Finanzausschuss/
Berlin: (hib/VOM) Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD)
glaubt nach eigener Aussage weder an die Steuererklärung auf
einem Bierdeckel noch an eine Steuervereinfachung, die wie ein
"Urknall" wirkt. Dies teilte er dem Finanzausschuss am
Mittwochvormittag mit, als er von Bündnis 90/Die Grünen
auf das langfristige Ziel einer weiteren Vereinfachung des
Steuerrechts angesprochen wurde. Anstatt einen Beirat oder eine
Kommission einzuberufen, wolle er vier bis fünf Gespräche
mit Steuerberatern führen, um sich die dringendsten Probleme,
die im Zusammenhang mit der Einkommensteuer, der
Körperschaftsteuer oder der Umsatzsteuer auftreten, schildern
zu lassen. Diese Gespräche sollen im Hinblick auf
mögliche Steuervereinfachungen ausgewertet werden. Alles
andere würde angesichts des in 50 Jahren gewachsenen
Steuerrechts zu Asymmetrien und einem hohen "Nachsteuerungsbedarf"
führen. Das Thema einer Kindergelderhöhung ist nach den
Worten des Ministers derzeit nicht aktuell, könnte es aber in
zwei Jahren werden, wenn der nächste Bericht über das
erforderliche Existenzminimum vorliegt. Dabei könne es zu
einer Debatte über einen besseren Einsatz der Mittel kommen.
Eine Kindergeldanhebung um 5 bis 7 Euro würde "zweieinhalb
kleinen Pils oder zwei Schachteln Zigaretten" entsprechen. In der
Summe ergäbe dies jedoch einen Betrag von 1,5 bis 2 Milliarden
Euro, der es ermöglichen würde, die Kindergärten in
Deutschland gebührenfrei zu stellen. Der Mitteleinsatz zur
Verbesserung der Infrastruktureinrichtungen könnte im Sinne
eines "Transfers zu Gunsten von Kindern" daher die bessere Wahl
sein, so Steinbrück. Auf die Anfang 2008 in Kraft tretende
geplante Unternehmenssteuerreform angesprochen, unterstrich der
Minister, zur Gegenfinanzierung seien dabei keine
"Wachstumseffekte" eingerechnet worden. Damit habe er den Eindruck
des "Schönrechnens" vermeiden wollen. Von Unionsseite
hieß es dazu, die von Steinbrück angesprochenen
Einnahmeverluste im Jahr 2008 könnten aufgrund einer
höheren "Selbstfinanzierung" der Reform niedriger ausfallen
als erwartet. Bei dem jetzigen Körperschaftsteuersatz von 39
Prozent lohnten sich steuerliche Gestaltungen, beim dann
reduzierten Satz von 30 Prozent gelte dies aber nur noch für
wenige. Die FDP-Fraktion forderte für die geplante
Föderalismusreform II "möglichst ehrgeizige Ziele".
Fünf bis sechs Länder hätten bereits signalisiert,
dass sie keine durchgreifende Reform wollten, was nach Meinung der
Liberalen "entmutigend" sei. Die Erwartungshaltung im Land sei
groß. Für den Minister kann die Neuordnung der
Finanzbeziehungen jetzt in Angriff genommen werden, da es im
Bundestag und Bundesrat übereinstimmende Mehrheiten gebe, um
Verfassungsänderungen durchzusetzen. Was die Entwicklung der
Haushalte der Gebietskörperschaften angehe, sei der Bund "am
schlechtesten dran". Steinbrück äußerte allerdings
auch Verständnis für die Länder, die Angst
hätten, auf die "schiefe Bahn" zu geraten. Die
Startvoraussetzungen von Ländern wie Mecklenburg-Vorpommern
und Baden-Württemberg seien verschieden. Im Übrigen
warnte er davor, den bis 2019 vereinbarten "Solidarpakt II" zur
Unterstützung der neuen Länder wieder aufzuschnüren.
Man sollte ihn "schlicht und einfach ruhen lassen".