Zukünftige Partner eines Regierungsbündnisses treffen zur Vorbereitung der Bildung eines Kabinetts Vereinbarungen, in denen die Bedingungen ihrer zukünftigen Zusammenarbeit festgelegt werden. Im Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003 ist zu lesen: "Solche Koalitionsvereinbarungen enthalten die personellen und sachlichen Bedingungen der Parteien beziehungsweise Fraktionen, unter denen die Koalitionspartner bereit sind zur Regierungsbildung sowie zur parlamentarischen Unterstützung dieser gemeinsam getragenen Regierung." Weiter heißt es dort: Vertragsformen könnten sein, zum einen mündliche Absprachen zwischen Verhandlungsdelegationen, die eventuell nachträglicher Bestätigung durch die betroffenen Fraktionen bedürfen, zum anderen Gedächtnisprotokolle, die zu den eigenen Akten genommen oder ausgetauscht werden, Briefwechsel oder vertragliche Dokumente mit oder ohne Unterzeichnung.
Außerdem ist festgehalten: "In dem Maße, in dem Koalitionsvereinbarungen einen schriftlich fixierten Charakter angenommen haben, ergab sich auch die Notwendigkeit, ein Gremium zu schaffen, das die Einhaltung der Absprachen garantieren und überwachen sollte. In der Bundesrepublik war erstmals nach dem Vorbild aus den Weimarer Jahren im Koalitionsvertrag von 1961 die Einsetzung eines ,Koalitionsausschusses' vorgesehen. Dieser ist ein dem Bundeskabinett und den jeweiligen Mehrheitsfraktionen vorgeschaltetes Koordinationsgremium."
So gab es vor der Regierungsbildung 1949 zwar Koalitionsabsprachen in Form eines Briefwechsels. Sie wurden jedoch nicht veröffentlicht. Sie waren - soweit dies bis heute bekannt ist - auf inhaltlich-politische Fragen beschränkt. Auch ein Koalitionsausschuss war offiziell nicht vorgesehen. Allerdings sind sowohl regelmäßige Sitzungen eines solchen Ausschusses auf Fraktionsebene als auch regelmäßige, zum Teil wöchentliche Termine von Gesprächen zwischen Bundeskanzler, Kabinett und Koalition nachweisbar. Die Koalition wurde damals gebildet aus CDU/CSU, FDP und DP.
Das gleiche gilt auch für die Wahlperiode ab 1953. In dem Briefwechsel wurden allerdings auch strukturelle Fragen der Regierungsorganisationenbehandelt. Die Koalition wurde aus CDU/CSU, FDP, DP und GB/BHE (Gesamtdeutscher Block/Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten) geschlossen.
Als die CDU/CSU 1957 die absolute Mehrheit sowohl der Wählerstimmen als auch der Abgeordnetenmandate gewann, koalierte sie mit der DP. Koalitionsabsprachen wurden nicht veröffentlicht. Ein Koalitionsausschuss war ebenfalls offiziell nicht vorgesehen. Die Existenz sowie die Durchführung von Koalitionsgesprächen sind bezeugt.
Erst mit der Bildung der Bundesregierung durch CDU/CSU und FDP im Jahr 1961 gab es ein Koalitionsabkommen. Dies wurde am 20. Oktober geschlossen und - in nicht autorisierter Fassung - von der Presse veröffentlicht. Auch ein Koalitionsausschuss war jetzt mit weitreichenden Kompetenzen ausdrücklich vorgesehen. Er bestand aus "den Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, deren Stellvertretern und den Parlamentarischen Geschäftsführern". Vereinbart wurde die Zusammenarbeit der Regierungsparteien für die Dauer der Vierten Wahlperiode zudem gab es die Zusicherung, während dieser Zeit kein anderes Koalitionsangebot anzunehmen. Man vereinbarte, Konrad Adenauer zum Bundeskanzler zu wählen, jedoch nicht für die Dauer der gesamten Legislaturperiode. Die Fraktionsvorsitzenden erhielten die Berechtigung, an den Kabinettssitzungen teilzunehmen. Weiterhin wurden politische Grundsätze in den Bereichen der Außen- und Deutschlandpolitik, der Innen-, der Wirtschafts-, Agrar- und Sozialpolitik vereinbart. Dieses Abkommen wurde zum Teil durch ein "Arbeitspapier" bestätigt beziehungsweise durch ein "Arbeitsprogramm" ergänzt.
