1948 bis 1949: Grundgesetz für Westdeutschland
Die vier weiblichen Mitglieder des Parlamentarischen Rates: Frieda Nadig, Dr. Elisabeth Selbert, Dr. Helene Weber und Helene Wessel
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Konrad Adenauer verkündet das Grundgesetz, v.l.n.r.: Helene Weber (CDU), Hermann Schäfer (FDP), Konrad Adenauer (CDU), Adolf Schönfelder (SPD), Jean Stock (SPD)
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Der politische Neubeginn Westdeutschlands wurde wesentlich durch die westlichen Alliierten bestimmt. Ihre Vorstellungen zum staatlichen Neuaufbau wurden in den so genannten "Frankfurter Dokumenten" zusammengefasst, die am 1. Juli 1948 den Ministerpräsidenten der Westzonen-Länder überreicht wurden.
Diese Dokumente enthielten:
- Grundzüge für eine Verfassung,
- die Forderung nach Überprüfung der Ländergrenzen,
- die Grundzüge für ein Besatzungsstatut.
Die Ministerpräsidenten setzten nach mehreren Beratungen
einen Ausschuss von Verfassungsexperten ein, den so genannten
Verfassungskonvent von Herrenchiemsee, der vom 10. bis zum 23.
August 1948 einen Verfassungsentwurf für die westdeutschen
Besatzungszonen erarbeitete.
Geburtsstunde der Bundesrepublik
Am 1. September 1948 trat der von den Landtagen der elf westdeutschen Ländern gewählte Parlamentarische Rat zu seiner konstituierenden Sitzung in Bonn zusammen. Seine Aufgabe war es, eine Verfassung für Westdeutschland zu erarbeiten. Am 8. Mai 1949 wurde schließlich mit einer Mehrheit von 53 zu 12 Stimmen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Nach Genehmigung durch die Militärgouverneure und Zustimmung der Mehrheit der westdeutschen Landtage wurde das Grundgesetz am 23. Mai 1949 verkündet: Dies war die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland.
Im Grundgesetz wurde das allgemeine, freie, gleiche, geheime und
unmittelbare Wahlrecht verankert. Während man ab dem 21.
Lebensjahr aktiv wahlberechtigt war, konnte man erst ab dem 25.
Lebensjahr gewählt werden.
Uneinigkeit über künftiges Wahlsystem
Auf eine verfassungsrechtliche Festschreibung des Wahlsystems konnte sich der Parlamentarische Rat nicht verständigen. Während CDU, CSU und die Deutsche Partei ein Mehrheitswahlsystem befürworteten, sprachen sich SPD und die übrigen Parteien für die Einführung des Verhältniswahlrechts aus.
Man einigte sich schließlich auf ein Bundeswahlgesetz, das
nur für die erste Bundestagswahl am 14. August 1949 galt. Das
bei dieser Wahl verwendete System entsprach im Wesentlichen dem
heutigen. Allerdings hatte jeder Wähler nur eine Stimme. Mit
dieser wählte er sowohl einen Kandidaten aus seinem Wahlkreis
als auch die Landesliste einer Partei. Wie viele Sitze einer Partei
über eine Landesliste zustanden, errechnete sich aus der Zahl
der in den Wahlkreisen des betreffenden Landes erzielten
Stimmen.
Fünf-Prozent-Hürde
Bereits bei der ersten Bundestagswahl gab es eine 5 Prozent-Hürde. Bundestagsmandate konnten nur Parteien erringen, die in einem Bundesland mindestens 5 Prozent der Stimmen oder ein Wahlkreismandat direkt gewonnen hatten.
Eine weitere Besonderheit der ersten Bundestagswahl war, dass bei Ausscheiden eines direkt gewählten Mitglieds aus dem Bundestag Nachwahlen in dem entsprechenden Wahlkreis stattfinden mussten. Dadurch kam es in der ersten Legislaturperiode zu 14 Nachwahlen.
Diese Regelung wurde bereits vor der zweiten Bundestagswahl 1953 geändert. Seitdem rückt bei Ausscheiden eines Abgeordneten ein Kandidat der entsprechenden Landesliste nach, es sei denn es handelt sich bei dem ausscheidenden Abgeordneten um den Inhaber eines Überhangmandats oder um einen Abgeordneten, der für eine Wählergruppe oder einer Partei gewählt wurde, für die im Land keine Landesliste zugelassen worden war. Überhangmandate werden bei Ausscheiden des Mandatsträgers generell nicht nachbesetzt; bei Ausscheiden von Abgeordneten, die einer Partei ohne zugelassene Landesliste angehören, kommt es zu Ersatzwahlen.