Die Bundeswehr ist die demokratischste Armee der Welt" und sie muss "sich hinter keiner Armee der Welt verstecken." Verteidigungsminister Peter Struck spart nicht mit Lob für die deutschen Streitkräfte, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiern, im Interview mit "Das Parlament". Aber seine Truppe kann die Streichel-einheiten wohl auch ganz gut gebrauchen - die Bundeswehr wird seit dem Wendejahr 1989/90 ohne Atempause reformiert und transformiert. Ganz gleich ob Volker Rühe (CDU), Rudolf Scharping oder nun Peter Struck (beide SPD) auf der Hardthöhe in Bonn oder im Bendlerblock in Berlin das Kommando führen, der Befehl lautet immer gleich: die Bundeswehr soll kleiner, mobiler, effizienter und bitte auch billiger werden, sich von einem stehenden Massenheer aus den Tagen des Kalten Krieges in eine moderne Einsatzarmee - Interventionsarmee schimpfen andere - verwandeln. "Wir werden um-Struck-turiert", spötteln Soldaten dazu.
Zwei weitere kleinere Jubiläen in diesem Jahr verdeutlichen den gewaltigen Umbau der Bundeswehr in den vergangenen Jahren: Wenn die Deutschen am 3. Oktober zum 15. mal den Tag der Einheit begehen - "feiern" traut man sich angesichts all des vermeintlichen Ost-West-Verdrusses ja kaum noch zu sagen -, dann blicken die Streitkräfte auch auf 15 Jahre "Armee der Einheit" zurück. Sie galt vielen lange Zeit als Schrittmacher des Zusammenwachsens von Ost- und Westdeutschen. Und in der Tat scheint die Soldaten lediglich noch die Mauer in der Sold-Tüte zu trennen.
Apropos Soldaten: Politisch korrekt heißt es seit fünf Jahren nun Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, denn seit dem EUGH-Urteil aus Luxemburg dürfen eben auch Frauen - freiwillig - den "Dienst an der Waffe" leisten. Vorher hätten sie als Sanitäterinnen lediglich die Folgen dieses Dienstes im Ernstfall behandeln dürfen. Inzwischen wird von Seiten der Politik gar mit festen Quoten versucht, den Anteil der Frauen in der Bundeswehr zu pushen.
Mit Sorge verweist der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Willfried Penner - gerade übergab er das Amt an seinen Nachfolger Reinhold Robbe - im Interview darauf, dass sich bei so viel Reformeifer unter vielen Uniformierten eine gewisse Müdigkeit eingestellt habe, und man ihnen doch etwas Zeit zum Luftholen lassen sollte. Doch damit wird es wohl vorerst nichts werden, denn "wir müssen aus 255.000 Soldaten mehr Einsatzfähigkeit gewinnen", hält Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan im Interview dagegen. Der oberste deutsche Militär hat eh andere Sorgen: Er muss sich sorgen, dass ihm die Politik in den nächsten Jahren die Wehrpflichtigen wegnehmen könnte - ob dann die derzeitige Personalplanung noch zu halten sein wird, sei dahingestellt. Es wäre in jedem Fall ein wehmütiger Abschied, denn die Deutschen sind gut gefahren mit ihrer Wehrpflicht-Armee - im Gegensatz zu den "Vorgänger-Modellen" unter Kaiser und Führer.
Dass zehn Jahre und einen Tag nach der bedingungslosen Kapitulation, Deutschland am 9. Mai 1955 der NATO beitrat und eigene Streitkräfte aufstellte, war auch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Der Dissens um die Wiederbewaffnung der jungen Republik war einer der zentralen Streitpunkte der Nachkriegszeit. Und es waren nicht nur die Protagonisten der politischen Linken, die sich diesen Plänen zu widersetzen versuchten. Heute mag sich an diese Auseinandersetzungen kaum noch jemand erinnern, an der Richtigkeit von NATO-Beitritt, Wiederbewaffnung und Westintegration kaum noch jemand zweifeln - selbst im linken Lager nicht. Waren es doch die Grünen, die einst vehement für einen Ausstieg aus NATO und Bundeswehr eintraten, die zusammen mit der SPD nach dem Regierungswechsel 1998 deutsche Soldaten erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges wiederholt in Kampfeinsätze schickten - auf dem Balkan und in Afghanistan.