Nach der Bundestagswahl 1965 - Konrad Adenauer war 1963 von Ludwig Erhard abgelöst worden - wurden die Koalitionsabsprachen zwischen CDU, CSU und FDP nicht veröffentlicht, ein Koalitionsausschuss war nicht vorgesehen. Allerdings platzte die Koalition im Herbst 1966 und wurde von der "Großen Koalition" unter Kurt Georg Kiesinger (CDU) als Bundeskanzler und dem SPD-Vorsitzenden Willy Brandt als Vizekanzler und Außenminister abgelöst. Die Partner verzichteten auf einen detaillierten Koalitionsvertrag. Teilweise wurden die "Leitsätze der SPD für die Koalitionsverhandlungen im Herbst 1966" in die Regierungserklärung Kiesingers übernommen. Ein Koaltionsausschuss war nicht vorgesehen. Ab Sommer 1967 tagte der "Kressbronner Kreis", der aus Bundeskanzler Kiesinger, Außenminister Brandt, den beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU, Rainer Barzel, und SPD, Helmut Schmidt, sowie weiteren Mitgliedern - je nach Bedarf - bestand.
Mit der Wahl zum Sechsten Deutschen Bundestag wurde die Union 1969, die bis dahin 20 Jahre ununterbrochen den Kanzler stellte, auf die Oppositionsbänke gedrängt, obwohl sie die stärkste Fraktion stellte. SPD und FDP gingen die erste sozial-liberale Koalition ein. Es gab umfangreiche Koalitionsvereinbarungen. Ein Koalitionsausschuss war offiziell nicht vorgesehen.
Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 1972 - die SPD stellte erstmals die stärkste Fraktion - wurde die sozial-liberale Koalition fortgesetzt. Einen Koalitionsausschuss sollte es auch in dieser Wahlperiode offiziell nicht geben. Die Koalition wurde fortgesetzt, nachdem Willy Brandt Anfang Mai 1974 als Bundeskanzler zurücktrat. Zu seinem Nachfolger wurde Helmut Schmidt gewählt.
Mit der Bundestagswahl 1976 wurde die CDU/CSU zwar wieder stärkste Fraktion, die sozial-liberale Koalition wurde jedoch fortgeführt. Auch hier gab es wieder detaillierte Koalitionsvereinbarungen. Auch wenn ein Koalitionsausschuss offiziell nicht gebildet werden sollte, waren mehr oder weniger regelmäßige Treffen auf vier Ebenen zu verzeichnen: auf interfraktioneller Ebene, auf Parteiebene, innerhalb der Bundesregierung und ein als "Koalitionsgespräche" oder "Koalitionsrunde" bezeichnetes informelles Entscheidungszentrum, an dem die Spitzenpolitiker aus Kabinett, Fraktionen und Parteien teilnahmen.
Nach der Bundestagswahl 1980 wurde die CDU/CSU wieder stärkste Fraktion. SPD und FDP hatten sich jedoch schon im Wahlkampf mit entsprechenden Koalitionsaussagen darauf geeinigt, ihr Regierungsbündnis fortzusetzen. Die "Koalitionsgespräche" wurden fortgesetzt. Am 17. September 1982 traten die FDP-Minister zurück. Die sozial-liberale Koalition war nach 13 Jahren zerbrochen. CDU/CSU und FDP vereinbarten ein gemeinsames Sachprogramm, bevor der CDU-Partei- und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Helmut Kohl am 1. Oktober 1982 durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen den Amtsinhaber Helmut Schmidt zum Bundeskanzler gewählt wurde. Die neue "Koalition der Mitte" sah einen Koalitionsausschuss nicht vor.
Sie wurde mit den im März 1983 vorgezogenen Bundestagswahlen bestätigt. Auch hier wurden detaillierte Koalitionsvereinbarungen getroffen. Einen Koalitionsausschuss sollte es nicht geben. Es sind jedoch als "Koalitionsgespräche" oder "Koalitionsrunde" bezeichnete turnusmäßige Treffen der Spitzenpolitiker zu verzeichnen. Ferner kam es zu gelegentlichen Zusammenkünften der drei Parteivorsitzenden, "Dreier-Gespräche" genannt oder auch respektlos als "Elefantenrunde" tituliert.
Nach der Bundestagswahl 1987 wurde kein ausdrücklicher Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP geschlossen. Allerdings wurden zahlreiche Detailvereinbarungen getroffen. Wie schon in der Wahlperiode zuvor war kein offizieller Koalitionsausschuss vorgesehen. Aus den "Koalitionsgesprächen" und den gelegentlichen Treffen der Parteivorsitzenden wurde die "Koalitionsrunde" zu einem Entscheidungsgremium fortentwickelt.
1990 wurde mit der Bundestagswahl die "Koalition der Mitte" bestätigt. Union und FDP verabredeten detaillierte Koalitionsvereinbarungen. Ein Koalitionsausschuss war erneut nicht vorgesehen. Die "Koalitionsrunde" entwickelte sich in dieser - der Zwölften - Wahlperiode zu einem informellen Entscheidungsorgan mit umfassenden Kompetenzen. Weiterhin wurden "Koalitionsarbeitsgruppen" eingesetzt.