Das "bisschen", das sollen 52 Millionen Tonnen sein. Sie seien dringend notwendig, um das neu errichtete, hochmoderne Kraftwerk von Lippendorf zu speisen, meint die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG). Denn Heuersdorf liegt am Rande des Abbaugebietes "Vereinigtes Schleenhain", das insgesamt 400 Millionen Tonnen Braunkohle nach Lippendorf liefern soll.
Ab 2009 sollen hier die Schaufelbagger arbeiten und den Rohstoff für fünf zusätzliche Betriebsjahre des Kraftwerkes zutage fördern. Bis zum Jahr 2039 soll dann der Tagebaubetrieb laufen.
Alle Versuche, die Renitenz der letzten Heuersdorfer mit Umsiedlungsprämien zu bekämpfen, sind bislang fehlgeschlagen. Denn für nur fünf Betriebsjahre wollen sie ihren gewachsenen Ort nicht hergeben. Nicht die Kirche, nicht den Friedhof, nicht die vertrauten Gebäude, die zum größten Teil über 100 Jahre alt sind und auch so aussehen.
Seit zehn Jahren führen die Heuersdorfer ihren Kampf gegen die MIBRAG und gegen die Landesregierung. Das Recht war bislang auf ihrer Seite. Nicht, weil ihnen Grund und Boden ihres Heimatortes unverbrüchlich zustünden. Sondern weil der Braunkohlenplan des Regionalen Planungsverbandes Westsachsen verfahrenstechnisch unsauber zustande gekommen war. Und weil der Sächsische Landtag einer Gesetzesvorlage der Regierung zugestimmt hatte, die vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand hatte.
Damit handelte sich die CDU-Regierung zwar den Vorwurf des Dilettantismus seitens der Opposition ein. Doch in der Sache sind auch SPD und PDS einer Meinung mit der Staatsregierung: Die Heuersdorfer Kohle muss gefördert werden. Es geht um Arbeitsplätze. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Jurk rechnet großzügig und kommt auf "fast 7.000 Arbeitsplätze im Südraum Leipzigs, die direkt oder indirekt von der Braunkohleförderung abhängen".
Die MIBRAG selbst hatte nur für rund 3.400 Beschäftigte Großalarm gegeben. Die amerikanischen Eigner des Konzerns würden allmählich unruhig und seien geneigt, den Krempel hinzuschmeißten, warnte MIBRAG-Geschäftsführer Bruce de Marcus vor der Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Sächsischen Landtages zum neuen Heuersdorf-Gesetz.
Das Allgemeinwohl, so sieht es auch der PDS-Abgeordnete Michael Friedrich, müsse Vorrang haben vor den Interessen einiger Weniger. Die Heuersdorfer hätten die Chance verpasst, geschlossen an einen neuen Ort umzusiedeln.
Planungs- und Rechtssicherheit heißen nun die Forderungen an die Landesregierung. Die bemüht sich jetzt, ihr Umsiedlungsgesetz unanfechtbar zu gestalten. Eine einvernehmliche Regelung zur Umsiedlung der letzten 140 Heuersdorfer wünscht sich der CDU-Wahlkreisabgeordnete Rolf Jähnichen und versucht, die standhaften Dorfbewohner mit der Aussicht auf eine "entscheidende Verbesserung der Lebensverhältnisse" zum Umzug zu bewegen.
Damit ist nicht etwa ein modernes Häuschen im Grünen gemeint, sondern eher die Disney-Land-Variante, die auch schon SPD-Landrätin Petra Köpping vorgeschlagen hat, den originalgetreuen Aufbau einiger Heuersdorfer Leitbauten und des Dorfplatzes an einem anderen Ort.
Die Landrätin, eine ausgewiesene Fachfrau im Anzapfen öffentlicher Geldquellen in Form von Fördermitteln, schwärmte im Regionalfernsehen auch schon von modernster Infrastruktur dieses neuen, auf Alt getrimmten Ortes: "Alles mit erneuerbaren Energien. Vielleicht wird es ja das modernste Dorf Europas." Als Bürgermeisterin des ebenfalls vom Abriss bedrohten Dorfes Dreiskau-Muckern hatte sie es geschafft, diesem Ort neues Leben einzuhauchen und ihn für Künstler, Handwerker und junge Familien attraktiv zu machen.
Während die MIBRAG sich in dieser Frage wegen der zu erwartenden Mehrkosten zwar nicht ablehnend, aber doch zurückhaltend äußerte, gaben einige Heuersdorfer dem MDR-Fernsehen unverhohlen ihre Meinung zu Protokoll. "Sie können doch kein gewachsenes Dorf aus der Erde verpflanzen, das gibt es doch gar nicht. Wir gehen nirgendwo anders hin." Wenn es sein muss, will man erneut vor dem Landtag in Dresden protestieren.