns in der Gegenwart und Zukunft verpflichtet zu einer Kultur der Humanität, der Anerkennung der Toleranz in einer Gesellschaft, in einem Land, in dem wir ohne Angst als Menschen verschieden sein können."
Kritik am Denkmal äußerte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel. Nach seiner Ansicht geht das Denkmal zu ausschließlich auf die Opfer des Völkermords ein; die Täter würden nicht genannt: "Das Denkmal verweist nicht unmittelbart auf die Täter. Es wäre wünschenswert gewesen, die Täter herauszustellen; so ist die Aussage des Denkmals unvollständig geblieben." Gleichwohl sei der damalige Bundestagsabeschluss ein wichtiges und notwendiges Signal im Kampf gegen das Vergessen. Spiegel sagte weiter, das Denkmal könne nicht die zentrale Gedenkstätte der Juden in Deutschland sein: "Das sind vielmehr die authentischen Orte - Lager, Gräber, verbrannte Synagogen -, an denen uns unendliches Leid zugefügt wurde."
Spiegel wandte sich gegen die Sichtweise, in der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 ausschließlich eine Niederlage Deutschlands zu sehen. Er fragte: "Was wäre aus Deutschland geworden, wenn der Nationalsozialismus gesiegt hätte?" Erst das Ende des Krieges habe den Deutschen und darüber hinaus vielen anderen Völkern ein Leben in Freiheit ermöglicht. In Zukunft müssten die Jüngeren das Zeugnis der Überlebenden und Zeitzeugen weitertragen.
Weitere Rednerinnen waren die Vorstandsvorsitzende des Förderkreises für das Denkmal, Lea Rosh, und - als Zeugin für die Überlebenden - Frau Sabina van der Linden, eine heute in Sydney lebende Jüdin. Sie sagte, man solle in ihr nicht die erwachsene Frau, "sondern das elfjährige jüdische Mädchen" sehen, und erinnerte in bewegenden Worten an das Schicksal ihrer Familie, deren Mitglieder bis auf wenige Ausnahmen verfolgt und ermordet worden sind.