Innere Sicherheit
Kanzleramt räumt Durchsuchungen ein. Die Opposition ist empört.
Viele Abgeordnete trauten ihren Ohren nicht. Nach wochenlangen Diskussionen über die Rechtmäßig- und Notwendigkeit von Online-Durchsuchungen räumte ein Vertreter des Bundeskanzleramts in der Innenausschusssitzung am 25. April ein, dass der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) diese bereits seit zwei Jahren durchführen. Der Zugriff auf PC-Festplatten sei angesichts der Bedrohung durch den internationalen islamistischen Terrorismus ein "wichtiges geheimdienstliches Einsatzmittel" und spiele auch bei der Einsatzplanung der Bundeswehr eine Rolle, so das Kanzleramt.
Der Einsatz dieses Mittels sei für das BfV seit der Änderung einer Dienstvorschrift durch den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im Juni 2005 möglich. Für den BND sei der Einsatz im BND-Gesetz geregelt. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2007, wonach für die Online-Durchsuchungen im Bereich der Strafprozessordnung eine formalgesetzliche Grundlage erforderlich ist, gelte für den nachrichtendienstlichen Einsatz nicht, so das Kanzleramt. Man sehe in dem Vorgehen der Nachrichtendienste auch keinen Verstoß gegen das Grundgesetz: Da man nur auf Festplatten, aber nicht auf eine laufende Kommunikation zugreife, werde das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nicht berührt. Auch die Unverletzlichkeit der Wohnung werde nicht tangiert, da etwa Laptops auch im Garten benutzt werden könnten.
Während sich die FDP "nicht sonderlich überrascht" über diese Aussagen zeigte, stellte die Linke fest, man werde "seit zwei Jahren verarscht" - ein Vorwurf, der von der Regierung umgehend zurückgewiesen wurde. Die Liberalen bezweifelten, dass mit den Online-Durchsuchungen nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt werde und baten dazu um die Einschätzung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar. Dieser betonte, wenn Computer von der Durchsuchung betroffen seien, die zum persönlichen Gebrauch verwendet würden, handele es sich um Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung oder sogar um Eingriffe in den "absolut geschützten Kernbereich". Ohne eine "spezialgesetzliche Regelung", die Online-Durchsuchungen explizit regele, seien diese Durchsuchungen auch durch den Verfassungsschutz "unzulässig". Die Grünen forderten eine sofortige Einstellung der Durchsuchungen.
Auch die SPD zeigte sich überrascht, dass Online-Durchsuchungen bereits mehrfach durchgeführt worden seien. Die Union dagegen bezeichnete diese als "notwendiges Instrument". Sie regte eine Grundgesetzänderung an, um sowohl die Wohnraumüberwachung als auch die Kontrolle von Telekommunikation rechtlich abzusichern. Allerdings gelte: Wer auf die Sicherheit des Internets vertraue, sei "arm dran". Susanne Kailitz z