Jetzt hoffen sie, dass ihre Vorschläge dazu beitragen, gegenüber den "Bürgerinnen und Bürgern mit Vorurteilen aufzuräumen und das Ansehen, den Stellenwert und letztlich das Interesse an der Landespolitik zu stärken", heißt es in dem 24-seitigen Reformpapier. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Mai 2005 werden die meisten geplanten Maßnahmen erprobt und verfeinert, so dass der nächste Landtag darauf zurückgreifen und eine neue Geschäftsordnung auf der Grundlage dieses Konzepts verabschieden kann.
Gleich nach der Sommerpause soll es losgehen. "Leere Abgeordnetensitze bei wichtigen Debatten wird es künftig hoffentlich nicht mehr geben", sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Carina Gödecke. Das Reformkonzept sieht an Plenartagen "Kernzeiten" zwischen 11.30 und 13.30 Uhr vor, in denen die Abgeordneten zur Anwesenheit verpflichtet sind. "Damit ist wenigstens einmal im Laufe der Plenarsitzung ein gefüllter Landtag gewährleistet", heißt es in dem Papier. Gleichzeitig wissen die Autoren des Konzepts aber auch um die Gefahr, die die Anwesenheitspflicht mit sich bringen kann: "Allerdings könnte als Folge der Rest des Plenartages vor ausschließlich leeren Rängen stattfinden mit den entsprechend negativen Beobachtungen durch die Öffentlichkeit." Carina Gödecke sieht dem Probelauf gelassen entgegen: "Bis Ende der Legislaturperiode werden wir sehen, ob die von uns am grünen Tisch erdachten Veränderungen praktikabel sind oder nicht."
Einschneidende Änderungen gibt es auch bei den Aktuellen Stunden. Zum einen sollen sie künftig tatsächlich nur eine Stunde dauern. Zum anderen will man sich bemühen, weitgehend nordrhein-westfälische Themen zu behandeln oder bei Bundesthemen die landespolitischen Aspekte herauszustellen. Um möglichst aktuell debattieren zu können, wird die Frist zur Beantragung einer Aktuellen Stunde von freitags 10 Uhr in der Woche vor der Plenarsitzung auf montags 15 Uhr in der Woche der Plenarsitzung verlängert. Da es sich im Bund bewährt hat, will auch der NRW-Landtag künftig die Entscheidung über die Aktuellen Stunden gemäß der Stärke der vertretenen Parteien quotieren. Konkret bedeutet dies, dass der Präsident nicht mehr über die Genehmigung der Aktuellen Stunde entscheidet, sondern anhand der jährlichen Plenartage zu Beginn eines Jahres festgelegt wird, welche Fraktion wie viele Aktuelle Stunden erhält. Die Verteilung erfolgt in der Runde
Um möglichst aktuell debattieren zu können, soll auch für Anträge die Einbringungsfrist verkürzt werden. Die Fragestunde wollen die Nordrhein-Westfalen auf die Mittagszeit des zweiten Plenartages legen, da nicht alle Themen jeden Abgeordneten gleichmäßig interessieren. Da es sich beim NRW-Landtag um ein so genanntes "Anreise-Parlament" handelt, will man sich künftig bemühen, mit der Abarbeitung der Tagesordnung bis 17.00 Uhr "durch zu sein", damit die Parlamentarier in ihre Wahlkreise zurück fahren können.
Noch nicht geeinigt haben sich die Parlamentarischen Geschäftsführer über die beabsichtigte Neuregelung der Redezeiten, die relativ "üppig" seien, wie es in dem Reformpapier heißt. So haben die Minister jederzeit die Möglichkeit, in die Debatte einzugreifen, und diese Zeiten werden den Regierungsfraktionen nicht abgezogen. Das bedeutet eine Schwächung der Oppositionsparteien wie auch des gesamten Parlamentes. Um die Rechte des Landtags zu stärken, sollen die Redezeiten der Minister künftig in den Redezeiten der Fraktionen enthalten sein. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU Helmut Stahl: "Über dieses Thema muss noch weiter beraten werden. Naturgemäß sind Rot-Grün gegen dieses Vorhaben, während die Oppositionsparteien dafür sind."
Ausgangspunkt für die Pläne zur Effizienz- und Attraktivitätssteigerung des Landtages war eine im Februar 2002 vom Landtag beschlossene Verkleinerung des NRW-Parlamentes. Ab 2005 wird die gesetzliche Zahl der Parlamentarier statt 201 nur noch 181 Abgeordnete betragen. Carina Gödecke: "Der jetzige Zeitpunkt ist richtig, um über Sinnhaftigkeit der Strukturen, Organisations- und Arbeitsabläufe nachzudenken." Auch die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann sieht die Aktion positiv: "Es ist den Versuch wert, die Parlamentsarbeit straffer und für die Öffentlichkeit lebendiger zu gestalten."
Eng mit der Landtagsverkleinerung verbunden ist eine wünschenswerte Verringerung der Ausschüsse. Einig sind sich die Fraktionen, dass die derzeit 23 Gremien zuviel sind. Angedacht sind - ausgerichtet an der Zahl der Ministerien - zwölf Ausschüsse. Doch die Aufgabe von fast der Hälfte der Ausschüsse bedeutet für alle Abgeordneten, die den Ausschussvorsitz verlieren, eine Einbuße an Ansehen und Prestige. Deshalb wird heftig gefeilscht, welche von ihnen bestehen bleiben und wie sie zugeschnitten sein sollen.