Sie ist eine unendliche Geschichte: die Diskussion um das Mauermahnmal am Checkpoint Charlie. In dieser Woche soll ihr letztes Kapitel geschrieben werden. Darin sind sich beide Streitparteien - Alexandra Hildebrandt, Chefin des Mauermuseums, und die Bankaktiengesellschaft BAG Hamm - einig. Und damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon wieder.
Geht es nach der BAG, wird das knapp 7.000 Quadratmeter große Gelände am einst wichtigsten Grenzübergang an der Friedrichstraße am Dienstag polizeilich geräumt. Dann könnte die Aktiengesellschaft, die die den Grund seit 2003 verwaltet, das Bauland wie geplant an Investoren verkaufen. Das will Alexandra Hildebrandt verhindern. Die Museumschefin hatte das Gelände bis Dezember 2004 gepachtet und darauf auch dann noch eine Gedenkstätte errichtet, als der Pachtvertrag von der BAG schon gekündigt worden war. 1.065 schwarze Holzkreuze erinnern seither an die Mauertoten - und als der Pachtvertrag auslief, weigerte sich Hildebrandt, das Mahnmal wieder abzubauen. Seither tobt ihr Streit mit der BAG, in dem sie im April dieses Jahres vor dem Berliner Landgericht unterlag. Das Gericht verfügte die Räumung - Hilde-brandt reagierte nicht, sondern suchte nach anderen Wegen, das Mahnmal zu bewahren.
Ihr Plan: Die unbequeme Museumschefin will die Grundstücke für insgesamt 36 Millionen Euro kaufen und hofft, bis zum 5. Juli rund eine Million Euro zusammen zu bekommen, um damit eine Anzahlung zu leisten. Ein Kraftakt für die 46-jährige gebürtige Ukrainerin, wie sie mit müder Stimme zugibt: "Es ist schwer. Aber wir versuchen der Bank Signale zu geben. Wir brauchen jemanden, der in finanzieller Hinsicht glaubwürdig ist und der Bank quasi eine Bürgschaft gibt und versichert, dass das Gelände wirklich bezahlt wird. Wissen Sie nicht jemanden, der helfen kann?" In ihrer Not hat sie sich an verschiedene amerikanische Stiftungen gewandt - und auch an US-Präsident George W. Bush geschrieben. Für Hildebrandt ist das Mauermahnmal längst mehr als nur ein Kunstprojekt. Ihr verstorbener Ehemann, der Historiker Klaus Hildebrandt, hatte im Juni 1963 das "Haus am Checkpoint Charlie" eröffnet und sich den Kampf für die Menschenrechte zur Lebensaufgabe gemacht. Der Wald aus Holzkreuzen ist sein Vermächtnis. Ein umstrittenes Vermächtnis: Der Berliner Kultursenator Thomas Flierl (PDS) bezeichnete Hildebrandts Installation als "echte Zumutung", die Sprecherin der Mauer-Gedenkstätte Bernauer Straße, Maria Nooke, warf ihr vor, ein Spektakel "im Stil von Disneyland" zu veranstalten. Alexandra Hildebrandt lässt sich davon nicht beirren. Man habe den Checkpoint Charlie "zur Müllkippe verkommen lassen", obwohl ein Freiheitsdenkmal dort unverzichtbar sei. "Eigentum verpflichtet - und wenn die Bank dieses Gesetz 15 Jahre lang missachtet, muss sie sich nicht wundern, wenn andere sich dann darum kümmern."
Die BAG sieht das, wenig überraschend, anders. In einer Presseerklärung teilte sie am vergangenen Donnerstag mit, die BAG verhalte sich "konsequent unpolitisch" und betrachte die "jetzige widerrechtliche Nutzung" des Geländes "als illegitim". Den "rechtlich unbegründeten Interessen eines eingetragenen Vereins" dürfte "gegenüber den Interessen vieler Millionen Mitglieder der Genossenschaftsbanken" kein Vorrang eingeräumt werden - und deren Interesse wiederum sind viele Millionen: "Selbstverständlich", so teilt die Bank weiter mit, könne Hildebrandt das Grundstück auch käuflich erwerben. Für das Ende der langwierigen Geschichte sind damit zwei Szenarien denkbar: der Einsatz von Baggern oder die Übergabe eines prall gefüllten Geldkoffers. Fortsetzung folgt - ganz sicher.