Die Republikanische Partei hat auf ihrem Wahlkonvent Anfang September in New York wie erwartet George W. Bush renominiert. Die Eröffnungsredner - Rudy Guiliani, Ex-Bürgermeister von New York, Vietnamkriegsheld John McCain, und Arnold Schwarzenegger mit fragwürdigen Gruselgeschichten von russischen Panzern, die er in seiner österreichischen Kindheit gesehen habe - bemühten sich um überparteiliche Worte. Gegen Ende stand der Parteitag ganz im Zeichen regelrechter Hasstiraden gegen den demokratischen Rivalen John Kerry.
Die republikanischen Wahlstrategen kommen angesichts der dahindümpelnden Wirtschaft, der permanenten Krise im Irak und der Fehlzünder im "Krieg gegen den Terrorismus" anscheinend zum Schluss, dass sie ihren Mehrheitsstatus und das Weiße Haus nur verteidigen können, wenn sie die Demokraten tief genug in den Dreck ziehen.
Thomas Greven, wissenschaftlicher Assistent am John F. Kennedy Institut der FU Berlin, will in seinem Buch den politischen Höhenflug der Republikaner im Zeitalter George W. Bushs erklären. Was ist das für eine rechtslastige Partei, die oft so tut, als seien Amerikaner-Sein, Christ-Sein und Republikaner-Sein ein und dasselbe? Welche Rolle spielt sie in der politischen Debatte? Grevens Hauptthesen: Die Republikanische Partei habe sich seit den 80er-Jahren unter dem Einfluss konservativer christlicher Verbände weit nach rechts bewegt. Von entscheidender Bedeutung sei der Umstand, dass sie "in zentralen Politikbereichen die Grenzen des Denk- und Machbaren bestimmt, auch wenn sie die Wahlen nicht gewinnt".
Greven umreisst die Geschichte der Partei von Abraham Lincoln zu Bürgerkriegszeiten bis eben zu George W. Bush in Terrorismuskriegszeiten. Keine neuen Erkenntnisse, aber eine nützliche Zusammenfassung über das Zustandekommen der republikanischen Wählerkoalition. Greven legt besonderes Gewicht auf die Erfolge der Partei in den früher demokratischen Südstaaten und auf die rechtschristliche Bewegung, wobei er hier gelegentlich mit überholten Daten arbeitet: Die Christliche Koalition ist schon lange nicht mehr die "wichtigste" Organisation der Christlichen Rechten, sondern eher ein Verband, der nicht zuletzt wegen seines erratischen und hurrikan-wegbetenden Gründers Pat Robertson von Rivalen verdrängt worden ist.
Leider ist das Buch staubtrocken geschrieben. Nach Lesen des Buches wüsste man gerne mehr, was denn nun wirklich los ist in diesem Land, in dem ein Präsident trotz zahlreicher tiefgreifender Fehlschläge eine gute Chance hat, wiedergewählt zu werden. Denn bestimmte Trends zeigen doch auch, dass die Amerikaner toleranter geworden sind, etwa bei Abtreibung, Homo-Ehe und anderen Religionen. Bei seiner Analyse unterscheidet Greven zu wenig: Sind die US-amerikanischen Wähler wirklich so weit nach rechts gerutscht? Oder sind nicht hauptsächlich die Eliten "konservativer" geworden, die "die Grenzen des Denk- und Machbaren" bestimmen?
Viele US-Amerikaner, vor allem die Gegner des "Regimes" in Washington, halten die Wahlen im November für die wichtigsten in Jahrzehnten. Und das linke und liberale Spektrum rätselt noch immer, warum so viele Menschen anscheinend bereit sind, einen Präsidenten zu wählen, der ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen zuwiderhandelt. Trotz vieler detaillierter Informationen gibt Grevens Buch hier nur begrenzt Antworten.
Thomas Greven
Die Republikaner.
Anatomie einer amerikanischen Partei.
Verlag C.H. Beck, München, 2004; 250 S., 14,90 Euro
Konrad Ege berichtet als freier Journalist für mehrere deutsche Zeitungen und Zeitschriften aus Washington.