STIMMENKAUF IN HESSEN
Für Roland Koch sind die Vorwürfe vom Tisch
Der Untersuchungsausschuss zur so genannten Stimmenkaufaffäre ist mit zwei unterschiedlichen Abschlussberichten zu Ende gegangen. Während für CDU und FDP der Vorwurf, Hessens Ministerpräsident Roland Koch habe versucht, die Freien Wähler (FW) mit Steuergeldern zu kaufen, "vom Tisch ist", sehen SPD und Grüne es als erwiesen an, dass der Regierungschef den FW Geld für den Verzicht auf eine Teilnahme an der Landtagswahl im kommenden Januar angeboten hat.
"Der Untersuchungsausschuss hat die Wahrheit ans Licht gebracht", erklärt Grünen-Fraktionschef Tarek Al Wazir. Koch habe alle Vorwürfe eingeräumt, tue jetzt aber so, als sei sein Vorgehen das Normalste der Welt. Nach Überzeugung von SPD und Grünen hat Hessens Innenminister Volker Bouffier den Freien Wählern nach ihrem guten Abschneiden bei der Kommunalwahl im März 2006 einen Gesetzentwurf für eine kommunale Wahlkampfkostenerstattung für freie Wählergruppen präsentiert. Das Gesetz sollte rückwirkend in Kraft treten.
Koch habe die Verabschiedung an die Bedingung geknüpft, dass die FW nicht bei der Landtagswahl 2008 antreten. "Das hat Roland Koch mit seiner Aussage bestätigt", betont SPD-Obfrau Nancy Faeser. Für das vom Ministerpräsidenten geforderte Junktim gebe es aber keine rechtliche Grundlage. Um das Auftreten der Freien Wähler bei der Landtagswahl zu verhindern, habe der Ministerpräsident Steuergelder in die Hand nehmen wollen: "Eine solche Politik macht den Staat zur Beute", sagt die SPD-Politikerin. Die Forderung nach einer Wahlkampfkostenerstattung war von den Freien Wählern in Hessen immer wieder auf die Tagesordnung gebracht worden, nachdem sich das Bundesverfassungsgericht 1992 gegen eine Benachteiligung freier Wählergruppen ausgesprochen hatte. Das Innenministerium erarbeitete 2005 die Eckpunkte für eine mögliche Wahlkampfkostenerstattung.
Dass eine Doppelfinanzierung ausgeschlossen sei, sei dabei gegenüber den Freien Wählern immer betont worden, erklärt CDU-Obmann Axel Wintermeyer. Der Untersuchungsausschuss habe in der Sache nichts Neues gebracht. Unterschiede gebe es lediglich in der politischen Bewertung der Tatsachen. Koch habe immer klar gemacht, dass in seiner Partei keine Mehrheit für ein Gesetz zu erwarten sei, "mit dem die Freien Wähler im Falle eines Antritts bei der Landtagswahl zweimal kassieren würden".
Wintermeyer wirft dem FW-Landesvorsitzenden, Thomas Braun, eine "bewusste Inszenierung" der Kaufvorwürfe gegen Koch vor, um den Verband zu bewegen, der Teilnahme an der Landtagswahl zuzustimmen. Braun bleibt jedoch bei seiner Version, Koch habe den Freien Wählern das Recht zur politischen Teilhabe abkaufen wollen, um "in demokratieschädigender Weise die eigene Macht zu erhalten". Dies sei zwar im rechtlichen Sinne keine Erpressung, wohl aber im politischen.