Während die Entwicklungsländer des Südens permanent mit der Ausbreitung von Trockensteppe und Wüste und in der Folge mit Landflucht/Slumelend, Wassermangel, Hunger und Krankheiten zu kämpfen haben und dem wenig entgegenstellen können, wird der reiche Norden bisher nur sporadisch von Wetterkatastrophen heimgesucht und hat zugleich wesentlich mehr Mittel, damit fertig zu werden.
Das Ungerechte daran liegt insbesondere bei den Ursachen. Nach allem, was man weiß, beruht die globale Klimaverschlechterung auf dem fossilen Energieverbrauch. Hierbei ist der reiche Norden Weltmeister: Nur 25 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht 75 Prozent der Energie. Treffend spricht Klaus Töpfer, Direktor der UN-Umweltorganisation, von der "ökologischen Aggression des Nordens gegen den Süden".
Das auch für den Norden Fatale an der Erwärmung ist, dass mittlerweile selbst bei drastischen CO2-Minderungen die Klimalasten immer schwerer werden. Je länger man zuwartet und im alten Stil mit der Energie prasst, umso radikalerer Gegenmaßnahmen bedarf es später. Es ist ein sich zum Teil selbstaufschaukelndes System: Die CO2-Schlucker Ozeane und Böden nehmen umso weniger von dem Treibhausgas auf, je wärmer sie werden.
Fatal ist aber auch, dass einer der größten Energieverbraucher, die USA, als Bremser energischer Gegenmaßnahmen auftritt und dass die anderen reichen Länder dadurch immer wieder versucht sind, die eigene Verantwortung abzuschieben (oder man schiebt sie auf die Schwierigkeiten des internationalen Aushandlungsprozesses). Denn auch das macht ein Beitrag deutlich: Der Nationalstaat bleibt - auch in der um sich greifenden Globalisierung - der entscheidende umweltpolitische Akteur.
Das Jahrbuch legt solcherart erneut die Finger auf unsere großen Umweltprobleme. Und es wird klar: Sie sind auch damit nicht aus der Welt geschafft, dass es schon sehr viele internationale Umweltabkommen und nationale Nachhaltigkeitsstrategien gibt: Sie leiden allermeist an einem Umsetzungsdefizit - die erfolgreiche Bekämpfung der Ozonzerstörung, von der ein Beitrag handelt, ist da schon die Ausnahme.
Das Jahrbuch beweist auch erneut seine politische Unabhängigkeit: Angelika Zahrnt, die Vorsitzende des BUND, zeigt in aller Klarheit, wie Rot-Grün "Ja" zur Nachhaltigkeit und zugleich zur Verschwendung sagt. Sehr instruktiv auch der Blick von Hansvolker Ziegler, einem Ministerialdirigenten a. D., hinter die Kulissen der Umwelträte der Bundesregierung: Bei allen Beschränkungen und Zufälligkeiten (etwa bei der Berufung ihrer Mitglieder), denen sie unterliegen würden, sei hier bisher doch eine gehörige Portion unabhängiger Sachverstand vereinigt, auf dessen Rat die Politik nicht verzichten könne.
Apropos Nachhaltigkeit: Ein Beitrag gibt zu bedenken, dass die Rede von den drei gleichstark tragenden Säulen der Nachhaltigkeit: Ökologie, Ökonomie und Soziales den Begriff mittlerweile zum Verdorren gebracht habe, und zwar soweit, dass im bisherigen europäischen Verfassungsentwurf unter "Nachhaltigkeit" Ökologie schon gar nicht mehr auftauche. Für die (erneute) "Begrünung" der Nachhaltigkeit stehen viele weitereBuchbeiträge: Portraits von Umweltinstituten, ökologischen Vordenkern und -reitern (so A. Schweitzer), naturnahe Waldnutzung, Produktinnovationen (so das wasserlose Pissoir), Stadtinitiativen (im Einzelnen: www.jahrbuch-oekologie.de). Insgesamt ist die neue Ausgebe des Jahrbuchs erneut unentbehrlich für jeden, der in Sachen Umwelt auf dem Laufenden und aktiv bleiben will.
Jahrbuch Ökologie 2004
C. H. Beck, München 2003; 288 S., 14,90 Euro